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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten - Vermischtes - Neue Bücher
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VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN

VON AUSSTELLUNGEN

UND SAMMLUNGEN

DERLIN. Wenn es ein Kriterium großer Künstler-
schaft ist, daß ein Maler die Vorstellungen der
Allgemeinheit von einem bestimmten Objekt so be-
einflußt, daß jedermann dieses Objekt in des Malers
Weise anschaut, so ist Walter Leistikow zweifel-
los ein sehr bedeutender Künstler. Denn es ist
ihm gelungen, aus einer ganzen Reihe von Land-
schaftsmotiven so viel Typisches herauszusehen und
zur Darstellung zu bringen, daß man gewisse Ge-
genden nicht mehr sehen kann, ohne an seine
Schöpfungen zu denken. Man sieht sie einfach mit
seinen Augen. Das gilt besonders für die märkische
Landschaft, für einige norwegische Szenerien und
neuerdings auch f jt die Tiroler Alpen. Daß Leisti-
kow diese Wirkung nicht allein durch sein feines
Gefühl für die individuellen Schönheiten der Natur
erreicht, sondern vor allem auch durch seine Fähig-
keit, dieses Individuelle auf eine einfache und ein-
dringliche Formel, auf einen Stil zu bringen, ist be-

kannt. Ebenso, daß dieser Stil sich sowohl auf die
Linie als auch auf die Farbe erstreckt. Ein beson-
deres Verdienst hat der Künstler sich um Berlin
erworben, indem er den Beweis geführt, daß dessen
Umgebung sehr viel mehr landschaftliche Schön-
heit und Eigenart bietet, als die Welt bisher ahnte.
Leistikows Grunewaldbilder stellen also in mehr als
einer Hinsicht etwas absolut Neues in der Land-
schaftsmalerei des 19. Jahrhunderts vor. Stehen sie
auch nicht alle künstlerisch gleich hoch, so muß
ein gerechter Beurteiler doch zugeben, daß der
Künstler — von seinen Zeitgenossen zu häufigen
Wiederholungen gewisser Motive gedrängt — es
dennoch verstanden hat, für sich das ganze Genre
auf einer äußerst anständigen künstlerischen Höhe
zu halten, indem er unermüdlich sein Thema von
neuen Seiten behandelt. Die Ausstellung der neuen
Schöpfungen Leistikows im Salon Paul Cassirer
liefert das schönste Zeugnis dafür. Malte der
Künstler früher die Grunewaldseen gern, wenn die
warme Nachmittagssonne darauf lag und die Stämme
der Föhren rot autleuchten machte, oder wenn ein
grauer Tag die über der märkischen Landschaft aus-

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