-*4^> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN
philipp klein selbstbildnis
Frühjahrausstellung 1905 der Münchener Sezession
eine schöne Impression, die Kostüme sehr prächtig,
da die vornehmen Rollen von Aristokraten gespielt
wurden, denen es nicht darauf ankam, Tausende für
ihr Kostüm auszugeben. Bei dieser Gelegenheit
toastete der Oberbürgermeister auf das Zusammen-
gehen der Stadt und der Kunst. Ob etwas daraus
wird? Zeit wäre es ja, daß die Stadt aus ihren
reichen Mitteln auch die Kunst zu fördern ver-
suchte. Aus der Mitte der Stadtverordneten ist ein
Antrag hervorgegangen, eine städtische Ausstellungs-
halle und moderne Galerie zu gründen; die Initia-
tive ist erfreulich, wenn auch der vorgeschlagene
Weg nicht gangbar sein dürfte: beides auf winzigem
Platz in teuerster Gegend — wenn die Ausstellungs-
halle ihren Zweck erfüllen soll, so muß sie im größten
Stil angelegt sein, wie in Dresden oder Düsseldorf;
und die moderne Galerie wird man irgendwie den
bestehenden Museen angliedern müssen, damit das
ohnehin schon ein bißchen vielfältige Museums-
wesen Frankfurts nicht völlig verzettelt wird.
1V/IÜNCHEN. Münchener Kunstverein. »Die Jugend*
■l»* verfügt über einen Stab trefflicher Künstler. Sie
geht von dem gesundenPrinzipaus, jedem Mitarbeiter
Spielraum zu gewähren, damit er seine Eigenart
voll entfalten kann. In der Kollektivausstellung der
Jugendzeichner sind Erler, Eichler, Jank, Mün-
zer, Putz, Feldbauer, Salzmann, Diez, Wilke,
Schmidhammer mit charakteristischen Blättern ver-
treten. Viel zeichnerisches Können, bewußt schaffende
Gestaltungskraft und phantasievoller künstlerischer
Ausdruck von ursprünglich Empfundenem offenbart
sich. Es scheint, daß gerade ein gewisser Zwang,
dem hier die schöpferische Kunst unterliegt, sich
für die Entwicklung derselben wohltätig erweist. Die
graphische Reproduktion zwingt zur Konzentration,
überhaupt zur bestimmten Wertung künstlerischer
Eindrücke. Eine mehr naturalistische Tendenz
äußert sich in den Arbeiten von Charles Palmie.
Dieser Künstler bietet in einer Anzahl im Freien
gefertigter Skizzen und Studien frischgewonnene
Eindrücke von starker unmittelbarer Wirkung. Eigen-
artige atmosphärische Phänomene wie sie das
Licht zu verschiedenen Tageszeiten auf dem Spiegel
stiller Gewässer, auf Wiesen und Feldern, über-
haupt bei den verschiedensten Situationen hervor-
bringt, sind in ihren differenzierten subtilen farbigen
Erscheinungen geschickt und sicher festgehalten.
Palmie geht als Landschafter einer neuen Phase
seiner Entwicklung entgegen. a. h.
t> ASEL. Die erste der seit Neujahr veranstalteten
Ausstellungen war die des Porträtisten Albert
Höflinger, eines in Paris geschulten Basler Malers,
dessen glatt gefällige Art dem Publikum im allge-
meinen sehr zusagt; bedeutendere Originalität hin-
gegen weisen seine Bilder nicht auf. — Dann stellte
uns die 21 Mann starke »Societe Suisse d'Aquarel-
listes« einen Saal voll von ihren Werken hin. Auch
da war Vieles recht gewöhnlich; eine Individualität
wie diejenige des verstorbenen Hans Sandreuter,
der eine Zierde der »Socieie« gewesen war, fehlt ihr
gegenwärtig. Am nächsten kommt dem Dahingegan-
genen ein zweiter Basler Böcklinschüler Theophil
Preiswerk, der prächtig breite, dekorative, scharf
gesehene Sachen ausgestellt hatte. Von aquarellie-
renden Deutschschweizern sind etwa noch der Berner
Christian Baumgartner (Landschaften) und der
Züricher Tiermaler Adolf Thomann zu nennen.
