Julius Schnorr von Carolsfeld. Die Villa Taverna bei der Villa Falconieri, Frascati
Zweifarbig getuschte Federzeichnung. — Kupferstichkabinett, Dresden
Julius Schnorr von Carolsfeld als Zeichner. Von Ulrich christoffei
Julius Schnorr von Carolsfeld. der 1796 als Sohn
eines Malers in Leipzig geboren wurde, erregte
schon in Wien, wo er seit 1811 als Schüler und
junger Künstler im Kreise der Dessauer Brüder
Olivier lebte, durch seine Begabung im Zeichnen
und Erfinden Aufsehen, so daß Peter Cornelius ihn
aufforderte, nach Rom zu kommen und sich dem
Freundschaftsbund der Nazarener anzuschließen.
Schnorr folgte der Einladung und traf nach einer
längeren Reise am 25. Januar 1818 in Rom ein. wo
er bald zu den Arbeiten in der Villa Massirni zu-
gezogen wurde und in den Wandmalereien zum
Ariost seine Leichtigkeit im Zeichnen, dramatischen
Komponieren und in der dekorativen Aufteilung
der Fläche glänzend zur Geltung brachte. Es war
ganz im Sinne der Zeit, wenn ihm Raffael und
Michelangelo ..gar nicht gefallen" wollten und er
allein „die Darstellung der ältesten Meister über
alle Begriffe schön fand"'. In einer Reihe von Bil-
dern wie der Hochzeit zu Kanaan. Jakob und Rahel
am Brunnen, Bathseba suchte er sich im Sinne der
frühen Meister und im Sinne Overbecks in die bib-
lischen Stoffe einzuleben, aber es zeigte sich bald,
daß seinem kräftigen, sinnlichen Temperament die
romantischen und die historischen Stoffe näher
lagen und daß die plastisch bewegte Handlung und
Gruppierung der Figuren das Gebiet waren, auf
dem er sich vor allen andern Deutschrömern aus-
zeichnen sollte. Als Kronprinz Ludwig von Bayern
nach Rom kam und von den jungen deutschen
Künstlern als Gesinnungsgenosse gefeiert wurde,
trat auch Schnorr mit seinem spätem Gönner in
Beziehung und begeistert schrieb er seinen Eltern:
„Er nimmt unbeschreiblichen Anteil an den Künst-
lern, besonders den Frescomalern und wie es scheint,
geht er ernstlich damit um. bedeutende Werke in
dieser Malerei ausführen zu lassen. Er sagt, wir
sollen uns nur recht üben." Schnorr liebte Rom und
das italienische Leben, besonders, weil das einfache
Landvolk dem Künstler in seinen Sitten und in
seiner Haltung unerschöpfliche Anregungen bot,
aber er war auch immer von Sehnsucht nach
Deutschland erfüllt und fühlte, daß er dem Xorden
angehörte. ..Müßte ich hier bleiben", schrieb er an
einen Freund, „und würden mir die Kanäle war-
men geistigen Lebens, das im Vaterlande hervor-
Kunst f. Alle, Jahrg. 58, Heft 2, November 1937
25
Zweifarbig getuschte Federzeichnung. — Kupferstichkabinett, Dresden
Julius Schnorr von Carolsfeld als Zeichner. Von Ulrich christoffei
Julius Schnorr von Carolsfeld. der 1796 als Sohn
eines Malers in Leipzig geboren wurde, erregte
schon in Wien, wo er seit 1811 als Schüler und
junger Künstler im Kreise der Dessauer Brüder
Olivier lebte, durch seine Begabung im Zeichnen
und Erfinden Aufsehen, so daß Peter Cornelius ihn
aufforderte, nach Rom zu kommen und sich dem
Freundschaftsbund der Nazarener anzuschließen.
Schnorr folgte der Einladung und traf nach einer
längeren Reise am 25. Januar 1818 in Rom ein. wo
er bald zu den Arbeiten in der Villa Massirni zu-
gezogen wurde und in den Wandmalereien zum
Ariost seine Leichtigkeit im Zeichnen, dramatischen
Komponieren und in der dekorativen Aufteilung
der Fläche glänzend zur Geltung brachte. Es war
ganz im Sinne der Zeit, wenn ihm Raffael und
Michelangelo ..gar nicht gefallen" wollten und er
allein „die Darstellung der ältesten Meister über
alle Begriffe schön fand"'. In einer Reihe von Bil-
dern wie der Hochzeit zu Kanaan. Jakob und Rahel
am Brunnen, Bathseba suchte er sich im Sinne der
frühen Meister und im Sinne Overbecks in die bib-
lischen Stoffe einzuleben, aber es zeigte sich bald,
daß seinem kräftigen, sinnlichen Temperament die
romantischen und die historischen Stoffe näher
lagen und daß die plastisch bewegte Handlung und
Gruppierung der Figuren das Gebiet waren, auf
dem er sich vor allen andern Deutschrömern aus-
zeichnen sollte. Als Kronprinz Ludwig von Bayern
nach Rom kam und von den jungen deutschen
Künstlern als Gesinnungsgenosse gefeiert wurde,
trat auch Schnorr mit seinem spätem Gönner in
Beziehung und begeistert schrieb er seinen Eltern:
„Er nimmt unbeschreiblichen Anteil an den Künst-
lern, besonders den Frescomalern und wie es scheint,
geht er ernstlich damit um. bedeutende Werke in
dieser Malerei ausführen zu lassen. Er sagt, wir
sollen uns nur recht üben." Schnorr liebte Rom und
das italienische Leben, besonders, weil das einfache
Landvolk dem Künstler in seinen Sitten und in
seiner Haltung unerschöpfliche Anregungen bot,
aber er war auch immer von Sehnsucht nach
Deutschland erfüllt und fühlte, daß er dem Xorden
angehörte. ..Müßte ich hier bleiben", schrieb er an
einen Freund, „und würden mir die Kanäle war-
men geistigen Lebens, das im Vaterlande hervor-
Kunst f. Alle, Jahrg. 58, Heft 2, November 1937
25