IX. INTERNAT. KUNSTAUSSTELLUNG IM MÜNCHENER GLASPALAST
RICHARD KAISER AUFZIEHENDES GEWITTER
IX. Internationale Kunstausstellung in München
der Umgestaltung (oder Abschaffung) der doch immer noch am meisten rührt und sicher
großen Kunstakademien die Umwertung (oder eine Richtungslinie zu spüren ist, die nach
Abschaffung) der Kunstausstellungen die wich- vorwärts führt. Nicht gerade in der naturgemäß
tigste. Aber der Konkurrenzneid im Großen ganz ungleichartigen Gruppe der „Münchener
und die platte Erwerbsnot im Einzelnen Künstlergenossenschaft und Deutschland",
werden es vorderhand noch nicht dahin wo vom Besten bis zum Unmöglichen alle
kommen lassen. Wertebuntdurcheinandergeschütteltsind, aber
Auch die gegenwärtige Münchener Aus- bei der Sezession, der Luitpoldgruppe und
Stellung zeigt wieder diesen Zug von Müdig- der Scholle. In den Sälen der Genossen-
keit — im internationalen Westflügel des schaft fehlt es mehr als in den übrigen an
Glaspalastes noch mehr, wie im deutschen Ueberraschendem, an Neuem, ein selbstver-
Osttrakt. Ein Stillstand scheint überall die ständlich Ding schließlich, soweit es die
Kräfte zu lähmen. Wie zahm ist das, was, älteren Künstler angeht, eine nicht ganz er-
bei aller Anstrengung, unsere Delegierten in freuliche Tatsache, soweit sie die Jungen
England, Frankreich u. s. w. zusammengebracht betrifft. Von einer großen Anzahl an sich
haben! Von welcher Langeweile ist der beachtenswerter, ja zum Teil trefflicher
spanische Saal und bis zu welcher Qualitäts- Leistungen ist zu berichten, daß sie mehr
losigkeit herunter ist man da gestiegen! oder minder sind, wie die Bilder der be-
Temperamente sind unendlich selten in diesen treffenden Künstler in jedem der letzten Jahre
Sälen und hat man dann eins entdeckt — waren, und es mag darum vielfach ein bloßes
z. B. bei den Slaven! — und sieht näher zu — Aufzählen der Namen hier genügen. So sind
dann ist's auch keines! Den Ursachen dieser von bekannter Qualität die Landschaften von
Windstille über dem Ozean der Kunst nach- Ludwig und Josef Willroider, August
zuspüren, wäre nicht ohne Reiz, aber hier Fink, A.Thiele, Andersen-Lundby,Schmitz-
fehlt der Raum dazu. berger, Gilbert v. Canal, Karl Böhme,
Nachdem in den letzten Jahren der deutschen V.Petersen, die Bildnisse von Georg Pap-
Malerei der Mangel an Bewegung so oft und peritz, Erdtelt, Simm, Pernat, Holmberg,
laut und grob vorgehalten worden ist, tut es Wimmer, Räuber, Schmutzler; die leben-
doppelt wohl, zu sehen, daß sich hier digen, polnischen und orientalischen Szenen
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RICHARD KAISER AUFZIEHENDES GEWITTER
IX. Internationale Kunstausstellung in München
der Umgestaltung (oder Abschaffung) der doch immer noch am meisten rührt und sicher
großen Kunstakademien die Umwertung (oder eine Richtungslinie zu spüren ist, die nach
Abschaffung) der Kunstausstellungen die wich- vorwärts führt. Nicht gerade in der naturgemäß
tigste. Aber der Konkurrenzneid im Großen ganz ungleichartigen Gruppe der „Münchener
und die platte Erwerbsnot im Einzelnen Künstlergenossenschaft und Deutschland",
werden es vorderhand noch nicht dahin wo vom Besten bis zum Unmöglichen alle
kommen lassen. Wertebuntdurcheinandergeschütteltsind, aber
Auch die gegenwärtige Münchener Aus- bei der Sezession, der Luitpoldgruppe und
Stellung zeigt wieder diesen Zug von Müdig- der Scholle. In den Sälen der Genossen-
keit — im internationalen Westflügel des schaft fehlt es mehr als in den übrigen an
Glaspalastes noch mehr, wie im deutschen Ueberraschendem, an Neuem, ein selbstver-
Osttrakt. Ein Stillstand scheint überall die ständlich Ding schließlich, soweit es die
Kräfte zu lähmen. Wie zahm ist das, was, älteren Künstler angeht, eine nicht ganz er-
bei aller Anstrengung, unsere Delegierten in freuliche Tatsache, soweit sie die Jungen
England, Frankreich u. s. w. zusammengebracht betrifft. Von einer großen Anzahl an sich
haben! Von welcher Langeweile ist der beachtenswerter, ja zum Teil trefflicher
spanische Saal und bis zu welcher Qualitäts- Leistungen ist zu berichten, daß sie mehr
losigkeit herunter ist man da gestiegen! oder minder sind, wie die Bilder der be-
Temperamente sind unendlich selten in diesen treffenden Künstler in jedem der letzten Jahre
Sälen und hat man dann eins entdeckt — waren, und es mag darum vielfach ein bloßes
z. B. bei den Slaven! — und sieht näher zu — Aufzählen der Namen hier genügen. So sind
dann ist's auch keines! Den Ursachen dieser von bekannter Qualität die Landschaften von
Windstille über dem Ozean der Kunst nach- Ludwig und Josef Willroider, August
zuspüren, wäre nicht ohne Reiz, aber hier Fink, A.Thiele, Andersen-Lundby,Schmitz-
fehlt der Raum dazu. berger, Gilbert v. Canal, Karl Böhme,
Nachdem in den letzten Jahren der deutschen V.Petersen, die Bildnisse von Georg Pap-
Malerei der Mangel an Bewegung so oft und peritz, Erdtelt, Simm, Pernat, Holmberg,
laut und grob vorgehalten worden ist, tut es Wimmer, Räuber, Schmutzler; die leben-
doppelt wohl, zu sehen, daß sich hier digen, polnischen und orientalischen Szenen
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