EIN WERK GEGENWÄRTIGER TIROLISCHER BILDNEREI
Die drei hier w iedergegebenen Figuren des
Tiroler Bildhauers Franz Santifaller sind ein
im Auftrage der Sladt Innsbruck geschaffenes
Werk, bestimmt für die Aufstellung in der
Einsegimngshalle des Slädliscben Friedhofs
Innsbruck, wo sie inzwischen Aufstellung gefun-
den haben.
Es sind drei überlebensgroße Holzfiguren, die
man, einmal erblickt, nicht wieder vergessen
wird, drei kaiyatidenhafle Holzplastiken! Jede
in sich geschlossen wie ein Baum und trotzdem
zusammengehörig gleich drei Bäumen des
Waldes. Drei weibliche Figuren unbestimmten
Alters, weder schön noch häßlich, herausge-
hauen, herausgeschnitzt aus je einem Stamm.
Obwohl sich die Fähigkeit des Künstlers am
Stein sicherlich nicht weniger gezeigt hätte —
ist doch die Steinplastik Santifallers eigentliches
Element — immerhin oder vielleicht gerade
deshalb kann man am Holz erst so recht deut-
lich ersehen, wie der Bildhauer sein Material
gebrauchte.
Es ist schwer, nicht pathetisch zu werden vor
dem im tiefsten getroffenen Zweck der Dar-
stellung, vor der erreichten Symbolhaftigkeit
dieser Gestalten.
Die drei ewigen Grundgefühle: der Glaube,
die Hoffnung und die Liebe—dargestellt durch
drei aufrecht stehende Frauen, die, nebeneinan-
der gesehen, mit den Händen zu geben und zu
empfangen scheinen, — deren geheimes Tun
eine Art Wechselwirkung ist, ein Ineinander-
fließen, ohne sich zu berühren.
Es sind daher vor allem die Hände und Arme,
deren Bewegungen der ganze Körper willig
nachgibt, denen sich alles vom Kopf bis zu den
Füßen, vom Kopftuch und dem an den Schläfen
vorquellenden Haar bis zum Durchbruch der
Knie am Gewände fügt.
Der Glaube: eine Frau mit einem quer über
den Körper nach links gestreckten Arm; sie
scheint mit der Rechten auf etwas hinzuweisen,
so stark und unabänderlich, daß schon allein
die Kraft dieser Gebärde stärken und festigen
kann. Die Linke ist beinahe gelähmt, es ist als
hätte ihr die Rechte alle Kraft weggenommen.
Notwendig erscheint die leichte Neigung des
Kopfes, das Beruhigende der Gesichtszüge, um
die Härte, den Willen, die Geistigkeit dieser
Gestalt ein wenig zu mildern, so daß man noch
an die Demut zu glauben vermag.
Irdisch bleibend, doch schon beinahe von über-
irdischer Wirkung ist die Gestalt der Hoffnung.
Aus dem tröstlichen Antlitz fällt ein milder
Schimmer. Die linke Hand, an die Brust erhoben,
offen und bereit, scheint etwas zu berühren,
was so zart und heilig ist, daß sie es kaum zu
berühren wagt. Die Rechte, bereits nachge-
hoben, erscheint noch einmal herabbewegt, um
hilfreich die Schicksale, die Seelen, empor-
zuziehen.
Aber in der Gestalt der Liebe ist alles geschehen
und erfüllt. Mit hochgehobenen Armen und
Händen umfängt sie den Raum als wolle sie
die Herzen aller an die Brust drücken.
Man sieht, es sind die sparsamsteu Mittel, mit
denen der Künstler in den Plastiken wirkt,
nichts Nebensächliches lenkt vom hohen Zweck
der Darstellung ab und darum trifft er den
Beschauer auch so tief. Freilich, wer sich an
die süßliche, überladene Ausdrucksweise gewis-
ser vergangener Manieren gewöhnte, der wird
sich vor diesem Werk unvermittelt getroffen
fühlen. Verwunderlich ist, daß ein Künstler von
dieser Stärke seine Geltung noch erkämpfen
muß. Das Echte und das — endlich einmal zu
Recht angewandte VN ort— Bodenständige muß
sich eben immer erst den Platz sichern, der ihm
von Natur aus zukommt.
