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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 38.1922-1923

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Grautoff, Otto: Nicolas Poussin
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https://doi.org/10.11588/diglit.14165#0199

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NICOLAS POUSSIN

NICOLAS POUSSIN

Nicolas Poussin ist einer der wandlungsreich- tionen eines Vorher oder Nachher nahelegen,
sten Maler aller Zeiten gewesen. In den hat Poussin in jener Zeit durch die Summierung
frühen Pariser Jahren und in der ersten römi- vieler Beobachtungen eine typische Situation
sehen Zeit erscheint er schwankend und un- geschaffen und diese Situation durch Reinigung
sicher. Einmal hat er sein Thema als Moment von allem Zufälligen und Momentanen beruhigt,
des bewegten Lebens dargestellt, ein anderes so daß alle Linien, Flächen und Farben der
Mal in einer Gruppe von typisierender Zuständ- Idee unterworfen, ihre Gesetzmäßigkeit aus
lichkeit deutlich gemacht, wieder ein anderes dieser abzuleiten scheinen. Die Bildgestaltung
Mal in epischer Art vorgetragen. Sein Farben- dieser Zeit war malerisch. In den Gruppen
aufbau war zeitweise koloristisch, zeitweise har- nehmen wir ein reiches Hinübergreifen von
monistisch, zuweilen extensiv, zuweilen legte er einem Plane zum anderen wahr, Tiefenillusionen
alles Gewicht auf die Intensivität eines Ge- durch Überschneidungen, optische auf Illusions-
samttones, auf den malerischen Eindruck. In Wirkungen zielende Auffassung. Sein Körper-
der frührömischen Epoche hat er durchweg ideal war durch Tizian und mittelbar durch
alles Geschehen ins Typische und Zuständliche die Antike bestimmt, von seinem französischen
erhoben. Ob seine Nymphen schlafend ruhen, Temperament neu geprägt. Diese Auffassung
einer Laute lauschen, einen antiken Gott krän- blieb bis etwa 1639 bestehen. Dagegen wurden
zen oder sich im Tanze schwingen — unsere von 1635 an die Gruppen plastischer vorgestellt.
Phantasie wird nie über den dargestellten Zu- Gleichzeitig tritt der Gesamtton hinter einem
stand hinausgezogen. Während eine Behand- extensiv bereicherten, harmonisch verwobenen
lung derartiger Themen als Momentbilder des Farbenornament zurück. Durch die zeichnerisch
bewegten Lebens, wie andere Künstler sie ihr differenzierte Durchbildung der Körper wird
Leben lang bevorzugten, die Vorstellungsassozia- deren antike Abstammung deutlicher.

Die Kuos: für Alle. XXXVIII. April 19*3

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