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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Schmid, Heinrich Alfred: Meier-Graefe contra Böcklin
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0468

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-*=feg> MEIER-GRAEFE CONTRA BOCKLIN <ö*-*-

es keine andere Losung mehr als entweder zu dem flecken in seinem Altmännerhaus. Nachher aber

zweiten »Strang« zu gehören oder kein Künstler verurteilte er diese Zeit. Nun wird er nach Meier-

zu sein. G.raefe der Nichtkünstler, der er ist. Das »Prole-

Böcklins Tätigkeit zerfällt nun nach Meier-Graefe tarische« melde sich schon in dem Porträt des Bild-
in zwei Perioden, die miteinander, im Prinzip wenig- hauers Kopf, das heißt zu der Zeit, da er die Villen
stens, so wenig zu tun haben, als ob der Künstler am Meer in der Schackgalerie schuf,
ein anderer Mensch mit anderem Temperament ge- Sein Streben nach dem Großdekorativen sei ein
worden wäre und schon dieser Bruch beweise seine Streben nach banaler Deutlichkeit, ein Archaismus,
Minderwertigkeit. Meier meint die Zeit vor und mit dem er sich außerhalb jeder Zeit und jeder
nach 1862/63. gesunden Entwicklung stelle. Wenn Poussin oder

Sonst sind Ehrlichkeit und Konsequenz im Irrtum Ingres auf die Antike, andere auf die Meister des
das einzige, was rückhaltlos bei Böcklin anerkannt 17. Jahrhunderts zurückgriffen, so sei das was anderes,
wird (S. 151, 152 und auch sonst); allein das ganze (Man pflegt eben in Frankreich über die älteren Meister
Buch läuft im Grunde darauf hinaus, das Gegenteil den Stab nicht zu brechen, auch wenn man ihnen
zu beweisen und jene Wandlung wird so darge- nicht folgt.) Nach Meier-Graefe brachten jene echten
stellt, als ob Böcklin durch Typhus und anderes Künstler, die auf ältere zurückgriffen, immer noch et-
Elend gebrochen, wörtlich: »aus inneren und öko- was hinzu, Böcklin nach Meier-Graefe also wohl nicht
nomischen Gründen« nach etwas Neuem, d. h. oder doch nichts Modernes, nichts künstlerisch Be-
nach stärkeren Reizmitteln gesucht und dies vor rechtigtes.

den antiken Malereien im Großdekorativen gefun- Böcklin werde nun wie Menzel und Knaus zum
den habe (S. 162). Illustrator, er stehe als Künstler aber tief unter
Vorher befinde er sich auf dem Wege, auf dem einem Knaus. Seine Werke sind »Illustrationen ohne
heute allein noch Kunst möglich sei; ein geringerer Buch, Mosaiken ohne Wand, Theater ohne Bühne«
als der junge Menzel, habe er doch ganz Erträgliches »mit keiner hohen Kunst mehr zu vergleichen«,
geleistet. Er hat in der Tat mit dem Sonnenflecken Er hasse deshalb alle echten Maler, alle echten Land-
auf seinem Pan im Schilf 1859 in München eine schafter. Er werde theatralisch, aber seine Helden
ähnliche Begeisterung hervorgerufen wie Max Lieber- seien stumm und bewegen sich nicht (S. 228), er
mann fast ein Menschenalter später mit den Sonnen- schaffe nach Art populärer Theaterschreiber, die nicht

LEO PUTZ PORTRÄT

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