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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Wielandt, E.: Erste Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in der Münchener Sezession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0486

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ERSTE AUSSTELLUNG DES DEUTSCHEN KÜNSTLERBUNDES ~c&^-

einbessererModelleuralseinMaler. Leichtund Etwas wie jene altväterlichen Familienbilder,
duftig wie ein Cirruswölkchen auf dem Azur die schwarz und verstaubt auf dem Speicher
des Sommerhimmels schwimmt der groß und alter Bürgerhäuser stehen, mag dem Künstler
klar gesehene Akt im blauen Licht der Reflexe, vorgeschwebt haben, als er dieses kleine
Das übrige: der Marmor des Bades, wieder lebendige Wesen in zart verschwimmenden
bronzene Wasserspeier und auch die bunt- Konturen aus dunklem, aber keineswegs un-
farbigen Gestalten der neugierigen Greise, durchsichtigem Grunde herausarbeitete. Wie
ist Beiwerk, geschickt und überlegt arrangiert, ein heiteres Gegenstück zu Gottfried Kellers
einiges so pikant, ja witzig — man achte auf blassem „Meretlein" mutet dies Bild an, das,
das gleißende Geschmeide — wie man es so naiv-humoristisch es aufgefaßt ist, doch
dem schwerflüssigen Naturell des Meisters des echt Stuckschen großen Zuges keines-
kaum zutrauen möchte. wegs ermangelt. Das aber ist das Imponierende

Was bedeutet daneben ein so äußerliches an dieser Künstlererscheinung, daß er jedem
Ausstellungsprodukt wie die „spanische Tän- Vorwurf gegenüber er selbst bleibt, den Stil
zerin", deren herausfordernde Brettlpose aller- seiner höchst stilvollen Person dem Gegen-
dings in Uebereinstimmung steht mit der Ab- stand aufprägt.

sichtlichkeit der künstlerischen Mittel. Auch Albert von Keller dominiert im Elite-
ein weiblicher Studienkopf (s. Titelbild), den saal mit einer Bildnisstudie nach der Schlaf-
Stuck ebenfalls gesandt, geht trotz seiner sym- tänzerin Madeleine. Mit glücklicher Ver-
pathischen Züge kaum über eine geschmack- meidung alles Grimassenhaften, das sich in
volle Wandzierde hinaus, während die aller- der Schilderung golcher pathologischen Zu-
liebste kleine „Gratulantin" den Künstler von stände so leicht einstellt, gibt der Künstler
einer ganz neuen Seite zeigt. Ein prächtiges hier eine physiognomische Studie, gleich
kleines Bauerndirndl mit glashellen Augen, mit interessant durch den Gegenstand, wie durch
einem Blumenstrauß in der Hand, lacht dem die eigentümliche Belichtung und eine male-
Beschauer entgegen, lacht sich ihm ins Herz. rische Behandlung von großer Dezenz. Von

den kleinen skizzistischen Kaprizzios,
die Keller ferner bringt, kann man nur
wiederholen, daß sie zum Geistreichsten
gehören, was man in Deutschland an
solchen brillierenden Farben-Impromp-
tus hat.

Haberaiann blieb mit einem freilich
ganz exquisit gemalten Porträt einer
distinguierten Frauenerscheinung in
schwarzweißer Silhouette auf maigrünem
Grund (s. Abb. S. 481) ziemlich zurück-
haltend, während Sa.mberger mit einem
tragisch-pathetisch aufgefaßten Medeen-
typus (s. Abb. S. 474) eine tiefe und
sonore Klangwirkung des Kolorits er-
zielt. Eine Enttäuschung bereitete in
diesem Jahr H. Herterich mit dem
Doppelbildnis einer Mutter mit Tochter.
Trotz mancher aparter Tonwerte, die
sich zwischen Elfenbeingelb und Rostrot
bewegen, läßt das Bild wegen seiner
zähen, ja verquälten Mal weise keine
reine Freude aufkommen, zumal auch
die geistige Belebung, die eigentliche
Porträtdarstellung für die mangelnden
malerischen Qualitäten nicht entschä-
digt. Landenberger, der ausgezeich-
netste Freilichtmaler der Sezession, hat
sich diesmal ein ausgesprochen kolo-
ristisches Problem gestellt. Und als
u von kalckreuth vtolf solches ist ihm sein toter Christus

/. Künstlerbund-Ausstellung in der Münchener Sezession

(s. Abb. S. 465) im Schatten der Grabes-

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