Kunstbibliothsk
Staatliche Müssen
zu Berlin
ADOLF DIETRICH. WIN TER G ÄSTE
DER MALER DIETRICH
Von dem Tagelöhner Adolf Dietrich, der am
Bodensee malte, wenn er nicht gerade mit
Holzfällen oder andern Diensten für die hei-
matliche Gemeinde Berlingen beschäftigt war,
drang, obwold er bald 50 Jahre alt ist, bisher
nur sagenumhüllte Kunde in die offizielleKunst-
welt. Zwar ist er schon seit geraumer Zeit „ent-
deckt", in der Schweiz und in Süddeutschland
hatte man seine Bilder gezeigt, verkauft, zum
Teil auch schon an Museen, aber man nahm
Die "Wiedergabe der in diesem Aufsatze gezeigten Werke
erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Herbert
Tannenbaum Das Ivunsthaus,. Mannheim.
allgemein noch keine weitere Notiz von dem
Arbeiterkünstler. Nun hat die fortschrittlichste
der Berliner Galerien (Neumann - Nierendorf)
eine große Ausstellung seiner Bilder veranstaltet
und nun zählt er mit, die Presse hat sich seiner
bemächtigt, man preist ihn als Phänomen, als
den deutschen Henri Rousseau usw. Möge seine
selig kindhafte Schlichtheit diesen späten, aber
lauten Ruhm glücklich überstehen, möge ei-
nteilt durch die Erkenntnis beirrt werden,
daß Andacht vor der Natur, Lnmittelbarkeit
des Erlebens, Reinheit der Gesinnung zu den
Dingen zählen, die auf dem Kunstmarkt ge-
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Staatliche Müssen
zu Berlin
ADOLF DIETRICH. WIN TER G ÄSTE
DER MALER DIETRICH
Von dem Tagelöhner Adolf Dietrich, der am
Bodensee malte, wenn er nicht gerade mit
Holzfällen oder andern Diensten für die hei-
matliche Gemeinde Berlingen beschäftigt war,
drang, obwold er bald 50 Jahre alt ist, bisher
nur sagenumhüllte Kunde in die offizielleKunst-
welt. Zwar ist er schon seit geraumer Zeit „ent-
deckt", in der Schweiz und in Süddeutschland
hatte man seine Bilder gezeigt, verkauft, zum
Teil auch schon an Museen, aber man nahm
Die "Wiedergabe der in diesem Aufsatze gezeigten Werke
erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Herbert
Tannenbaum Das Ivunsthaus,. Mannheim.
allgemein noch keine weitere Notiz von dem
Arbeiterkünstler. Nun hat die fortschrittlichste
der Berliner Galerien (Neumann - Nierendorf)
eine große Ausstellung seiner Bilder veranstaltet
und nun zählt er mit, die Presse hat sich seiner
bemächtigt, man preist ihn als Phänomen, als
den deutschen Henri Rousseau usw. Möge seine
selig kindhafte Schlichtheit diesen späten, aber
lauten Ruhm glücklich überstehen, möge ei-
nteilt durch die Erkenntnis beirrt werden,
daß Andacht vor der Natur, Lnmittelbarkeit
des Erlebens, Reinheit der Gesinnung zu den
Dingen zählen, die auf dem Kunstmarkt ge-
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