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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 43.1927-1928

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Frerking, Johann: Künstlerbund-Ausstellung im Kunstverein Hannover
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Schürer, Oskar: Skulptur und Motiv
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https://doi.org/10.11588/diglit.16477#0292

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Carl Hofer zeigt sein Wesen und Können, die
Sicherheil des Wollens und die Festigkeit des
Aufbaus am besten in einer „Ballspiclerin".
Sein Einfluß unter den Jungen wächst und
ist nicht nur bei seinen unmittelbaren Schü-
lern Werner Laves und Ernst Wilhelm Nay
zu spüren, sondern auch in Ernst Fritschs
„Badenden" und Bernhard Kretzschmars
„Susanna" und dem Eandschaftsbild „Say-
da". Auch Max Kaus, dessen „Mädchen am
Fenster" einen Preis davongetragen hat, ist
Hofer tief verpflichtet; aber er ist weicher,
lvrischer an Farbenklänge hingegeben als
jener.

Als interessantere Erscheinungen in dieser Aus-
stellung sind noch zu nennen: Jankel Adler,
dessen „Katzen" von nicht gewöhnlicher, wenn
auch noch stark in Gärung begriffener Bega-
bung zeugen; Porträts von Gert Heinrich YS oll-
heim, Paul Altherr, Adolf Strübe und Augusla
v. Zitzewitz; eine Mug auf Wirkung gearbeitete
Harzlandschaft von Aunot, „Felsen im Rhone-
tal" von Kurt v. Keudell, ein kleines Familien-
bild von Heinrich Schwarz; die „Badenden"
von Hermann Huber; einiges von Wolf Hoff-
mann, Artur Degner, Otto Herbig und Maria
Slavona. George Grosz zeigt neben einer seiner
virtuosen aufreizenden Konfrontalionen „Drin-
nen und Draußen" ein kühl gekonntes
Stilleben. Oskar Schlemmer und Willi Bau-

meister weisen verschiedene Stationen zwischen
Stilisierung und Abstraktion. Auf Wassil}"
Kandinskys neuen Gemälden macht sich eine
wachsende Starre bemerkbar; an Stelle der frü-
heren stürmischen und zwingenden Bewegung
wird jetzt eine schwelgerisch verharrende Woll-
lust tiefer Farben als herrschendes Moment
deutlich, eine Erscheinung, die ähnlich auch
auf Heinrich Campendonks neuen Bildern zu-
tage tritt.

Unter den hannoverschen Malern sind zwei
eines Preises gewürdigt worden. Otto Gleich-
manns „Zirkus" ist ein starkes Bild, in dem ein
tiefes Gefühl für das Spukhafte und Groteske
menschlicher Belustigungen sichere Gestalt
gewonnen hat; auch zwei andere Malereien
beweisen klar den Fortschritt des Malers.
Richard Seifferts -Wattenbergs Mädchenbild
zeigt die versonnen zwischen den Wellen nach
dauerhafter Schönheit suchende Eigenart seines
Urhebers ebenso wie eine „Blaue Landschaft".
August Heitmüller ist mit zwei besonders ge-
schlossenen Stücken, einem Flerrenbildnis und
einer dunklen Landschaft, sehr gut und charak-
teristisch vertreten. Bernhard Dörries offenbart
in einem Knabenbild und einem Stilleben eine
sanfte und reine Kraft. Ischi v. König, Kurt
Hensel, Wilhelm Horchler geben jeder auf seine
Art weitere Beweise vom VN ollen und Können
in der Ausstellungsstadt. Johann Frerking

SKULPTUR UND MOTIV

Die freieste unter den bildenden Künsten — vom
Motiv aus betrachtet — ist die Malerei, die ge-
bundenste die Architektur. Zwischen ihnen steht
die Skulptur: zweckfrei wie die Malerei, aber
ans Motiv gebunden: nur das Geschöpf kann
ihm Anlaß werden zur Gestaltung. Schon das
Pflanzliche versagt sich ihm und erstarrt ins
Ornament, alles Unorganische wird aber nur

Plastik, nie Skulptur. Die frühesten Skulpturen
bildeten nur den Leib des Menschen. Als der
Tierleib eindrang in die skulpturale Motivwelt,
war es zuerst doch nur als tierphantastischeVer-
zerrungdesMenschlichen.DienaturalistischeEr-
oberung des Tiermotivs durch die Skulptur ist
die Tat hoher Entwicklung. (Von Negerplastik
abgesehen.) Das Maß aller skulpturalen Kunst

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