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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 43.1927-1928

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Duve, Helmuth: Carl Milles
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https://doi.org/10.11588/diglit.16477#0036

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den süßen Wohllaut des Muskelspiels unter der
Haut des weiblichen Körpers, der durch die
liebevolle Anteilnahme von Licht und Schat-
ten in seiner Erscheinung zart gedämpft wird.
Kraftvoller wirkt die muskulöse Najade in
Bronze,(icji4 - 16), gerade im Begriff, zwei spat-
telnde Fische in die Flut zurückzuwerfen, nicht
übermütig jauchzend, sondern kaum merklich
lächelnd und gemessen in Stellung und Gesichts-
ausdruck. Einer trunkenen Mänade mit er-
regt flatterndem Haar gleicht die auf einem
Delphin reitendeMeerjungfrau,,Sonnengliller,"
ein Prachtstück bildhauerischer Barockkunst
in Bronze. Ihr fast hermaphroditer Körper
wird durchflutet vom weichen Fluß der Bewe-
gung, die ihren Hauptakzent in der vom lin-
ken Arm über die Schulter in den rechten
Arm hinabgleitenden Kurve hat und in der
rhythmischen YVellung der Flossenbeine bei-
derseits leicht abklingt. Stärker noch wirkt die
spätere Replik in rotem Marmor als bildgewor-

dener Ausdruck dithyrambischer Lebenslust.
Ob in Milles künstlerischer Entwicklung noch
einmal ein entscheidender Einschnitt erfolgt,
durch eine etwaige Hinwendung zu symbo-
lischen Aufgaben monumentaler Art, ist schwer
vorauszusagen; augenblicklich ist er durch die
Ausführung verschiedener dekorati verBrunnen-
kompositionen derart in Anspruch genommen,
daß ihm wohl w enig Zeit zu innerer Sammlung
bleibt. Aber gewiß wird die Stunde kommen,
wo ihn nach einsamer Selbstbesinnung ver-
langen wird und wo er, im Kampf gegen tech-
nische und materiale Widerstände glücklich
Sieger geworden, den heiligen Krieg gegen sich
selbst erklären muß, um sich das tiefste und
stärkste Erleben abzutrotzen. Seine hohe
Menschlichkeit gibt uns Gewähr für das, was
wir noch von ihm zu erhoffen haben, und da
er erst im Sommer seines Schaffens steht, so
wird der Herbst gewiß reiche Früchte bringen.

Helmuth Duvc

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