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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 43.1927-1928

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Passarge, Walter: Die Fresken von Kay H. Nebel in Schleswig
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https://doi.org/10.11588/diglit.16477#0322

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KAY H. NEBEL. MÖWEN

DIE FRESKEN VON KAY H. NEBEL IN SCHLESWIG

Im äußersten Norden Deutschlands, in Schles-
wig, ist im Laufe des vorletzten Jahres ein
Werk entstanden, das zweifellos als eine der
stärksten Leistungen neuerer deutscher Monu-
mental-Malerei zu werten ist. Im Auftrage des
Preußischen Ministeriums für Wissenschaft,
Kunst und Volksbildung hat Professor Kay
H. Nebel, der seit einigen Jahren als Lehrer an
der Kunstakademie in Kassel wirkt, den Sitzungs-
saal des Kreishauses mit Fresken ausgemalt.
Der Charakter des Fresko ist rein gew ahrt, die
körnige Struktur des Putzes gibt dem Ganzen
einen handwerklich-stofflichen Reiz. Auf diesen
Putz ist die Farbe leicht und dünn aufgetragen.
Als breites lichtes Band umziehen die Gemälde
den etwas dunklen Raum,ihmHelleundatmende
Weite gebend. Die Bilder jeder Wand sind zu
einer kompositionellen Einheit zusammen-
gefaßt, die durch ein Weiterschwingen der Be-
wegungsenergien von einem zum andern Bilde
gewonnen wird.

Wir beginnen mit der Hauptwand. Links die
„Kartoffelernte" (Abb. S. 293). Vor den schich-
tenden Horizontalen der Landschaft erwächst
die Gruppe von sechs jungen Frauen, teils
ruhend, teils arbeitend, in einer Ebene parallel
zur Wandfläche: ein Spalier von Leibern.
Die Struktur des Geländes betont die Gliede-
rung der Gruppe. Die senkrecht herablaufende
Pfahlreihe markiert den Einschnitt zwischen
der dritten und vierten Frau. So werden jedes-
mal drei Gestalten zu einer Beziehungseinheit
zusammengeschossen. Den Drehpunkt der
linken Gruppe bildet die prächtige zweite Figur.
Diese Gestalt ist ganz von Energien gestrafft,
die bis in die Falten ausstrahlen, die sich wie
pulsende Adern über Rock und Mieder ziehen.
Ist in den Linien der mittleren alles schwingende
Bewegung, so sind die Formen der seitlichen
ins Flächige und Glatter-Gewclbte beruhigt.
Gerade entgegengesetzt ist das Kräftespiel der
zweiten Gruppe; die mittlere Frau ruhend, die

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