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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Ernst, W.: Künstler, die schreiben
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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten - Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0257

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-*-4sö> KÜNSTLER, DIE SCHREIBEN. — VON AUSSTELLUNGEN <D^?-

garths „Analyse der Schönheit", Dürers „Un- dem Freunde den Weg freimacht, so viel an ihm
terweisung der Messung", Alhertis Werke liegt. Aber da nicht jeder jedermanns Freund
über Malerei und Architektur vertreten gleich- sein kann und nicht jedermanns Feind zu
zeitig die eigenste Kunst dieser unsterblichen sein Ursache hat, so schreibe der Kunst-
Meister, wie sie uns für alle Zeiten in künst- kritiker nur dann, wenn er sich vertraut fühlt
lerischer Beurteilung anregen und fördern, wie ein Freund mit der und der Kunst. Wer
Cellini, R. Mengs, Tischbein, Semper, selbst nicht überzeugt ist, wie soll der über-
Fromentin, Delacroix, A. Hildebrand, Walter zeugen können?
Crane, Schultze-Naumburg, v. Berlepsch,
Trübner, Liebermann, Obrist, Klinger und
viele andere Künstler, daß auch sie ge-
schrieben, sei ihnen gedankt und um das Ver- VON AUSSTELLUNGEN
ständnis für manchen Künstler stände es UND SAMMLUNGEN
besser, wenn nicht Unverstand alles Recht

hätte, sich über die Künstler zu äußern, ohne WIEN- .Plastiken-Ausstellung in der Wiener Se-
, , n „ , .. Zession. Eine Revue über den künstlerischen
Einspruch der Berufensten: des Kunstlers Stand der modernen Skulptur bezweckt wohl die in
selbst und seiner wirklichen Freunde. der Sezession veranstaltete Ausstellung zu geben. Hat
Verhehlen dürfen wir uns freilich nicht, aber schon das Zusammentragen entscheidender
daß die Urteile der Künstler über andere Akzente auf dem Gebiete der Malerei seine Hemm-
• • u.. • u..- u x. ■ i nisse, so sind die Material-Schwierigkeiten, welchen
meist nicht richtiger und sehr oft noch viel eine Vereinigung von Plastiken begegnet, schier un-
böser sind und schlechter verwertbar als die überwindlich. So fehlen auch in dieser Ausstellung
Urteile solcher Männer, die den Künstlern nahe einige führende Geister unserer Zeitskulptur, es
standen, nicht gesellschaftlich, aber geistig, fehlen Rodin und Minne. Als Clou gilt das große
• ^ j i. r» j neue Werk Klingers — sein »Drama«. Es ist den
nicht durch Clique zur Bewunderung ver- Lesern dieses Blattes bereits durch Wort und Bild

pflichtet, aber durch verwandte Anschauung so bekannt, daß wir von einer weiteren Schilderung
vom Gleichen überzeugt.

Was Lenbach über Böcklin, was Böck-
lin über Leibi, was Lessing über Feuer-
bach gesagt, ist wohl interessant und
sehr verwertbar für die Charakteristik
der Sprecher, aber niemals für die Be-
urteilten. Das ist erklärlich. Je eigen-
kräftiger der Künstler, umso fremder
steht er jedem anderen gegenüber. So
gut er uns über sein Eigenes Bescheid
wird geben können, so wenig wird er
sich über ihm fremde Künstlernaturen
ein Urteil bilden wollen. Daß derjenige
Kunstfreund, der auch übergroße kunst-
geschichtliche Kenntnisse verfügt, ge-
rade zur Erklärung neuer Künstler und
Kunstrichtungen sich berufen fühlt, ist
gerechtfertigt. Durch Vergleiche mit
allen anderen Künstlern wird sein Auge
geschärft für Eigenart. Weiß er vom
Künstler zu lernen, so wird er der großen
Aufgabe seines Berufes, zwischen Künst-
ler und Volk zu vermitteln, freudig
nachgehen.

Möchten diese Erwägungen endlich
auch der Kunstkritik die Wege leiten,
die dem Verständnis der Künstler dienen
können, möchten sie das Vorurteil über
schreibende Künstler bekämpfen helfen.

Nicht Nörgelei über die kleinen Fehler,
nicht Lobeshymnen sind Kennzeichen der
wahrhaft freundschaftlichen Handlung.

Der Freund will fördern, indem er KOnstantin somoff dame mit Fächer

Die Kunst für Alle XX.

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