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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Schubring, Paul: Das Kaiser Friedrich-Museum in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0107

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-s»«4^> DAS KAISER FRIEDRICH-MUSEUM IN BERLIN

pichen und kunstgewerblichen Stücken ausstatten werke durchgeführten Basilika, einen einschiffigen
müsse, in denen die Bilder und Reliefs ein vor- Kirchenbau, der in seinen Frührenaissanceformen
nehmes Heim finden könnten. An diesem Ge- an Simone Cronacas Kirche San Francesco al monte,
danken, der alt sein mag, der aber erst von Wilhelm unterhalb S. Miniato bei Florenz, erinnert. In die
Bode energisch aufgegriffen wurde, ist nun zwanzig Seitenwände der apsisförmig abschließenden Halle
Jahre lang emsig gearbeitet worden. Mannigfache sind kleine Kapellen eingebaut; darin stehen Altäre
Versuche und Vorstöße, auch nach der Seite hin, mit großen Bildern und bunten Plastiken des Quattro-
wie man es nicht machen dürfe, sind gewagt wor- cento und Cinquecento. Zwei hohe Säulen in der
den. Das Kaiser Friedrich-Museum, das über die Mitte der Halle tragen einen Florentiner Marzocco
größten Bestände und über die reichsten Mittel und eine Sieneser Lupa. Prächtig wirkt das innere
(sechs Millionen) verfügte, bietet nun einen Abschluß Portal der Schlußwand, die reich mit Lavabös, Sta-
dieser Bemühungen, das heißt eine Verwirklichung tuen, Büsten und Wappenhaltern belebt ist. Die
der kronprinzlichen Wünsche im großen Stil. Basilika macht zunächst noch einen etwas kahlen

Der Plan, Bilder und Plastiken durchgängig zu Eindruck; es fehlen noch die Fahnen, die Teppiche,
mischen, Bronzen und Majoliken dazwischen auf- das Chorgestühl, das große Leggio und anderes
zustellen und durch alte Möbel die Räume zu be- monumentale Inventar, das diesen Raum farbig
leben, war in manchen Berliner retrospektiven Aus- sättigen wird. Durch ihn gelangt man in das zweite,
Stellungen probeweise durchgeführt worden. Nament- hintere kreisrunde Treppenhaus, das unten mit far-
lich die Renaissance-Ausstellung von 1898 war treff- bigem Marmor belegt, oben im hellsten Weiß ge-
lich gelungen. Aber was bei einer kurzen provi- halten ist. Dieser Raum wirkt viel glücklicher als
sorischen Ausstellung erlaubt und geboten ist, eignet das Oval des vorderen Treppenhauses. Hier stehen
sich noch nicht für die monumentalen Säle einer am Ansätze der Treppen zwei Statuen (Mars und
festen Galerie. Hier ist vor allem Würde, Ruhe Venus) von Pigalle, die der Kaiser aus Sanssouci
und Größe des Raumes zu wahren. Jeder Anklang geschenkt hat; oben in den Wandnischen die Ori-
an den Bazar ist zu vermeiden. Auch ergab sich, ginalmarmore des Feldherrn Friedrich des Großen
daß man bei der Mischung der einzelnen Materiale vom Wilhelmsplatz, die hier längst durch Bronze-
große Vorsicht zu üben habe, wollte man in der kopien ersetzt sind. Sie sind aus Lichterfelde
Konkurrenz das Einzelne nicht schädigen. herübergekommen. Ihre Sockel sind verunglückt.

Eine prinzipielle Mischung der Bilder und Pia- Von der Basilika führen seitlich breite Räume

stiken ist nur in der mittelalterlichen deutschen in die beiden Trakte der Außensäle am Kupfer-
Kunst durchgeführt worden. Viel zurückhaltender graben und an der Spreeseite. Der eine Zug be-
ist man mit dem Austauschen bei den Werken der herbergt die deutsche Plastik und Malerei der Früh-
italienischen Renaissance verfahren. Im großen und zeit und die farbige Plastik der italienischen Re-
ganzen sind die Bilder in Bildersälen und Bilder- naissance (Holz-, Ton- und Stuckarbeiten). Der
kabinetten aufgehängt worden. Die Plastik beherrscht andere hat die altchristliche, byzantinische, sassa-
das Erdgeschoß, die Gemälde hängen im Oberstock. nidische und islamitische Kunst, außerdem die Mar-
Das vordere große ovale Treppenhaus, in dessen more des italienischen Mittelalters aufgenommen.
Mitte eine doch wohl deplazierte Nachbildung des Die erst während des Baues vom Sultan dem Kaiser
Schlüterdenkmals des Großen Kurfürsten steht, führt geschenkte Mschattafassade, die eine große, an der
durch einen breiten Gang zu der durch beide Stock- Pilgerstraße Damaskus—Mekka liegende Karawan-
serei schmückte, hat die
ursprünglich den italie-
nischen Gipsen reser-
vierten Säle besetzt. Das
große ravennatische Mo-
saik, das vor 60 Jahren
König Friedrich Wil-
helm IV. erwarb und das
bisher magaziniert blei-
ben mußte, konnte nun
am Ende des altchrist-
lichen Saales, leider zu
niedrig, aufgestellt wer-
den. Prachtvolle Durch-
blicke fallen durch die
alten venezianischen
Türen auf das herrliche
Gold des Mosaiks und
auf die leuchtenden Far-
ben der alten kostbaren
Perser des XIV. und
XV. Jahrhunderts, die
Bode dem Museum ge-
schenkt hat.

Inmitten der deut-
schen Plastik haben die
primitiven deutschen
Bilder mitunter einen
schweren Stand. Aber
der Gesamtanblick die-
ser drei bunten und leb-
haften Säle ist glänzend;

Kaiser friedrich-museum IN Berlin rubens-saal nur das Licht des einen,

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