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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 53.1937-1938

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Martius, Elisabeth: Ein neues Werk von Theodor Rehbenitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.16486#0125

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Carolsfeld und den beiden Brüdern Olivier nahe
trat. Rehbenitz, Schnorr und Friedrich von Olivier
wohnten dann in Rom als die ..drei Kapitoliner" im
Palazzo Caffarelli in inniger Freundschaft zusam-
men. Über Gemälde, die Rehbenitz in dieser ersten
römischen Zeit gemalt hat. wissen wir zu wenig,
um über seine Entwicklung etwas zu sagen, doch
bietet der offenbar vollständig erhaltene Nachlaß
der Zeichnungen Gelegenheit, die lückenhafte Vor-
stellung zu ergänzen. Denn es gibt nicht nur zu
allen Bildern, die wir kennen, zeichnerische Vor-
stufen, und zwar meist mehrere, die den Bildgedan-
ken wiederholen, ohne ihn im allgemeinen stark zu
ändern und selten zu verbessern, sondern darüber
hinaus gibt es Entwürfe, die nicht ausgeführt sind
oder deren Ausführung noch unbekannt ist. Zu un-
serem Bilde „Christus und die Samariterin" gibt
es zwei Zeichnungen (Lübeck, Dommuseum), von
denen die eine unmittelbare Vorlage ist, die andere
eine flüchtige Skizze, die unter Beibehaltung der
Hauptfiguren einen einfacheren Bildzusammen-
hang gibt und wohl einen ersten Entwurf bedeuten
dürfte. Die erstgenannte Zeichnung ist über Blei-
stiftvorarbeit in brauner Feder ausgeführt und
braun in Flächen ausgetuscht, eine Technik voll
zarter Wirkung, die Rehbenitz für Bildentwürfe
offenbar sehr geliebt hat. Die Zeichnung weist
starke Umarbeitungen durch den Künstler auf. und
mehrere Teile, so der Kopf von Christus und die
Hände, sowie die Gestalt des Petrus mit der unmit-
telbaren Eingebung bis zu der ersten Säule des
Brunnenhauses, sind durch aufgeklebte Stücke ver-
ändert. Abweichend von dem Bilde, hat die Chri-

Th. Rehbenitz. Christus und die Samariterin. Zeichnung

Lübeck, Dommuseum

stusgestalt auf der Zeichnung den Mantel in reichen
Faltenlagen über den Schoß gelegt, auf dem vorde-
ren Brunnenteil zeigt sich ein Relief mit einer Op-
ferung Isaaks, das wohl der ruhigeren Gesamtwir-
kung wegen später verschwunden ist. Aus dem glei-
chen Grunde ist der Krug von der unteren Brun-
nenbasis vorn auf den Sleinblock vor der Sama-
riterin gestellt, was in der Zeichnung bereits an-
gedeutet ist. Auf dem Bilde hat der ganze Vorder-
grund mehr Festigkeit erfahren durch Verwand-
lung des auf der Zeichnung gegebenen weichen Ge-
ländes in Steinblöcke und Platten, und die Zufällig-
keit des Sitzens von Christus auf einem Steintisch
ist durch diese Änderung vermieden. Einer zeich-
nerischen Unklarheit, dem Erscheinen der beiden
vorderen Säulen des Brunnenhauses auf verschieden
weit liegender Grundfläche, hat der Künstler, zwar
nicht mit vollem Erfolg, durch Verschwindenlassen
der linken Säule hinter dem Gemäuer abzuhelfen
versucht. Glücklicher ist auf dem Bilde die Zusam-
menziehung der vier Jimgergestalten am linken
Bildrande an Stelle ihres Erscheinens unmittelbar
hinter Christus, ebenso die reicher ausgestattete
Landschaft, von der bereits gesprochen wurde. Sie
erinnert an Landschaften von Ferdinand von Oli-
vier. unter dessen Einwirkung Behbenitz in Wien
gestanden hat. Zum Vergleich mag neben der Zeich-
nung zu Boas und Ruth. 18181) eine solche zu
Christus und der Samariterin von Olivier erwähnt
sein"), wobei in unserem Zusammenhange an die
besondere Beliebtheit dieses Bildthemas im Kreise
der ^azarener erinnert sei. Eine derartige Land-
schaft in besonders großartiger Form, noch be-
stimmter, noch stärker gedrängt mit dicht zusam-
mengeschobenen Plänen, mit hintereinandergefüg-
ten Gebäuden findet sich auf einem großen Bildent-
wurf von Pvehbenitz. einer Auferstehung (1817 da-
tiert, Bleistift auf bräunlichem Papier, 94 : 68 cm,
ein kleiner, in der Komposition einfacherer Entwurf
geht diesem wohl voran, beide in Lübeck. Dom-
museum). Diese große Auferstehung ist von unge-
heurer Kraft der Erfindung und bis ins einzelne
mit einer bei Rehbenitz ungewöhnlichen Vollkom-
menheit durchgeführt. In Rom entstanden, mag
ihre erste Anlage wohl in die Wiener Zeit zurück-
gehen. Die Bauten in der Landschaft gehören eben-
so wie auf dem Bilde Christus und die Samariterin
der Gegend nördlich der Alpen an. Nur leise kündet
sich auf der Auferstehung der Einfluß des Südens,
denn rechts von den drei Frauen erscheint, bestimmt
und klar gezeichnet, ein Glockenturm, wie er nur
südlich der Alpen stehen kann. Sobald der Künstler
länger in R_om ist. verschwinden die nordischen
Landschaftsmotive. Ebenso hört die Verwendung
gotischer Architekturelemente auf. wie sie auf we-
nigen der ersten Bildentwürfe vorkommen und wie
sie z. B. der eigenartige Sarkophag der Auferste-
hung zeigt. Unter den Zeichnungen sind zwei da-
tierte Entwürfe, die dieser Auferstehung voraus-
gehen: die Vorzeichnung für die Heimkehr des

1) Lübeck, Behnhaus, Abb. F.berlein-Heise, a. a. O., Tat 76.

2) Dresden, Kupferstichsammlung.

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