Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

DOI Artikel:
Ostini, Fritz von: Fritz August von Kaulbach
DOI Artikel:
Whistler, James McNeill: Gedanken über Kunst
DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: James A. Mc Neill Whistler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0022

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-^=*ö> JAMES A. Mc NEILL WHISTLER

Denn des Künstlers schlagender Humor, seine
Virtuosität, mit wenigen Strichen unfehlbar zu
charakterisieren, wären groß genug, ihm schon
für sich allein einen großen Ruf zu sichern.
Und nun gar heute, wo man einsehen gelernt
hat, was für eine ernste künstlerische Sache
die heitere Uebung der Karikatur sein kann,
wenn eine geniale Hand sie betreibt!

F. A. VON KAULBACH CLEO DE MERODE

GEDANKEN ÜBER KUNST

Die Natur enthält an Form und Farbe die Elemente
allerBilder, so wie die Klaviatur die Noten aller Musik.

Aber der Künstler ist dazu geboren, diese Elemente
auszulesen und zu wählen und wissend zusammen-
zustellen, damit das Ergebnis schön sei — so wie der
Musiker seine Noten sammelt und seine Akkorde formt,
bis er aus dem Chaos glorreiche Harmonien schafft.

Daß die Natur immer recht hat, ist eine Behaup-
tung, die künstlerisch ebenso unwahr ist, wie man
ihre Wahrheit allgemein als bewiesen hinnimmt. Die
Natur hat sehr selten recht, so selten sogar, daß
man beinahe sagen kann, sie habe gewöhnlich un-
recht: das heißt, der Zustand der Dinge, der die
Vollkommenheit der Harmonie erzeugen soll, ist selten
und durchaus nicht gewöhnlich. James Mc. Nein Whistler

JAMES A. Mc NEILL WHISTLER

von E. W. Bredt

Whistler's Persönlichkeit ist uns noch
immer fremd und die Häufigkeit der
Frage, ob Whistler Engländer oder Amerikaner,
beweist, wie wenig geschärft der Blick für
das Nationale in seiner Kunst bei uns ist.

Whistlers Kunst hat für uns tatsächlich
etwas Mystisches, wie alles Bedeutende, das
uns noch fremd. Wir brauchen uns dessen
nicht so zu schämen wie die Iren und Eng-
länder und Amerikaner, die mehr Pflicht als
Recht gehabt hätten, sich um dieses Malers
Werke zu kümmern.

Whistler war von Geburt Amerikaner —
er ist 1834 in Lowell in Massachusetts ge-
boren — seine Familie ist väterlicherseits
von irisch-englischer Abkunft — den stolzen
irischen Namen Mc Neill entlehnte er seiner
Mutter, einer geborenen Irländerin.

Whistler selbst nannte seinen Großvater
den alten Fortkommandanten, den Gründer
Chicagos, und von ihm und seinem Vater,
einem Ingenieur-Major, der sich in Rußland
wie in Amerika gleich heimisch fühlte, erbte
er das Nüchterne und Klare, die freie, reso-
lute, wagende Pionier- und Kämpfernatur.

Whistler war persönlich nicht leicht zu
nehmen und zu verstehen. Aus Familienstolz
und angeborener Schalkheit neigte er sehr
dazu, alles Persönliche zu mystifizieren, gern
anderen Rätsel aufzugeben. Manche sollten
in ihm nur einen Poseur sehen, viele ver-
letzte er durch seine autokratische Willkür
und Streitlust.

Es ist gut, daß uns sein Freund und Lands-
mann Eddy „Erinnerungen an Whistler" auf-
gezeichnet hat — und wer sich den Zutritt
zu des Künstlers Einsamkeit nicht recht sehr
erschweren will, muß dieses Buch lesen.

Schulmeisterei und Leben sind auch bei
diesem Künstler im Widerspruch. — Als
Schüler der Militärakademie von Westpoint
war sein Debüt herzlich schlecht. In Rechnen
und Chemie fiel er durch, die „1" im Zeich-
nen nützte ihm nichts. Auch für den Bureau-
dienst paßte er nicht — denn von einer Ver-
pflichtung an bestimmte Zeiten und Stunden
wollte er sein Lebenlang nichts wissen.

Whistler war als Künstler ein heimatloser
Kosmopolit und wie die Familie Whistler
von Generation zu Generation sich mehr
von der Heimat England entfernt, so schien
besonders England dieTreulosigkeit der Familie
an deren größtem Sohne vergelten zu wollen:
zwei Stolze, die nichts voneinander wissen
wollten.

K)
 
Annotationen