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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Kuzmány, Karl Michael: Die sechste internationale Kunstausstellung von Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0510

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DIE VI. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG DER STADT VENEDIG

aber kaum je zu einer Mo-
numental-Plastik aus. Man
braucht nur an die kavalle-
ristisch gewiß sehr interes-
santen Denkmäler in Turin
zu erinnern oder an das für
ViktorEmanuel in Venedig,
ein abschreckendes Beispiel
der Zwitterbildung, wenn
da überhaupt noch von
einem künstlerisch lebens-
fähigen Organismus gespro-
chen werden kann. Den
Ueberfluß an schönen Ge-
sten, deren Wiedergabe die
Theatralik streift, muß man
bei den Italienern als etwas
Natürliches und darum Not-
wendiges in Rechnung zieh-
en. Dann wird man auch
den Werken des Turiners
Leonardo Bistolfi gerecht
werden; ja man vermißt
fast bei dem neuesten Ent-
wurf für ein Grabdenkmal
- j|P iflBH („das Kreuz", s. Abb. S. 476)

am - /:■ ,;\ ! ^^^■■"■"««i«^^T7a?>iJ>?-'~~~- \ seine anmutigen Frauenge-

^""*"*"*ä^ - -u**1 stalten mit den vagen Ge-

bärden, durch die er sonst

I I fürTrauerundTrosteinenso

schönen Ausdruck findet.
Wie voll von Empfindung für

karl larsson meine älteste die Friedhofspoesie Bistolfi

VI. Internationale Kunstausstellung in Venedig ^ Thema abzuwande)n

weiß, kann man in Venedig

könnte, kaum mehr an; die Schäfer-Poesie aus einer Anzahl von Gipsabgüssen seiner, mit

und die Lyrik und Natur-Symbolik hat er einer Ausnahme, stets figurenreichen Denk-

sich erkoren. Aber Nummer Eins, soviel der male ersehen. Das Beiwerk, und Blumen

italienischen Namen ich angeführt habe, ist gibt's immer in Fülle, hat die phantasierende

Alberto Martini aus Treviso (s. Abb. S. 481 Hand mitunter allzu impressionistisch model-

u. 488). Festen und vollen Federzuges nimmt liert; aber der Umriß des großen Ganzen

er sich die alten Meister zum Vorbild; an geist- stellt sich monumental dar, eigen im Stil,
reichen Einfällen gibt er in Capriccios und Ex G. A. Sartorio, ein in vielerlei Technik,

libris einem Klinger und Menzel nichts nach, nicht nur der Malerei erfahrener Künstler,

unendlich produktiv. Er durfte sich mit Fug hat neulich einen satirischen Roman ge-

selbst an Dantes Göttliche Komödie wagen. schrieben, in dem er Raffael in das moderne

Aber was ihm in hervorragendem Maße eignet, Kunsttreiben Roms eintreten läßt; enttäuscht

ist ein burlesker Humor, der ihn befähigte, von der übel beschäftigten und lächerlich

ein heroisch-komisches Epos des 17. Jahr- kritischen Welt kehrt das Originalgenie bald

hunderts, den „geraubten Eimer" des Tassoni, wieder auf den Sockel seiner Statue in Urbino

mehr als kongenial durch Illustrationen zu zurück. Ob Italiens Kunst jetzt wirklich bloß

begleiten. schellenlaut ist, ein Stückwerk von überall

Obschon einige der Besten fehlen, erweist her? Es bleibt eine offene Frage, ob und

es auch die gegenwärtige Ausstellung, daß wann man in dem Dom der Kunst wieder

die italienische Bildhauerei die gestellten Auf- zu stiller Andacht wird einkehren dürfen,
gaben sehr wohl zu erfüllen weiß, soweit eine
wirklichkeitsgetreue Durchbildung erforder-
lich ist. Geschmack und Geschick reichen

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