Die Arbeiten von Hermann Binz, die hier ver-
öffentlicht sind, zeigen uns das Resultat dieser
Entwicklung in einigen ausgewählten Beispie-
len. Es sind Entwürfe zu freien Komposi-
tionsstudien. Für die Ausführung in Stein und
Marmor gedacht, behandeln sie das Lieblings-
thema der Binzschen Kunst: die Musik der
Linien des weihlichen Körpers in einer stil-
vollen, ins Monumentale strebenden Einfachheit
der Formbehandlung. Charakteristisch für die
Kunst von Hermann Binz ist die Natürlichkeit
des Ausdrucks. Modern im guten Simie des
Wortes, hält er sich doch frei von allen Extre-
men der Modernität. Er steht immer auf dem
gesunden Boden der Natur. Das kann als ein
EINE GESCHICHTE DER
Seit Jahren hat man auf diesen zweiten und in
vielem Betracht wichtigeren Teil der Münchner
Malerei-Geschichte gewartet, deren ersten Teil
der inzwischen allzu früh verstorhene Budolf
Oldenbourg geschrieben hatte. Für die Bear-
beitung des zweiLen Teils, der bei dem Jahre
1850 mit den romantischen Landschaftern ein-
setzt und mit jenen Künstlern abschließt, die
zur Münchner Secession zusammentraten, war
von Anbeginn der Münchner Kunsthistoriker
Professor Hermann Lhde-Bernays ausersehen,
der viele der von ihm geschilderten, gewerte-
len und beurteilten Vorgänge im Münchner
Kunstleben miterlebt und viele der genannten
künsl terischen Persönlichkeiten noch persönlich
gekannt hat. Man muß also von einer „erlebten
Kunstgeschichte" sprechen, ein Begriff, der
ebensogut ein Lob wie ein Tadel sein kann, hier
aber absolut als ein Vorteil anerkannt werden
muß, denn er gibt dem Buch seine Frische,
seine unmittelbare YS irkung, seine Lebendigkeit.
Das kommt schon in der übrigens von Uhde-
Bernays im Benehmen mit Oldenbourg getrof-
fenen Anordnung des~ Stoffes zum Ausdruck,
* Hermann Uhde-Bernays, Die Münchner Malerei im 19. Jahr-
hundert. II. Teil 1850- 1900. München, Verlag F. Bruck-
mann A.-G.
besonderer Vorzug gelten in einer Zeit, in der
das Streben nach ^ ergeistigung nur allzuleicht
zum Manierismus verführt. Davon ist die Kunst
von Hermann Binz völlig frei.
Ein eigenes Mißgeschick hat es übrigens gefügt,
daß das bedeutendste Werk von ihm bis jetzt
unvollendet geblieben ist. Es ist das Reitersland-
bild Großherzog Friedrichs 1. von Baden. Der
Entwurf, den Binz im Verein mit dem Archi-
tekten Hans Großmann ausgearbeitet hatte,
hatte in einem größeren Wettbewerb gesiegt
und war zur Ausführung bestimmt worden.
Dann kam aber der Krieg mit seinen Folgen
und hat die Aufstellung des Denkmals in un-
bestimmte Ferne gerückt. Prof. Karl Widmer
MÜNCHNER MALEREI *)
in der Auswahl der als Führer und Spitzenper-
sönlichkeiten ausführlicher behandelten Künst-
ler, in der Einflechlung von Anekdoten in die
mehr entwicklungsgeschichtlich gedachten Ka-
pitel und in dem mitreißenden Stil, in dem das
Buch geschrieben ist: einige Abschnitte sind
in diesem Betracht geradezu meisterhaft ge-
staltet, dem Besten ebenbürtig, was wir in der
langen Reihe der Werke von Uhde-Bernavs
besitzen. Was so selten sich begibt, blieb Uhde-
Bernays vorbehalten: er vermag es, Kunstge-
schichte spannend zu schreiben. Die Gefahr
und das Bedenken, daß darüber die für den
Geschieht Schreiber unerläßliche Distanz zu
Begebenheiten und Persönlichkeiten verloren
geht, besteht natürlich auch hier; aber Takt
und Geschmack haben Uhde-Bernays vor Ent-
gleisungen bewahrt. Wie schwer es fallen
mochte, stets den richtigen Ton zu treffen, da
eine Reihe der behandelten Persönlichkeiten,
gleichsam Darsteller in diesem Schauspiel der
Münchner Kunst, noch unter den Lebenden
weilt, aber im Flusse dieser Kunstgeschichte „sub
specie aeterni" zu betrachten war, kann man
empfinden. Es ist einer der Ruhmestitel des
Buchesund seines Autors, daß er beideszu verei-
nen wußte: niemanden zu verletzen und doch
