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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Rosenhagen, Hans: Die Zukunft der Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0394

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-^4a5> DIE ZUKUNFT DER KUNSTAUSSTELLUNGEN <Ö^-

verhehlt, daß geschäftliche Gründe für diese
vorliegen, umsoweniger Ursache haben Publi-
kum und Kritik, sich über Mängel auf der
künstlerischen Seite zu entrüsten.

Mit welchen Mitteln aber läßt es sich er-
reichen, daß die Ausstellungen dennoch be-
sucht werden? Auch hierfür ist Rat. Man sagt
dem Publikum etwa folgendes: Es sind dreitau-
send Werke aufgenommen worden; von jedem
Künstler, der irgend einem Verbände ange-
hört, mindestens eins. Es findet sich natürlich
sehr viel Minderwertiges darunter. Von den
besten dieser Werke sind nach bester Einsicht
zweihundert ausgewählt, die in den und den
vier oder fünf Sälen gezeigt werden. Sie sind
in Deutschland noch an keiner Stelle öffent-
lich zu sehen gewesen, also unbedingt neu für
jeden Besucher der Ausstellung. Damit es
nun aber den Sälen mit den übrigen zwei-
tausendachthundert Werken nicht an einiger
Anziehungskraft fehlt, wurden in diesen jene
guten Dinge verteilt, die schon anderswo, sei
es in Ausstellungen, sei es in den Kunst-
salons am Orte einem Teil des Publikums
bereits bekannt geworden sind. Sie sollen
zwar den „Kunstmarkt" zieren, aber ihr gutes
Recht auf Auszeichnungen behalten.

Es ist fast überflüssig, hervorzuheben, daß
unter diesen Umständen die Ausstellungen
einzelner Gruppen in Fortfall kommen müssen.
Die als Anziehungsmittel dienenden vier oder

ALBERT VON KELLER HERR E. GUGGENHEIMER

ALBERT VON KELLER HERR VON HUHN

fünf Säle können dabei nur gewinnen; und
je künstlerisch wertvoller ihr Inhalt ist, um so
größer wird der Ehrgeiz der Künstler sein,
mit ihren Werken hineinzugelangen. Es ist
durchaus nicht unwahrscheinlich, daß diese
Säle unter Umständen manche Sezessions-
ausstellung in den Schatten stellen werden;
denn unter dreitausend schon jurierten Werken
finden sich vielleicht eher zweihundert sehr
bemerkenswerte, als unter den etwa im gan-
zen fünfzehnhundert, über die man in den
Sezessionen zu Gericht sitzt. Und einen Vor-
teil gewinnt man gewiß: Die Zuerteilung der
an dem Ort der Ausstellung schon anderweitig
gezeigten Werke an den „Markt" wird sicher-
lich die Künstler veranlassen, ihre wichtigeren
Arbeiten für die Ausstellung zu reservieren
und sie nicht wie bisher den Kunstsalons
zuerst zur Verfügung zu stellen.

Entschließt man sich beizeiten, die großen
Kunstausstellungen in dieser Richtung zu
reorganisieren, so dürfte ihr Weiterbestehen
nicht allein gesichert, sondern voraussichtlich
sogar noch von Nutzen für die Kunst sein.
Allerdings hängt auch in diesem Falle alles
von der Intelligenz und Energie der Leitung
ab. Selbstverständlich wären Reorganisationen
der großen Ausstellungen auf dieser Basis
eine starke Gefahr für die Sezessionen. Deren
Existenz hat nämlich nur so lange Sinn, als
von der anderen Seite in der bisherigen Weise

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