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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten
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-*==feÖ> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^~

künstlerischen Wert der
aufzunehmenden Werke
die höchsten Ansprüche
gestellt werden sollen.

WH EN. Hagenbund.
" Eine sehr reichhal-
tige Ausstellung, welcher
auch nicht die bewegte
abwechslungsreiche Phy-
siognomie fehlt, die einer
Vereinigung von Talenten
meist zu eigen ist. Aller-
dings begegnen wir, wie
schon so oft im Hagen-
bund, mehr frohen Ver-
sprechungen als ernsten
Verwirklichungen. Hier
eine schöne Vision, dort
ein interessanter tech-
nischer Versuch, da wie-
der eine instinktmäßige
Besitznahme einer Aus-
drucksart. Aber meist
bleibt es nur bei der
flüchtigen Konzeption,
bleibt es nur bei einer
Verkündigung. Das Wol-
len reift zu langsam in
ein Können aus. Gleich
bei dem so äußerst begab-
ten Bildhauer Hejda karl ederer kuh

fällt dieser Zwiespalt in 23. Ausstellung der Sezession in Wien

stärkstem Maße auf. Die-
ser Künstler, der schon

Vorjahren noch im Künstlerhaus durch die bizarre für sich füllt Maler Konopa mit einer großen Reihe

Kraft seiner Phantasien dazu auserwählt schien, der von landschaftlichen und figuralen Feststellungen,

Plastik einen neuen Impuls zu geben — er hat es welche alle dem französischen Boden entsprungen,

noch immer nicht gelernt, diesen Impulsen formale und von Frankreichs Luft umweht sind. War

zwingende Gestaltungen zu erringen. Ein groß- Konopa vordem ein in sehr kräftigen Farben, derben

geschautes Bild ist auch diesmal des Künstlers Konturen Schwelgender, so hat ein offenbar sehr

farbiger Kunststein »Judith« genannt. Wie die sorgsam ausgenützter Aufenthalt in Frankreich seine

Rächerin mit grausam lüsternem Ausdruck aus einer Palette zart und valeurfein — ja beinahe anämisch

Schüssel das Blut des Holofernes auf die Diele gemacht. Die durch die Grazie der Birke charak-

schüttet, und ihre zwei Panther heranlockt, die terisierte Landschaftsstimmung der französischen

gierig, mit funkelndem Blick, das dunkle Naß vom Lande, das ganz eigene weiße Licht der atmo-

Boden lecken — dies ist eine Idee, welche echter sphärischen Stimmung — hat die Naturvision des

Stimmungsdramatik nicht entbehrt. Das geschmeidige Künstlers ganz geändert. Dagegen ist er im Porträt

Ducken der Raubtiere, das geschmeidige Locken der von impressionistischer Kraft, stark das Momen-

blutberauschten Judith ist in wenigen Linien sug- tane und die Fluktuierung der Erscheinung hervor-

gestiv zusammengefaßt. Aber all der Kram der hebend. Zu sehr geschlossener Wirkung erhebt

Nebensächlichkeiten, die Toilettekünste, die blutge- sich Konopa in seinem vom Unterrichtsministerium

färbten Fingernägel, das häßliche Ladenbrett, auf erworbenen Bild »Schafpark«. Alles in allem ist

welches wie in der Spielwarenhandlung die Figuren hier ein Aufnehmen, Verarbeiten und Fortschreiten

gestellt sind — zerstören den Charakter der großen sehr erfreulich zu konstatieren. Hugo Baar bringt

plastischen Wirkungen, und es bleibt nichts übrig wieder seine Variationen im »Schnee«. Glitzernder

als — ein in lebensgroßen Dimensionen ausgeführter Schnee — und solcher mit tiefen blauen Schatten,

kunstgewerblicher Nippe-Gegenstand. Dagegen ist und ganz stiller festgefrorener. Und müde Bäuerinnen,

die kleine Gipsstatuette der Europa — von sehr reinem die sich durchstapfen müssen, und alte Bauern, die

Stilgefühl durchdrungen. — Des Bildhauers Stundl schwer Schritt für Schritt über die einsinkende Fläche

Grabfigur, ein zusammengekauerter, in Schmerz ziehen. Es ist ja wertvoll, wenn ein Künstler sich eines

versunkener weiblicher Akt — berührt durch das Stückchens Welt bemächtigt und dasselbe auszuschö-

warme Gefühl, das dem Werk entströmt, und durch pfen sucht. Aber das gleiche darf doch niemals

die sehr einfache wahre Behandlung des Körperlichen zur Wiederholung, zur Eintönigkeit — es darf vor

wohltuend. Dagegen' ist die Brunnenfigur Heu's allem nicht zu gefährlicher Manier werden. Und

diesmal nicht kräftige Eigenkunst; der Knabe mit Baar, der mit großem Schwung vor wenigen Jahren

der Wasserschale mag schon oft und oft sich in einsetzte, ist vielleicht versierter geworden — aber

ähnlicher Pose in den verschiedentlichsten Ateliers er ist dem Wesen der Erscheinungen nicht näher

gelangweilt haben. Eine gute Gartenbank aus Stein- gekommen, er ist nicht intensiver in seiner schöpfe-

zeug ausgeführt, hat Alfred Keller ausgestellt. rischen Sprache geworden. Hier sollte vielleicht eine

Es sind dergleichen Proben für die in Schwung woltuende, kräftige Ausstellungspause versucht wer-

geratenden architektonischen Gestaltungen von Gär- den, damit ein so wahres Talent Zeit gewinnt, sich

ten sehr vorteilhaft. Nun zur Malerei. Einen Raum einmal mit sich selbst und nicht immer mit dem

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