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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Lange, Konrad von: Eine sensualistische Kunstlehre
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Von Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Vermischtes
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0052

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EINE SENSUALISTISCHE KUNSTLEHRE

von Prof. Konrad lange-Tübingen

» T~~\ie Aesthetik der Zukunft wird sensualistisch Unfruchtbarkeit Carl Lange wiederholt mit Recht

^ sein wie die Langes, oder sie wird so unwis- hervorhebt. Dann in der offenen Selbstverständlich-

senschaftlich und nebelhaft bleiben wie bisher.« keit, mit der die Kunst im Gegensatz zu gewissen

Diese Worte von Hans Kurella beziehen sich nicht ideologischen Phrasendreschereien der neuesten Zeit

auf mich, sondern auf eine nachgelassene Schrift in erster Linie als Genußmittel gewürdigt wird. Wenn

des dänischen Mediziners Carl Lange (f 1900), die der dies schon den Vorwurf des Materialismus verdiente.

Genannte kürzlich herausgegeben hat. *) Man könnte so würden Kant und unsere klassischen Dichter

danach annehmen, daß es sich um eine neue ästhe- auch Materialisten gewesen sein. Ferner in der Ab-

tische Theorie handelte, und einige unserer jüngeren neigung gegen die Definition des Schönheitsbegriffes.

ästhetischen Dilettanten sind denn auch glücklich Auch der Verfasser will keine absolute Definition

darauf hereingefallen und haben der Welt verkündet, für etwas geben, was nur eine relative Bedeutung

daß nunmehr alles in der Aesthetik in Ordnung sei. habe. Und es erinnert geradezu an Aussprüche in

Da hierbei in der Regel ein paar Bemerkungen über meinem »Wesen der Kunst«, wenn behauptet wird.

fritz von uhde drei mädchen

Große Kunstausstellung Dresden 1904

mich abfallen, die Schrift überhaupt mehrmals mit
meinem „Wesen der Kunst" zusammen rezensiert
worden ist, wird es vielleicht manchem erwünscht
sein, wenn gerade ich meine Stellung zu dieser materia-
listischen Kunstlehre etwas genauer präzisiere.

Zunächst will ich betonen, daß ich in vielen
Punkten völlig mit meinem Namensvetter überein-
stimme, z. B. in der abweisenden Stellung gegen-
über der modernen Psychologie, deren ästhetische

*) Sinnesgenüsse und Kunstgenuß. Beiträge zu einer sensua-
listischen Kunstlehre von Carl Lange, weil. Professor in Kopen-
hagen, herausgegeben von Hans Kurella, Wiesbaden, Verlag von
,1. F. Bergmann, 1903 (Separatabdruck aus den Grenzfragen des
Nerven- und Seelenlebens von Löwenfeld und Kurella).

keine Form und keine Farbe sei an sich schön,
sondern werde es erst durch die Disposition des
Beschauers. Ueberau zeigt sich ein wohltuendes
Streben, das Reinkünstlerische losgelöst von allem
anderen zu erkennen. Auch Carl Lange weiß ganz
gut, daß die neuen Gedanken, mit denen uns ein
Dichterwerk überrascht, mit Kunst nichts zu tun
haben, daß es keine künstlerische Aufgabe ist, über
Probleme zu debattieren. Es ist ihm wohlbekannt,
daß es eine ethisch völlig indifferente Kunst gibt,
die nur um der Kunst willen, l'art pour l'art, da ist,
und bei der der Inhalt nur eine sehr geringe Rolle
spielt. »Wer von uns könnte sich nicht an Hunderte
von Bildern erinnern, deren Gegenstand ohne das

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