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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 53.1937-1938

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Schumann, Werner: Ein neues Porträt von Caspar David Friedrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.16486#0232

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Willy Kriegel. Herbst

Ein neues Porträt von Caspar David Friedrich. Von Werner Schumann

Unter den zahlreichen Neuerwerbungen des han-
noverschen Landesmuseums in letzter Zeit darf als
das künstlerisch wertvollste und interessanteste
Bild ein Porträt von Caspar David Friedrich an-
gesehen werden. Es ist das „Bildnis eines älteren
Mannes'' und stammt aus dem Nachlaß eines En-
kels des großen Romantikers, des Professors Harald
Friedrich, Hannover. Wir kennen Friedrich, von
seinem Selbstporträt und einigen wenigen, unbe-
deutenden Bildnissen abgesehen, fast ausschließlich
als Landschafter, dessen Gestalten, andachtsvoll
versunken, völlig im Bilde aufgehen und dem Be-
trachter meistens den Rücken zukehren. Das jetzt
angekaufte Porträt, ein Meisterwerk von seltener
Eindringlichkeit und Ausdruckskraft, zeigt den Ge-
stalter der nordischen Landschaft von einer gänz-

lich neuen Seite. Mit großer Wahrscheinlichkeit
stammt es aus den mittleren Jahren des Malers.
Der ausgeprägte Kopf des „älteren Mannes'' mit
seinen prüfend in die Welt blickenden grauen
Augen, der gewitzten schmalen Nase und der ge-
sunden Rosatönung des Gesichts verrät einen
fälisch-nordischen Typus. Hinter der hohen, wil-
lensstarken Stirn mögen nicht immer die reinsten
und edelsten Gedanken gespielt haben. Das Porträt
in seiner beinah klassizistischen Strenge und der
dunkelbraunen Farbe des einfachen Rockes mit
hochgewölbtem Kragen wirkt jedenfalls ganz un-
romantisch. Es stellt, im Gegensatz zu der leisen
Weltflucht der zarten Friedrich'schen Landchaften,
einen Mann aus dem ersten Drittel des vorigen
Jahrhunderts dar, der ganz in dieser Welt lebt.

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