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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Die Menzel-Ausstellung in der K. Nationalgalerie zu Berlin
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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0398

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VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <^=^-

bringt bis auf die schon erwähnten Bilder nicht
eigentlich große Ueberraschungen mehr. Einige
Familienporträts, Bildchen von näheren Freunden
und vor allem viele wunderschöne Zeichnungen aus
sämtlichen Perioden, sowie die Skizzenbücher, die
neue Beweise dafür sind, wie unglaublich gewissen-
haft dieser Riese unter den deutschen Malern war.
Die Art, wie Menzel arbeitete, erklärt freilich auch,
warum erzu keiner Zeit seines Lebens einen Nachfol-
ger gefunden oder schulbildend gewirkt hat. Sein Bei-
spiel zog nichtan, sondern konnte nurabschrecken. Er
selbst vermochte auch nur dadurch so Ungeheures zu
leisten, daß er auf menschliches Glück verzichtete
und sein ganzes Dasein der Kunst opferte. Indem
er sich so außerhalb der Welt stellte, lernte er sie
verachten und je mehr, je älter er wurde. Ein Teil
seiner Werke ist daher bittere Satire. Vielleicht wird
eine spätere Zeit das noch lebhafter empfinden als
die, welche er dargestellt hat; aber sie wird ebenso
innig wie wir davon überzeugt sein, daß Adolf Menzel
zu den größten, stärksten und eigenartigsten Künst-
lern gehört, die Deutschland hervorgebracht hat. h r.

albert von keller skizze

VON AUSSTELLUNGEN

UND SAMMLUNGEN

DERLIN. Wenn man, wie jetzt in Ed. Schuttes Salon,
" eine Anzahl von Bildern Hugo v. Habermann's
beisammen sieht, muß man sich immer wundern
warum dieser ausgezeichnete Künstler nicht einer
höheren Schätzung bei den Zeitgenossen begegnet.
Gehört er doch zu den Malern, vor deren Bildern
man sich gar nicht überlegt, in welchem Sinne sie
gemalt sind. Das persönlich Künstlerische in Haber-
manns Schöpfungen ist so bezwingend, daß alles
übrige nebensächlich erscheint, daß man diese Bil-
der als Notwendigkeiten, als in sich vollkommene
Leistungen empfindet. Welch' eine Wandlung von
seinem Beginn zu seiner jetzigen Art! Man findet
hier zwei ältere Bilder von ihm, eine blonde Dame
in Schwarz mit einem hohen schwarzen Hut, Fasson
Directoire, die im Gehen begriffen ist, von 1875, und
eine sitzende Brünette en face in Schwarz mit braun-
roten Aermeln, etwas Grün am Halse und einer
schwarzen Pelzboa, mit ineinandergelegten wunder-
voll gemalten Händen von 1886. Vor diesen ton-
schönen Porträts denkt man an Leibi und Trübner,
nur daß Habermann eleganter, mondainer wirkt.
Dann verbindet sich der feine Maler mit einem
originellen Linienkünstler und es entstehen jene
Werke, durch die Habermann zu einer so charakte-
ristischen Erscheinung in den deutschen Ausstel-
lungen geworden ist. Wenn nicht ein Ueberfluß an
Können, Geist und Geschmackaus diesen kapriziösen
Porträts spräche — man müßte manchmal vielleicht
gegen eine Vergewaltigung der Natur protestieren.
So aber nimmt man alles Exzentrische, Ralfinierte
ohne Widerspruch dahin, weil es vom Maler aus
doch Natur ist, der Ausfluß von ganz individuellen
Neigungen und Stimmungen. Ein Teil dieser Schöp-
fungen ist von früheren Ausstellungen her bekannt,
so vor allem die schöne »Bacchantin«, die »Tänzerin«.
Unter den neueren dürfte das kleine Bildnis einer
Dame, die in einer weißen Bluse, darüber eine
schwarze Boa, mit grün und violett garniertem Hut
auf einem grauen Sofa sitzt und deren munteres
Gesicht von irgendwoher glänzende Refiexlichter
erhält, den Preis verdienen. Charles Vetter,
von dem man hier lange nichts gesehen hat, stellt
eine Serie von Münchener Nocturnos aus, von denen
einzelne, wie das Max-Monument und das Feuer-
werk in der Isarlust, sehr charmant wirken, nur
hätte er nicht mehrere dieser Sachen zeigen dürfen,
weil sie untereinander zu ähnlich sind. Der ehe-
malige Zügelschüler Eugen Wolff sucht augen-
scheinlich einen neuen Weg und scheint ihn in
einer Herbstlandschaft mit einer spazierenden Dame
schon beschritten zu haben. Der begabte Otto
Sohn-Rethel zeigt sich mit den Werken, die ihm
in der letzten Münchener Künstlerbund-Ausstellung
soviel Beifall eintrugen. Dieser nackte jugendliche
»Hirt«, diese holländischen Bauern sind zwar etwas
trockene Leistungen, aber sie verraten einen ehr-
lichen Zeichner und einen ernsthaften Menschen
und bedeuten gegen frühere Arbeiten des Künst-
lers, von denen man hier unter anderem einen ganz
Steinhausenhaft anmutenden auferstehenden Chri-
stus findet, einen großen Fortschritt. Einen recht
fatalen Eindruck macht dagegen mit seinen un-
sicheren, allen möglichen französischen Meistern
nachgemalten Bildern AlfredSohn-Rethel. Einem
sympathischen Talent begegnet man in Johann
Georg Dreydorff, der Landschaften und In-
terieurs in einer bescheidenen impressionistischen
Technik malt. Der Dresdener Oscar Zwintscher

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