DOI Artikel:
Fortlage, Arnold: George Minne
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0393
Mienen jener beiden Jünglinge, die auf schwan- auf der vorigjährigen „Sonderbundausstellung"
kern Boot mit verschränkten Armen einander in Köln zu sehen, in der sich 14 Arbeiten aus
stützen; und zu höchster Ausdruckskraft ge- verschiedenem Material (Marmor, Holz und
steigert sind die leise atmenden nackten Bronze) befanden, kleinere und größere Rund-
Knabenkörper, die mit über der Brust gekreuz- plastiken, Reliefs und Grabmalsentwürfe, die
ten Armen und auf die Schulter gehobenen zur Genüge nicht nur Beleg waren für das
Händen um den Rand eines runden Brunnens starke Stilempfinden des Künstlers, sondern
herumknien in fünfmal wiederholtem Rhyth- auch für die Art, wie er in dem verschiedensten
mus, in den ruhigen Wasserspiegel nieder- Material seiner bildhauerischen Arbeit den
schauend. Die Flächen der Körper sind klar jeweils richtigen Ausdruck zu finden weiß,
gegeneinander abgesetzt und an den maß- Jenes lautere Ethos, von dem schon oben
gebenden Gelenken in fest aufeinanderstoßen- gesprochen wurde, mit einem Einschlag von
den Geschieben wie mit dem Messer ge- milder Fraulichkeit, liegt auch in dem Antlitz
schnitten. Von ähnlich magerer Schlankheit der Marmorbüste einer lieblichen und doch
der Formen und gleichfalls beinahe geschlechts- starken Frauenphysiognomie, gleichfalls im
los der jugendlich weibliche Marmorakt in Besitz des Folkwang-Museums zu Hagen. —
interessantestem Kontrapost (Sammlung Waern- Aber auch realistische Bildungen von strotzen-
dorfer-Wien); auch hier die Empfindung be- der Kraft befinden sich im Oeuvre Minnes, so
wegt, leidend, aber nicht geschraubt oder po- z. B. der männliche Torso, von derber Wucht
sierend. — Starke Ausdruckskraft mit einem anatomisch exakter Durchbildung, in vielem
Mindestmaß an Mitteln erreichte der Künstler übrigens erinnernd an einzelne Frühwerke
in der Marmorfigur des „Redners" (Abb. S.347), Auguste Rodins. Hierher gehört auch eine
geschlossen und von jeder Seite übersichtlich männliche Bronzebüste, ganz konzentrierte
und wirkungsvoll in der Behandlung der Sil- Energie, wie ein Renaissancemensch, in der
houette und der einfach klaren Formen, auch Technik gleichfalls wieder Rodin nahestehend,
ohne den Titel und ohne materiell ausgedrückte Besondere Erwähnung verdienen sodann in
Geste „sprechend", wie gewisse Volkstypen dem vielseitigen Schaffen des Künstlers die
der frühägyptischen Kleinplastik des sog. Alten Grabmäler, die seiner Art und Seelenstim-
Reichs. Dieses Werk, jetzt im Besitz des mung am meisten zu entsprechen scheinen. Er
Folkwang-Museums zu Hagen i. W., war auch hat bisher eine ganze Anzahl solcher Werke
g GEORGE MINNE AUFERSTEHUNG (MARMOR) g
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kern Boot mit verschränkten Armen einander in Köln zu sehen, in der sich 14 Arbeiten aus
stützen; und zu höchster Ausdruckskraft ge- verschiedenem Material (Marmor, Holz und
steigert sind die leise atmenden nackten Bronze) befanden, kleinere und größere Rund-
Knabenkörper, die mit über der Brust gekreuz- plastiken, Reliefs und Grabmalsentwürfe, die
ten Armen und auf die Schulter gehobenen zur Genüge nicht nur Beleg waren für das
Händen um den Rand eines runden Brunnens starke Stilempfinden des Künstlers, sondern
herumknien in fünfmal wiederholtem Rhyth- auch für die Art, wie er in dem verschiedensten
mus, in den ruhigen Wasserspiegel nieder- Material seiner bildhauerischen Arbeit den
schauend. Die Flächen der Körper sind klar jeweils richtigen Ausdruck zu finden weiß,
gegeneinander abgesetzt und an den maß- Jenes lautere Ethos, von dem schon oben
gebenden Gelenken in fest aufeinanderstoßen- gesprochen wurde, mit einem Einschlag von
den Geschieben wie mit dem Messer ge- milder Fraulichkeit, liegt auch in dem Antlitz
schnitten. Von ähnlich magerer Schlankheit der Marmorbüste einer lieblichen und doch
der Formen und gleichfalls beinahe geschlechts- starken Frauenphysiognomie, gleichfalls im
los der jugendlich weibliche Marmorakt in Besitz des Folkwang-Museums zu Hagen. —
interessantestem Kontrapost (Sammlung Waern- Aber auch realistische Bildungen von strotzen-
dorfer-Wien); auch hier die Empfindung be- der Kraft befinden sich im Oeuvre Minnes, so
wegt, leidend, aber nicht geschraubt oder po- z. B. der männliche Torso, von derber Wucht
sierend. — Starke Ausdruckskraft mit einem anatomisch exakter Durchbildung, in vielem
Mindestmaß an Mitteln erreichte der Künstler übrigens erinnernd an einzelne Frühwerke
in der Marmorfigur des „Redners" (Abb. S.347), Auguste Rodins. Hierher gehört auch eine
geschlossen und von jeder Seite übersichtlich männliche Bronzebüste, ganz konzentrierte
und wirkungsvoll in der Behandlung der Sil- Energie, wie ein Renaissancemensch, in der
houette und der einfach klaren Formen, auch Technik gleichfalls wieder Rodin nahestehend,
ohne den Titel und ohne materiell ausgedrückte Besondere Erwähnung verdienen sodann in
Geste „sprechend", wie gewisse Volkstypen dem vielseitigen Schaffen des Künstlers die
der frühägyptischen Kleinplastik des sog. Alten Grabmäler, die seiner Art und Seelenstim-
Reichs. Dieses Werk, jetzt im Besitz des mung am meisten zu entsprechen scheinen. Er
Folkwang-Museums zu Hagen i. W., war auch hat bisher eine ganze Anzahl solcher Werke
g GEORGE MINNE AUFERSTEHUNG (MARMOR) g
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