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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Kalkschmidt, Eugen: Die Groszstadt, das Naturgefühl und die Landschaftskunst, [2]
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Von Ausstellunge und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischtes - Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0591

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-sr*ö> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <

Führerin in die Natur. Sie tut
Pionier- und Vermittlerarbeit zu-
gleich und ist, dank ihrer Gemein-
verständlichkeit und schnellen
Uebersichtlichkeit, für die Erhal-
tung und Förderung unserer seeli-
schen Kräfte unendlich wichtig
geworden, für gewisse Seiten des
modernen Seelenlebens wichtiger
vielleicht schon, als die Poesie
und selbst als die Musik. Die
Großstadt und ihre einseitig zivili-
satorische Betätigung bedarf ihrer
als eines Korrelates, sie, die Groß-
stadt, ist es aber auch, die diese
Kunst aus ihren wirtschaftlichen
Ueberschüssen vornehmlich erhält
und ernährt. Dann aber hat auch
das flache Land seinen Anteil an
dem Segen, mindestens kann es
sich nach dem Gesetze der psychi-
schen Relationen den seelischen
Einwirkungen der modernen Land-
schaftskunst so wenig entziehen,
wie etwa den wirtschaftlichen Fol-
gen des modernen Verkehrs. Wir
können wohl mit Fug von solcher
Kunst als von einer typisch mo-
dernen Eroberung sprechen. Mag
sie als eines unsrer wirksamsten
Ausgleichsmittel der seelischen
Trennungstendenzen des modernen, des groß-
städtisch bereicherten und doch zugleich ver- VON AUSSTELLUNGEN
armten Lebens ihre Mission erfüllen, bis eine UND SAMMLUNGEN

neue Stufe der Kultur neue Schutzorgane

für das Edelste im Menschen erfordert und INNSBRUCK. Der Tiroler Künstlerbund eröffnete
entwickelt. am 5. Juli seine zweite Jahresausstellung in der

Ausstellungshalle (am Saggen), von der ein Teil zu

einem einfachen Ausstellungsraum umgestaltet wurde.

Werke, die über das Mittelgut hinausragen, bietet die
GEDANKEN ÜBER KUNST Ausstellung freilich nur wenige. Von Egger-Lienz

ist das große Gemälde »Nach dem Friedensschluß
Große Kunst nimmt die Natur wie sie ist und in Tirol 1809« aus der Modernen Galerie des Ministe-
richtet Augen und Gedanken auf das Vollkommenste riums für Kultus und Unterricht in Wien, und »der
in ihr; falsche Kunst spart sich die Mühe, indem Säemann« ausgestellt; Thomas Riss brachte außer
sie, was ihr anstößig scheint, aus dem Wege schafft einem allegorischen Gemälde »Die Wahl«, ein ge-
oder abändert. Dieböse Wirkung solchen Vorgehens lungenes Porträt, eine stimmungsvolle Landschaft
ist zwiefach. Erstlich wird die Schönheit, ihres eigenen und einen Studienkopf; Leo Putz zeigt in mehreren
Hintergrundes und ihrer Zusätze beraubt, nicht mehr Bildern eine andere Manier — breite, kecke Striche —
als Schönheit genossen, ebenso wie das Licht, allen als in den vorjährigen Bildern (»Schneewitchen« und
Schattens beraubt, nicht mehr als Licht genossen »Perlenfischer«). Außerdem sind zu nennen: Max
wird. Ein weißer Kanevas kann keine Wirkung des Bernuth, Karl Jordan, Max von Esterle,
Sonnenscheins wiedergeben; der Maler muß ihn an O'Lynch von Town, H. J.Weber (mit farbigen
einigen Stellen verdunkeln, ehe er ihn an anderen Lithographien), Hermann Kirchmaier (mit kunst-
aufleuchten lassen kann. Auch kann keine ununter- gewerblichen Entwürfen) und auf dem Gebiete der
brochene Reihenfolge des Schönen die wahre Wir- Plastik, die heuer in größerer Anzahl und besseren
kung der Schönheit hervorbringen; es muß sich von Werken vertreten ist, Perathoner und Luksch.
Minderwertigem abheben, ehe es die ihm eigene a. Sikora

Macht entfalten kann. Die Natur hat meist ihre ge-
ringeren und edleren Elemente vermischt, wie sie [V/IÜNCHEN. John Constable, von dem die
Sonnenschein mit Schatten vermischt und so beiden " Kgl. Pinakothek bisher leider kein Werk aufzu-
den gebührenden Nutzen und Einfluß gibt. Der Maler, weisen hatte, ist nunmehr auch hier vertreten und
der den Schatten fortzulassen beliebt, kommt in der zwar durch das Bild »Die Sandgrube«, eine Land-
brennenden Wüste, die er geschaffen hat, um. Ruskin. schaff mit aufziehendem Gewitter.

ALBERT WEISGERBER BILDNIS LUDWIG SCHARF

IX. Internationale Kunstausstellung in München

Hie Kunst für Alle XX.

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