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öffentlicht sind, zeigen uns das Resultat dieser
Entwicklung in einigen ausgewählten Beispie-
len. Es sind Entwürfe zu freien Komposi-
tionsstudien. Für die Ausführung in Stein und
Marmor gedacht, behandeln sie das Lieblings-
thema der Binzschen Kunst: die Musik der
Linien des weihlichen Körpers in einer stil-
vollen, ins Monumentale strebenden Einfachheit
der Formbehandlung. Charakteristisch für die
Kunst von Hermann Binz ist die Natürlichkeit
des Ausdrucks. Modern im guten Simie des
Wortes, hält er sich doch frei von allen Extre-
men der Modernität. Er steht immer auf dem
gesunden Boden der Natur. Das kann als ein
EINE GESCHICHTE DER
Seit Jahren hat man auf diesen zweiten und in
vielem Betracht wichtigeren Teil der Münchner
Malerei-Geschichte gewartet, deren ersten Teil
der inzwischen allzu früh verstorhene Budolf
Oldenbourg geschrieben hatte. Für die Bear-
beitung des zweiLen Teils, der bei dem Jahre
1850 mit den romantischen Landschaftern ein-
setzt und mit jenen Künstlern abschließt, die
zur Münchner Secession zusammentraten, war
von Anbeginn der Münchner Kunsthistoriker
Professor Hermann Lhde-Bernays ausersehen,
der viele der von ihm geschilderten, gewerte-
len und beurteilten Vorgänge im Münchner
Kunstleben miterlebt und viele der genannten
künsl terischen Persönlichkeiten noch persönlich
gekannt hat. Man muß also von einer „erlebten
Kunstgeschichte" sprechen, ein Begriff, der
ebensogut ein Lob wie ein Tadel sein kann, hier
aber absolut als ein Vorteil anerkannt werden
muß, denn er gibt dem Buch seine Frische,
seine unmittelbare YS irkung, seine Lebendigkeit.
Das kommt schon in der übrigens von Uhde-
Bernays im Benehmen mit Oldenbourg getrof-
fenen Anordnung des~ Stoffes zum Ausdruck,
* Hermann Uhde-Bernays, Die Münchner Malerei im 19. Jahr-
hundert. II. Teil 1850- 1900. München, Verlag F. Bruck-
mann A.-G.
besonderer Vorzug gelten in einer Zeit, in der
das Streben nach ^ ergeistigung nur allzuleicht
zum Manierismus verführt. Davon ist die Kunst
von Hermann Binz völlig frei.
Ein eigenes Mißgeschick hat es übrigens gefügt,
daß das bedeutendste Werk von ihm bis jetzt
unvollendet geblieben ist. Es ist das Reitersland-
bild Großherzog Friedrichs 1. von Baden. Der
Entwurf, den Binz im Verein mit dem Archi-
tekten Hans Großmann ausgearbeitet hatte,
hatte in einem größeren Wettbewerb gesiegt
und war zur Ausführung bestimmt worden.
Dann kam aber der Krieg mit seinen Folgen
und hat die Aufstellung des Denkmals in un-
bestimmte Ferne gerückt. Prof. Karl Widmer
MÜNCHNER MALEREI *)
in der Auswahl der als Führer und Spitzenper-
sönlichkeiten ausführlicher behandelten Künst-
ler, in der Einflechlung von Anekdoten in die
mehr entwicklungsgeschichtlich gedachten Ka-
pitel und in dem mitreißenden Stil, in dem das
Buch geschrieben ist: einige Abschnitte sind
in diesem Betracht geradezu meisterhaft ge-
staltet, dem Besten ebenbürtig, was wir in der
langen Reihe der Werke von Uhde-Bernavs
besitzen. Was so selten sich begibt, blieb Uhde-
Bernays vorbehalten: er vermag es, Kunstge-
schichte spannend zu schreiben. Die Gefahr
und das Bedenken, daß darüber die für den
Geschieht Schreiber unerläßliche Distanz zu
Begebenheiten und Persönlichkeiten verloren
geht, besteht natürlich auch hier; aber Takt
und Geschmack haben Uhde-Bernays vor Ent-
gleisungen bewahrt. Wie schwer es fallen
mochte, stets den richtigen Ton zu treffen, da
eine Reihe der behandelten Persönlichkeiten,
gleichsam Darsteller in diesem Schauspiel der
Münchner Kunst, noch unter den Lebenden
weilt, aber im Flusse dieser Kunstgeschichte „sub
specie aeterni" zu betrachten war, kann man
empfinden. Es ist einer der Ruhmestitel des
Buchesund seines Autors, daß er beideszu verei-
nen wußte: niemanden zu verletzen und doch
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