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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Hölzel, Adolf: Über künstlerische Ausdrucksmittel und deren Verhältnis zu Natur und Bild, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0125

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ÜBER KÜNSTLERISCHE AUSDRUCKSMITTEL <S=ä=^

HOLBEIN LADY HENEGHAM

faltung privaten Kunstinteresses das heimat-
liche Milieu durch P. Brueghel und andere in
das Bild mithineingezogen (s. Abb. S. 109).

Ein eigenes reiches Studium der Natur
tritt nun ein und verbindet sich besonders
bei Brueghel mit eingehenden Kenntnissen der
herrschenden künstlerischen Gesetze und einer
gleichzeitigen verfeinerten Verwertung der
durch orientalische und italienische Einflüsse
eingeführten Tonharmonien zu wahrhaft hoher
Kunst.

Neben den geistesgewaltigen Schöpfungen
eines Rubens (s. Abb. S. 116) und seiner
großen Schule sehen wir dieses heimatliche
Milieu dann in den Werken holländischer und
belgischer Kleinkunst weiter verwertet und
nach allen Richtungen hin durchgearbeitet.

Mit der Liebe zur eigenen Heimat ver-
bindet sich jetzt ein immer stärkeres Ge-
fühl für die Landschaft. Diese ist schon
durch Brueghel eingehender gepflegt und
wird durch van Goyen (s. Abb. S. 109) und
in der Folge durch Ruysdael (s. Abb. S. 113),
Cuyp (s. Abb. S. 114 u. S. 115), Hobbema
(s. Abb. S. 106) u. s. w. zur höchsten Selb-
ständigkeit gebracht. Damit aber ist in das
Kunstwerk ein vollständig neues Moment ein-

geführt, das für alle späteren Zeiten, nament-
lich auch für die moderne Malerei von höchster
Wichtigkeit ist. Durch ein darauf bezügliches
Naturstudium wird auch die Verwertung der
künstlerischen Gesetze dahin beeinflußt, daß
das Dreidimensionale der Natur in etwas
anderer Weise im Bilde zur Geltung gebracht
wird, als wir bisher gesehen haben. Der
Ferne, dem Hintergrund, der Luft wird eine
erhöhte Bedeutung zugemessen. Die verti-
kale, dunkle Mittelwand, wie wir sie bei den
Präraffaeliten und bei Tizian kennen gelernt
haben, sinkt bis zu einem Rudiment in der
Ferne herab; der Vordergrund dehnt sich in
die Tiefe aus, begrenzt von der erwähnten
Ferne, hinter welcher sich nun oft eine hohe
Luft wölbt. „Luft und Licht" ist die Parole.
Die Bilder hellen sich auf und andere Farb-
und Tonbedingungen werden hierdurch not-
wendig. Mit dem Bedürfnisse nach Luft und
Atmosphäre treten die Gegensätze von kalt
und warm, welche das „Fernen" und Zu-
rückgehen im Bilde besonders ermöglichen,
mit größerer Wichtigkeit auf und die Natur
wird auf dieses hin nun studiert und im
Bilde mit den hierfür geeigneten Verwertungen
von hell und dunkel im verfeinerten Sinne
wiedergegeben. In einem Bilde, als einem har-
monischen Ganzen, müssen die warmen Töne

A. DÜRER BILDNIS

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