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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Voss, Eugen: Das Einrahmen und Hängen der Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0613

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DAS EINRAHMEN UND HÄNGEN DER BILDER

Von Eugen Voss-Königsberg i. Pr.

Der Rahmen eines Bildes stellt gewisser-
maßen einen Ausschnitt in der Wand
vor, durch den hindurch man das Bild sieht,
so wie man durch ein Fenster oder eine ge-
öffnete Tür den Blick ins Freie hat. Die
Architektur schafft für diese Mauer- oder
Wandausschnitte Einrahmungen, die je nach
dem Geschmack des Architekten oder des
Bestellers einfach oder formenreich gehalten
sind. So erfreulich sich der Geschmack in
der Baukunst jetzt auch entwickelt hat, solche
Tür- und Fenstereinrahmungen wie sie die
Renaissancezeit an Gediegenheit des Mate-
rials und an Formenreichtum hervorgebracht
hat, sucht man heute doch vergebens. Aehn-
lich ist es mit Bildereinrahmungen. Die
dankbarsten Kulturträger, unsere Kirchen,
weisen aus alter Zeit für Votivtafeln, Epi-
taphen etc. Einrahmungen auf, die oft größere
Kunstwerke sind, als das darin befindliche
Bild. Es wäre nun allerdings unangebracht,
wenn man durch die Einrahmung das Bild
übertrumpfen wollte, denn die Einrahmung
soll dem Bilde einen Abschluß geben, der
zu seiner Hebung beiträgt, und auf diesem
Gesichtspunkt muß der Geschmack einsetzen.

Am verbreitetsten ist der Wandschmuck
von Kupferstichen, Lithographien, Photogra-
phien, kurzum der Bildschmuck schwarz auf
weiß. Dafür gab es Jahrzehnte hindurch nur
eine Art Leisten, die herzlich geschmacklos
war; fehlte bei dieser Einrahmung gar der
Rand von weißem Papier, oder war dieser zu
schmal, so war der Gipfel der Geschmack-
losigkeit für eine Einrahmung erreicht. Bei
Zeichnungen, Aquarellen etc. hat der Karton
darüber bis zum eigentlichen Rahmen die
Einrahmung zu vervollständigen. Diesen
Karton je nach Farbe auszuwählen, ist eine
Aufgabe des guten Geschmacks und man
wird wohltun, sich dafür an die Komplemen-
tärfarben zu halten, von denen eine die andere
hebt, so rot und grün, orange und blau, gelb
und violett. Ist der Gesamtton des Bildes
innerhalb der Abstufungen einer Farbe ge-
halten, so wird der Karton in einer Abstu-
fung der entsprechenden Komplementärfarbe
dasselbe um so wirkungsvoller erscheinen
lassen. Für dunkelgrün z. B. hellrotbraun,
für hellgrün dunkelrotbraun, für blau gelb-
braun etc. Man braucht nie besorgt zu sein,
daß der Karton zu groß wird; je kleiner das

Bild, um so größer kann der Karton sein,
in Bezug auf Material kann Seide oder Seiden-
plüsch nicht genug empfohlen werden.

Bei Kupferstichen vertritt den Karton der
weiße Papierrand. Davon läßt der Künstler,
der Kupferstecher, welcher das Drucken seiner
Platte leitet, so viel als für die Rahmung
nötig ist. Wem der Rand aus irgend welchen
Rücksichten zu breit erscheint, möge bei
seiner Verkleinerung darauf bedacht sein,
daß immer noch einige Finger breit Rand

ALFRED H. MAURER JEANNE
IX. Internationale Kunstausstellung in München

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