Franz Santifaller hat ein Werk vollendet, darin
für mich alles ist, wonach ich im Werk eines
K ünst lers Verlangen habe. juiius Kicner, Innsbruck
108
Die drei hier w iedergegebenen Figuren des
Tiroler Bildhauers Franz Santifaller sind ein
im Auftrage der Sladt Innsbruck geschaffenes
Werk, bestimmt für die Aufstellung in der
Einsegimngshalle des Slädliscben Friedhofs
Innsbruck, wo sie inzwischen Aufstellung gefun-
den haben.
Es sind drei überlebensgroße Holzfiguren, die
man, einmal erblickt, nicht wieder vergessen
wird, drei kaiyatidenhafle Holzplastiken! Jede
in sich geschlossen wie ein Baum und trotzdem
zusammengehörig gleich drei Bäumen des
Waldes. Drei weibliche Figuren unbestimmten
Alters, weder schön noch häßlich, herausge-
hauen, herausgeschnitzt aus je einem Stamm.
Obwohl sich die Fähigkeit des Künstlers am
Stein sicherlich nicht weniger gezeigt hätte —
ist doch die Steinplastik Santifallers eigentliches
Element — immerhin oder vielleicht gerade
deshalb kann man am Holz erst so recht deut-
lich ersehen, wie der Bildhauer sein Material
gebrauchte.
Es ist schwer, nicht pathetisch zu werden vor
dem im tiefsten getroffenen Zweck der Dar-
stellung, vor der erreichten Symbolhaftigkeit
dieser Gestalten.
Die drei ewigen Grundgefühle: der Glaube,
die Hoffnung und die Liebe—dargestellt durch
drei aufrecht stehende Frauen, die, nebeneinan-
der gesehen, mit den Händen zu geben und zu
empfangen scheinen, — deren geheimes Tun
eine Art Wechselwirkung ist, ein Ineinander-
fließen, ohne sich zu berühren.
Es sind daher vor allem die Hände und Arme,
deren Bewegungen der ganze Körper willig
nachgibt, denen sich alles vom Kopf bis zu den
Füßen, vom Kopftuch und dem an den Schläfen
vorquellenden Haar bis zum Durchbruch der
Knie am Gewände fügt.
Der Glaube: eine Frau mit einem quer über
den Körper nach links gestreckten Arm; sie
scheint mit der Rechten auf etwas hinzuweisen,
so stark und unabänderlich, daß schon allein
die Kraft dieser Gebärde stärken und festigen
kann. Die Linke ist beinahe gelähmt, es ist als
hätte ihr die Rechte alle Kraft weggenommen.
Notwendig erscheint die leichte Neigung des
Kopfes, das Beruhigende der Gesichtszüge, um
die Härte, den Willen, die Geistigkeit dieser
Gestalt ein wenig zu mildern, so daß man noch
an die Demut zu glauben vermag.
Irdisch bleibend, doch schon beinahe von über-
irdischer Wirkung ist die Gestalt der Hoffnung.
Aus dem tröstlichen Antlitz fällt ein milder
Schimmer. Die linke Hand, an die Brust erhoben,
offen und bereit, scheint etwas zu berühren,
was so zart und heilig ist, daß sie es kaum zu
berühren wagt. Die Rechte, bereits nachge-
hoben, erscheint noch einmal herabbewegt, um
hilfreich die Schicksale, die Seelen, empor-
zuziehen.
Aber in der Gestalt der Liebe ist alles geschehen
und erfüllt. Mit hochgehobenen Armen und
Händen umfängt sie den Raum als wolle sie
die Herzen aller an die Brust drücken.
Man sieht, es sind die sparsamsteu Mittel, mit
denen der Künstler in den Plastiken wirkt,
nichts Nebensächliches lenkt vom hohen Zweck
der Darstellung ab und darum trifft er den
Beschauer auch so tief. Freilich, wer sich an
die süßliche, überladene Ausdrucksweise gewis-
ser vergangener Manieren gewöhnte, der wird
sich vor diesem Werk unvermittelt getroffen
fühlen. Verwunderlich ist, daß ein Künstler von
dieser Stärke seine Geltung noch erkämpfen
muß. Das Echte und das — endlich einmal zu
Recht angewandte VN ort— Bodenständige muß
sich eben immer erst den Platz sichern, der ihm
von Natur aus zukommt.
Franz Santifaller hat ein Werk vollendet, darin
für mich alles ist, wonach ich im Werk eines
K ünst lers Verlangen habe. juiius Kicner, Innsbruck
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