Das Hauptkontingent stellen Welschschweizer; unter
ihnen ragten Gustave de Beaumont mit schlicht
großen Figurenbildern, Ernest Bieler mit ein paar
tiefgestimmten Landschaften, Edouard Ravel mit
einer frischen Walliserscenerie,JULiEN Renevier mit
kurt ullrich domino
Frühjahrausstellung 1905 der Münchener Sezession
388
philipp klein selbstbildnis
Frühjahrausstellung 1905 der Münchener Sezession
eine schöne Impression, die Kostüme sehr prächtig,
da die vornehmen Rollen von Aristokraten gespielt
wurden, denen es nicht darauf ankam, Tausende für
ihr Kostüm auszugeben. Bei dieser Gelegenheit
toastete der Oberbürgermeister auf das Zusammen-
gehen der Stadt und der Kunst. Ob etwas daraus
wird? Zeit wäre es ja, daß die Stadt aus ihren
reichen Mitteln auch die Kunst zu fördern ver-
suchte. Aus der Mitte der Stadtverordneten ist ein
Antrag hervorgegangen, eine städtische Ausstellungs-
halle und moderne Galerie zu gründen; die Initia-
tive ist erfreulich, wenn auch der vorgeschlagene
Weg nicht gangbar sein dürfte: beides auf winzigem
Platz in teuerster Gegend — wenn die Ausstellungs-
halle ihren Zweck erfüllen soll, so muß sie im größten
Stil angelegt sein, wie in Dresden oder Düsseldorf;
und die moderne Galerie wird man irgendwie den
bestehenden Museen angliedern müssen, damit das
ohnehin schon ein bißchen vielfältige Museums-
wesen Frankfurts nicht völlig verzettelt wird.
1V/IÜNCHEN. Münchener Kunstverein. »Die Jugend*
■l»* verfügt über einen Stab trefflicher Künstler. Sie
geht von dem gesundenPrinzipaus, jedem Mitarbeiter
Spielraum zu gewähren, damit er seine Eigenart
voll entfalten kann. In der Kollektivausstellung der
Jugendzeichner sind Erler, Eichler, Jank, Mün-
zer, Putz, Feldbauer, Salzmann, Diez, Wilke,
Schmidhammer mit charakteristischen Blättern ver-
treten. Viel zeichnerisches Können, bewußt schaffende
Gestaltungskraft und phantasievoller künstlerischer
Ausdruck von ursprünglich Empfundenem offenbart
sich. Es scheint, daß gerade ein gewisser Zwang,
dem hier die schöpferische Kunst unterliegt, sich
für die Entwicklung derselben wohltätig erweist. Die
graphische Reproduktion zwingt zur Konzentration,
überhaupt zur bestimmten Wertung künstlerischer
Eindrücke. Eine mehr naturalistische Tendenz
äußert sich in den Arbeiten von Charles Palmie.
Dieser Künstler bietet in einer Anzahl im Freien
gefertigter Skizzen und Studien frischgewonnene
Eindrücke von starker unmittelbarer Wirkung. Eigen-
artige atmosphärische Phänomene wie sie das
Licht zu verschiedenen Tageszeiten auf dem Spiegel
stiller Gewässer, auf Wiesen und Feldern, über-
haupt bei den verschiedensten Situationen hervor-
bringt, sind in ihren differenzierten subtilen farbigen
Erscheinungen geschickt und sicher festgehalten.
Palmie geht als Landschafter einer neuen Phase
seiner Entwicklung entgegen. a. h.
t> ASEL. Die erste der seit Neujahr veranstalteten
Ausstellungen war die des Porträtisten Albert
Höflinger, eines in Paris geschulten Basler Malers,
dessen glatt gefällige Art dem Publikum im allge-
meinen sehr zusagt; bedeutendere Originalität hin-
gegen weisen seine Bilder nicht auf. — Dann stellte
uns die 21 Mann starke »Societe Suisse d'Aquarel-
listes« einen Saal voll von ihren Werken hin. Auch
da war Vieles recht gewöhnlich; eine Individualität
wie diejenige des verstorbenen Hans Sandreuter,
der eine Zierde der »Socieie« gewesen war, fehlt ihr
gegenwärtig. Am nächsten kommt dem Dahingegan-
genen ein zweiter Basler Böcklinschüler Theophil
Preiswerk, der prächtig breite, dekorative, scharf
gesehene Sachen ausgestellt hatte. Von aquarellie-
renden Deutschschweizern sind etwa noch der Berner
Christian Baumgartner (Landschaften) und der
Züricher Tiermaler Adolf Thomann zu nennen.
Das Hauptkontingent stellen Welschschweizer; unter
ihnen ragten Gustave de Beaumont mit schlicht
großen Figurenbildern, Ernest Bieler mit ein paar
tiefgestimmten Landschaften, Edouard Ravel mit
einer frischen Walliserscenerie,JULiEN Renevier mit
kurt ullrich domino
Frühjahrausstellung 1905 der Münchener Sezession
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