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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 43.1927-1928

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Wiegrefe, A. W.: Schlüssellochbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.16477#0146

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ALBERT BIRKLE. BEURON

SCHLÜSSELLOCHBILDER

Eine merkwürdige Überschrift, wird mancher
denken, der nicht weiß oder beachtet hat, wie
sich ein Blattgewächs, ein menschliches Gesicht
durch ein Schlüsselloch oder eine enge Öffnung
gesehen, vom Aussehen bei freiem Anschauen
unterscheidet. Es gibt heutzutage viele Bilder,
die so gemalt sind, als wären sie durch eine enge
Öffnung empfunden.

Das Auge ist beim Betrachten durch ein Schlüs-
selloch inseinernalürlichen Bewegunggehemmt.
Es vermag im wesentlichen nur in einer einzigen
Richtung zu sehen. Uneingeschränkt würde es
sich — wie die Wissenschaft festgestellt hat—
unwillkürlich über den zu erfassenden Gegen-
stand hin und her bewegen, wobei es sich an-
nähernd um ein Bewegungszentrum drehen

würde. Das gilt natürlich für beide Augen. Diese
schnellen Bewegungen um den sogenannten
Augendrehpunkt kommen uns im allgemeinen
nicht zum Bewußtsein, und das hat dazu geführt,
daß man lange vermeinte, das Augearbeile beim
Sehen wie die Linse eines Lichtbildapparates.
Versucht man nun, durch ein Schlüsselloch
Gegenstände zu betrachten oder eignet man sich
die Fähigkeit an, die Umwelt auch ohne enge
Öffnung mit starren, festgehaltenen Augen an-
zusehen,so wird man Überraschtsein,wie deutlich
sich die Ähnlichkeit mit modernen Bildern er-
gibt. Die Helligkeit ist wie bei diesen auf eine
Hauptrichtung, die des starren Sehens, gesam-
melt, der Rand dementsprechend wesentlich
matter als gewöhnlich gestaltet. Woher mag

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