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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 43.1927-1928

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Luz, Wilhelm August: Drei unbekannte Bildnisse von Ferdinand von Rayski
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https://doi.org/10.11588/diglit.16477#0221

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DREI UNBEKANNTE BILDNISSE VON FERDINAND

VON RAYSKI

Auf seiner Reise durch Süddeutschland hatte
Ferdinand vonRayski vvährendseines Würzburger
Aufenthalts im Jahre 1837 ein Verzeichnis seiner
Werke angelegt. Darin kommt unter Nr. 13 das
Bildnis eines Fürsten Taxis vor, das mit einem
Zusatz als Kniestück bezeichnet ist. Das Gemälde
war bisher verschollen. Weder Sigismund noch
Grautoff kennen es.

Auf Grund von umständlichen Nachforschungen
ist es der Gemälde-Galerie Carl Nicolai, Berlin
W. 10, geglückt, nicht allein dieses Bildnis
wieder aufzufinden, sondern dazu noch das
Gegenstück zu entdecken, welches die Gemahlin
des dargestellten Fürsten wiedergibt. Aus dem
gleichen Besitz kam weiter das Bildnis des Schwie-
gervaters des Fürsten Taxis zum Vorschein, wel-
ches, um alle Zweifel über die Autorschaft zu
beheben, mit dem Mühlstein und den ineinander
verschlungenen Initialen F. v. R. bezeichnet war.
Nach Grautoff hat Rayski diese Signatur vor der
bekannten mit den Hundeköpfen, d. h. vor dem
Jahre 1840 angewandt. Bilder mit dem Mühl-
stein-Zeichen sind sehr selten. Alle drei Gemälde
haben gleiche Größenmaße (126 cm hoch, 96 cm
breit), so daß man annehmen kann, daß sie
ursprünglich für die Ausstattung eines Raumes
gemalt waren und sich einer Galerie von Familien-
bildnissen einfügten. Auch in der Haltung der
Dargestellten und in deren Blickrichtung liegen
Entsprechungen vor, wrelche die Vermutung
rechtfertigen, daß diese Porträts mit Rücksicht
aufeinander komponiert waren.
Graf Karl von Einsiedel, der als sächsischer Ge-
sandter in München eine bedeutende gesellschaft-
liche Rolle gespielt hatte, erscheint als eleganter
Sechziger, den Beschauerin der Haltung des leb-
haften, derSituation gewachsenen Diplomaten an-
blickend. Die ungemeine Frische der Auffassung
setzt genaueste Bekanntschaft und ein beidersei-
tiges Eingehen auf die jeweiligen Absichten der
Haltung und der Darstellung zwischen Künstler
und Modell voraus. Mit der Familie der Grafen
von Einsiedel verknüpften den Maler seit seiner
Jugend enge Bande, war doch bei seiner Taufe
ein gewesener Leutnant Einsiedel Pate gestanden.
Auf Grund von Familiennachrichten steht es

fest, daß Graf Karl 1831 — 38 in Würzburg und
1838 bis zu seinem Tode im Jahre 1841 bei
der Familie seines Schwiegersohns in Nürnberg
lebte. In einer von diesen beiden Städten muß die
Modellsitzung stattgefunden haben.
Den Prinzen Carl Theodor von Thum und Taxis
hat Rayski in der Uniform von dessen bayerischem
Chevauxlegers-Regiment gemalt, als dessen Chef
und Inhaber vor der Front seiner Truppe stehend.
Barhaupt, den Raupenhelm in der Hand, erin-
nert er lebhaft an Rayskis Bildnis des Obersten
von Berge, jenem Prachtstück der Dresdner
Gemälde-Galerie aus dem Jahre 1831. Da laut
der vorliegenden Biographie dieses Mannes (als
Manuskript gedruckt München 186g) sämtliche
Ordensdekorationen nach dem Jahre 1837 fehlen,
ergibt sich mühelos mit dieser Zahl der terminus
ante quem. Neben den Linien kriegerischen
Mutes hat Rayski seinem Modell deutlich jene
liebenswürdigen Züge verliehen, welche das Bild
zu einem angenehmen Freunde werden lassen.
Viel freier als das vom Auftraggeber ursprüng-
lich wohl beabsichtigte Bepräsentationsstück,
stellt dieses Werk einen Höhepunkt der Malerei
im glanzvollen Schaffen des Meisters dar.
Die Gemahlin des Fürsten, die Prinzessin Julie,
eine geborene Gräfin von Einsiedel und die
Tochter jenes Mannes, welchen das erstbespro-
chene Bildnis darstellte, erscheint in weißem,
ausgeschnittenem Atlaskleid. Im Hinblick auf
die Charakterisierung der Persönlichkeit gegen-
über dem Bildnis des Prinzen die schwächere
Leistung, wie immerbei Bayski, ist dieses Damen-
bildnis einzigartig prachtvoll durch eine ganz
wunderbare Stoffbehandlung und seelische
Durchdringung. In diesem Punkte sucht das
Gemälde seinesgleichen innerhalb des Gesamt-
werkes.

Wiewohl diese beiden letzteren Bilder nicht
bezeichnet sind, liegen sie sowohl durch die
Familienüberlieferung, wie durch die Eindeutig-
keit der künstlerischen Handschrift unbedingt fest.
Für die Formgebung der stets behandschuhten
Hände lassen sich bis in die Einzelheiten der
Fingerhaltung hinein Analogien genug im aner-
kannten Opus des Künstlers finden. Auch bei

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