Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

DOI Artikel:
Bieberstein, M. von: Die schwedische Kunst zu St. Louis 1904
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0090

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
bruno l1ljefors

Schwedische Kunstausstellung St. Louis 1904

adler und hase

DIE SCHWEDISCHE KUNST ZU ST. LOUIS 1904

Von M. von Bieberstein

Geradezu überraschend tritt im Wettbewerbe
der Kunst auf der amerikanischen Welt-
ausstellung unter allen andern Ländern Schwe-
den hervor, das ja allerdings schon 1900 in
Paris berechtigtes Aufsehen erregte. Ueber-
einstimmend ist hier das Urteil, daß kein
Land in dem Extrakt seiner Kunst der Gegen-
wart so prägnant charakteristisch und deutlich
zeigt, was es ist, will und kann. Es muß
diese räumlich verhältnismäßig kleine Aus-
stellung durch nur wenige unparteiische, be-
dachte, durch und durch künstlerisch empfin-
dende Männer organisiert worden sein, damit
eine solche Einheitlichkeit und Zielbewußtheit
erreicht wurde. Daß die intellektuelle Ent-
wicklung eines Landes in den Schöpfungen sei-
ner Künstler den sichersten Maßstab findet, ist
eine wohl noch kaum bestrittene Tatsache; in
ihnen tritt das Geistes- und Gemütsleben ihres
Volkes, die Geschmacksrichtung desselben
klar zu tage. So dokumentiert sich der Auf-
schwung, welchen in den letzten fünfzehn
Jahren das Geistes- und Kunstleben in Schwe-
den genommen hat, in überzeugender Weise

in seinen nach St. Louis entsandten präch-
tigen Kunstwerken. Schweden hat keine
„alten Meister", seine Kunst ist der Neuzeit
entsprossen und bildet den Ausfluß des
Geisteslebens eines tatkräftigen, intelligenten,
fortschrittlichen Volkes. Wie es heißt, daß
die Schweden heutzutage in jeder Hinsicht
am allerwenigsten einen Zug zur Dekadenz
hätten, so ist auch in ihrer jungen Kunst
alles so überaus gesund, frisch und werde-
kräftig; man möchte sagen, daß ihr bei
der so ausgesprochenen nationalen Eigenart
etwas Inselhaftes, etwas von frischer Seebrise
anhafte. Bis vor etwa fünfzehn Jahren gab
es keine eigentliche schwedische Schule.
Zwar war auch schon vorher die Kunst ge-
pflegt und von verschiedenen Monarchen seit
Ende des 17. Jahrhunderts nach Kräften ge-
fördert worden, aber sie wurzelte nicht im
Volksgemüt und blieb nur ein mühsam ver-
pflanztes, exotisches Gewächs. Der junge
Künstler wandte, so bald es ihm nur möglich
war, der Heimat den Rücken, um sich in
Paris, Rom, München auszubilden. Hier, wo

Die Kunst für Alle XX. 4. 15 November 1904.

73

10
 
Annotationen