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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Kalkschmidt, Eugen: Die Groszstadt, das Naturgefühl und die Landschaftskunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0586

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DIE GROSZSTADT, DAS NATURGEFÜHL UND DIE
LANDSCHAFTSKUNST

Von Eugen Kalkschmidt
(Schluß)

III. können. Der alte Koch, so unzweideutig er

Wie verhielt sich nun die Landschaftskunst auf die gelehrten Kunstschreiber wetterte,
diesen neuen soziologischen Bedingungen und baute seine romantischen Kastelle und kühn
psychologischenBedürfnissengegenüberPWäre arrangierten Städte auf italienische Vorberge
die Tainesche Lehre von der bestimmenden auf; vor den heimisch vertrauten Tiroler
Macht der Sitten und Zustände auch für die Bergen war er geflohen. Die Nazarener, die
Kunst gültig, so wäre die Antwort leicht, oder nichts von Klassizismus und akademischem
wenigstens leicht zu konstruieren. Die Tat- Studium wissen wollten und dabei auf die
Sachen liegen, bei uns wenigstens, nicht so „Alten" schworen, muten uns heute auch in
einfach: Die Landschaftskunst machte reich- ihrer Auffassung der Landschaft durchaus
liehe Um- und Abwege, ehe sie sich entschloß, rezeptmäßig, klassizistisch an. Ihren Spuren
die Folgerungen des neuen Lebens für sich folgten nun bis tief in die sechziger Jahre
zu ziehen. Der erste Abweg ging nach Italien, hinein all die vielen Genre- und Landschafts-
Goethe verwies auf ihn, und merkwürdig war, maier, deren italienische Volksscenen und
daß nicht nur die von Hause aus klassizistisch Veduten, bald auf ein branstiges Gelb, bald
Fühlenden, wie Preller und Rottmann, son- auf ein kalkiges Blau und Weiß gestimmt,
dern auch die romantisch und religiös er- schier zahllos die Wände unsrer Museen
weckten jungen Leute ihr Ideal am reinsten schmücken. Es waren die beliebten Ver-
auf italienischer Erde glaubten erreichen zu kaufsbilder für die gute Gesellschaft derselben

guten alten Zeit, die sich so gern
am romantischen Wald- und Zau-
berbronn berauschte. Freilich be-
kam sie daneben auch Passenderes
zu Gesicht: ein handfester Realis-
mus, in Lessing und Schirmer ver-
treten, führte ihr die heimische
Natur in poetischer Verbrämung
vor, schmuggelte sie sozusagen
ein, wobei freilich gewisse stoff-
liche Anhaltspunkte gegeben wer-
den mußten: Die Mühle am Bach,
das brennende Kloster usw. Im
Mittelpunkte des bildlichen Inter-
esses stand immer noch der Mensch
und sein Werk, poetisch von der
Natur umgeben oder von ihren
Kräften bedroht. Selbst noch beim
älteren Achenbach geht es derart
zu, obwohl er einer der ersten
war, der den Fortschritt von der
romantischen Idylle und der klassi-
zistischen Vedute, von der sein
Bruder nicht loskommen konnte,
zur spezifisch malerischen Ver-
sachlichung der Natur einleitete.

Vollends aber wurden Richter
und Schwind die Meister der ro-
mantischen Idylle, einer tiefpoeti-
schen deutschen Kleinwelt. Richter,
karl albrecht der Bildhauer der als zweiter Wandsbecker Bote

IX. Internationale Kunstaasstellang in München durch die Lande ging, Ulld Schwind,

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