DIE SCHULE DES MALERS
Von Hermann Lismann
Es ist die wichtigste Frage für jeden be-
ginnenden Maler, an welchen Lehrer er
sich wenden soll, um in möglichst richtiger
und rascher Folge seine Lehrzeit zu absol-
vieren, analog der Art und Weise, in welcher
sich die Maler großer Kunstepochen heran-
gebildet haben.
Das Talent, das in dem Schüler steckt,
kann folgerichtig und gleichmäßig, selbständig
und ohne Einschränkung entwickelt werden,
es kann aber auch, durch falsche Schule halb
unterdrückt, auf die Abwege des Manierismus
und der Unwahrheit geführt oder durch allzu-
langsames Fortschreiten verschleppt und ab-
getötet werden. Es kann der Schüler durch
größenwahnsinniges Treiben, durch allzu-
frühes Künstlerspielen ein erbärmlicher Di-
lettant sein Leben lang bleiben, er kann sich
jedoch emporarbeiten mit dem Bewußtsein,
daß er zwar mit dem ersten Strich schon
ein Künstler, aber ein völlig unfertiger ist
in Können und Anschauung. All diese wich-
tigen Fragen hängen fast ausschließlich von
der Wahl des Lehrers ab. Von welcher Art
der Lehrer sein müsse, wie er sich zu seinen
Schülern stellen solle, darüber ist in letzter
Zeit manch weises Buch geschrieben worden
— aber Pädagogen werden eben wie die
Dichter geboren und nicht „gemacht". Man
sieht ja (speziell in München) jeden Tag einen
IGNATIUS TASCHNER
202
ZIERBRUNNEN
Von Hermann Lismann
Es ist die wichtigste Frage für jeden be-
ginnenden Maler, an welchen Lehrer er
sich wenden soll, um in möglichst richtiger
und rascher Folge seine Lehrzeit zu absol-
vieren, analog der Art und Weise, in welcher
sich die Maler großer Kunstepochen heran-
gebildet haben.
Das Talent, das in dem Schüler steckt,
kann folgerichtig und gleichmäßig, selbständig
und ohne Einschränkung entwickelt werden,
es kann aber auch, durch falsche Schule halb
unterdrückt, auf die Abwege des Manierismus
und der Unwahrheit geführt oder durch allzu-
langsames Fortschreiten verschleppt und ab-
getötet werden. Es kann der Schüler durch
größenwahnsinniges Treiben, durch allzu-
frühes Künstlerspielen ein erbärmlicher Di-
lettant sein Leben lang bleiben, er kann sich
jedoch emporarbeiten mit dem Bewußtsein,
daß er zwar mit dem ersten Strich schon
ein Künstler, aber ein völlig unfertiger ist
in Können und Anschauung. All diese wich-
tigen Fragen hängen fast ausschließlich von
der Wahl des Lehrers ab. Von welcher Art
der Lehrer sein müsse, wie er sich zu seinen
Schülern stellen solle, darüber ist in letzter
Zeit manch weises Buch geschrieben worden
— aber Pädagogen werden eben wie die
Dichter geboren und nicht „gemacht". Man
sieht ja (speziell in München) jeden Tag einen
IGNATIUS TASCHNER
202
ZIERBRUNNEN