nicht ein Hauch von der Stimmung des achtzehn- matt erhellt, das zarte Wunder irgend eines
ten Jahrhunderts in diesen Gemälden, in den nackten weiblichen Körpers leuchtet. Er erzählt
liebenswürdig-tänzerischen Bewegungen der Fi- die romantischen Entzückungen venezianischer
guren, in der üppig-leichisinnigen Komposition, Nachtfeste, wo zwischen bunten Lampions und
in der arkadisch-heiteren, fast pastoralen Note Raketen, die eilig in den Himmel schlüpfen
mancher Freilicht-Szenen, die Gaston La Touche und selig daraus zurücksinken, die kalten
gemalt hat? Ich glaube, es läßt sich nicht hin- Lichtfünkchen der Sterne flimmern. Pelze, die
wegleugnen. Und mag auch die heutige Pariser sich duftig um feine Schultern schmiegen, das
Malerei längst andere, problematischere Wege entzückende Gewirre gefältelter Volants an
eingeschlagen haben, er setzt mit seinem rauschenden Toiletten, bacchantisch aufgebaute
Schaffen eine gute und echt französische Tra- Gruppen tafelnder Gäste, neckische Indiskre-
dition fort. In „sein" achtzehntes Jahrhundert tionen aus dem Leben zwischen Kulissen und
ist und bleibt Frankreich ja doch verliebt, Souffleurkasten, — überall dieselbe galant-ge-
wenn seine Maler heute auch im Louvre lieber nießerische Stimmung, dasselbe wohlgelaunte,
zu den alten Assyrern wallfahrten als zu kavalierhafte Leben. Immer ist die Luft bei
Boucher, Watteau und Fragonard. Gäb's keinen ihm etwas schwül, von Leidenschaften hold
anderen Beweis dafür, man könnte es am Kunst- erhitzt, von den Erregungen der Geselligkeit
gewerbe sehen: Der Louis XV.-Fauteuil steckt durchflutet und von einer höchst romantischen
jedem neufranzösischen Stuhle wie die Erb- Beleuchtung gleichsam dramatisch bewegt. Die
sünde im Leibe. Geheimnisse des Halbdunkels hat er nach
La Touche ist von Passion Geschichtenerzäh- allen Seiten hin erforscht, den Kampf zwischen
ler, Illustrator, mit einiger Neigung zum Roman- verschiedenen Lichtquellen hat er mit Feinheit
tischen, ja zum Märchenhaften. Manche alte und Geschmack auf seine malerischen Reize
Novelle voller Intrigen, Verkleidungen, Ueber- hin ausgebeutet. Selbst die Jungen lassen ihn,
raschungen könnte man sich von ihm illustriert bei aller herablassenden Geringschätzung für
denken. Er liebt die schwüle Luft verschwiegener seine erzählerischen Passionen, als Maler
Boudoirs, in denen, von verlorenen Reflexen einiger höchst pikanter Innenraum-Stimmungen
1 GASTON LA TOUCHE IN DER SÄNFTE
290
ten Jahrhunderts in diesen Gemälden, in den nackten weiblichen Körpers leuchtet. Er erzählt
liebenswürdig-tänzerischen Bewegungen der Fi- die romantischen Entzückungen venezianischer
guren, in der üppig-leichisinnigen Komposition, Nachtfeste, wo zwischen bunten Lampions und
in der arkadisch-heiteren, fast pastoralen Note Raketen, die eilig in den Himmel schlüpfen
mancher Freilicht-Szenen, die Gaston La Touche und selig daraus zurücksinken, die kalten
gemalt hat? Ich glaube, es läßt sich nicht hin- Lichtfünkchen der Sterne flimmern. Pelze, die
wegleugnen. Und mag auch die heutige Pariser sich duftig um feine Schultern schmiegen, das
Malerei längst andere, problematischere Wege entzückende Gewirre gefältelter Volants an
eingeschlagen haben, er setzt mit seinem rauschenden Toiletten, bacchantisch aufgebaute
Schaffen eine gute und echt französische Tra- Gruppen tafelnder Gäste, neckische Indiskre-
dition fort. In „sein" achtzehntes Jahrhundert tionen aus dem Leben zwischen Kulissen und
ist und bleibt Frankreich ja doch verliebt, Souffleurkasten, — überall dieselbe galant-ge-
wenn seine Maler heute auch im Louvre lieber nießerische Stimmung, dasselbe wohlgelaunte,
zu den alten Assyrern wallfahrten als zu kavalierhafte Leben. Immer ist die Luft bei
Boucher, Watteau und Fragonard. Gäb's keinen ihm etwas schwül, von Leidenschaften hold
anderen Beweis dafür, man könnte es am Kunst- erhitzt, von den Erregungen der Geselligkeit
gewerbe sehen: Der Louis XV.-Fauteuil steckt durchflutet und von einer höchst romantischen
jedem neufranzösischen Stuhle wie die Erb- Beleuchtung gleichsam dramatisch bewegt. Die
sünde im Leibe. Geheimnisse des Halbdunkels hat er nach
La Touche ist von Passion Geschichtenerzäh- allen Seiten hin erforscht, den Kampf zwischen
ler, Illustrator, mit einiger Neigung zum Roman- verschiedenen Lichtquellen hat er mit Feinheit
tischen, ja zum Märchenhaften. Manche alte und Geschmack auf seine malerischen Reize
Novelle voller Intrigen, Verkleidungen, Ueber- hin ausgebeutet. Selbst die Jungen lassen ihn,
raschungen könnte man sich von ihm illustriert bei aller herablassenden Geringschätzung für
denken. Er liebt die schwüle Luft verschwiegener seine erzählerischen Passionen, als Maler
Boudoirs, in denen, von verlorenen Reflexen einiger höchst pikanter Innenraum-Stimmungen
1 GASTON LA TOUCHE IN DER SÄNFTE
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