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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Ostini, Fritz von: Die IX. Internationale Kunstausstellung im Münchener Glaspalast, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0600

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IX. INTERNAT. KUNSTAUSSTELLUNG IM MÜNCHENER GLASPALAST

Mai nicht eigen ist. Wenzel Wirkner hat
in seinen Bildern eine sinnige, innerliche
Art, die immer mehr zum eigenen Stil wird,
Erich Kuithan's Obsternte einen Schimmer
von Romantik, der den Gegenstand seltsam
verklärt, Ernst Liebermann's altertümlich
behagliche Bergstraße ist ähnlich durch-
klungen von einem liebenswürdigen Volks-
liedton und echte Poesie weht in Heinrich
Brünne's dunklem Sommerabendbild.

Eine ganze Anzahl von Treffern hat Karl
Blos zu verzeichnen, dessen ehrliche, selbst-
sichere Kunst jeden, aber auch jeden artisti-
schen Kunstgriff verschmäht und nur absolut
reine Werte bietet. Das Idealbildnis eines
Jünglings „Der Wanderer" steht an erster
Stelle, aber auch die beiden Mädchenbilder
und die zwei männlichen Porträts stehen
nicht nach. Voll Liebenswürdigkeit und an-
ziehender Betonung des Kindlichen ist Georg
Schuster-Woldan's Mädchenporträt und das
Konterfei eines robusten Waidmannes steht
in seiner Art nicht nach. Raffael Schuster-

Woldan ist vertreten durch eine geheimnis-
volle Komposition „Das Leben", in der eine
schöne nackte, mit einem Kinde kosende
Frau mit zwei bekleideten ernsthafteren Damen
kontrastiert. Himmlische und irdische Lebens-
auffassung? Gekonnt im Sinne der alten
Meister ist auch hier wieder vieles in hohem
Maße, aber ein bißchen mehr klaren und
frohen Gegenwartssinn möchte man dem talent-
vollen, vielumstrittenen Eklektiker dennoch
wünschen. Wie viel frisches, warm pul-
sierendes Leben war in Lenbach, dessen Vor-
bild doch wohl Raffael Schuster auf diese
Wege in der Malerei gebracht hat! Carl
Marr hat nur eine Kleinigkeit, einen
geschmackvoll in rechteckigen Rahmen kom-
ponierten Mädchenkopf ausgestellt. Adolf
Heller bleibt sich in seinem, nach ge-
wissen Engländern orientierten, breiten und
tonigen Vortrag gleich, nur fehlt es seinem
Fleisch manchmal ein wenig an Natürlichkeit
und Frische und er liebt gewagte Zusammen-
klänge in den Farben. Das große Prinz-

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