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Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 9): Das christliche Westeuropa: mit 6 Tafeln Abbildungen — Leipzig: Verlag von B.G. Teubner, 1851

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63449#0128

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Das christliche Europa.

Wir wenden uns zu den
Wohnstätten
und häuslichen Einrichtungen. Die ältesten Wohnstätten des Adels,
wie der Städte waren nach dem Muster der altgermanischen Holz-
hütten und Strohhäuser gemacht, dann lernten die Germanen und
Gallier, nachdem sie mit den Römern in nähere Berührung gekom-
men, auch festere Gebäude aufführen. Die ältesten Steingebäude
waren die fürstlichen Burgen, die nach dem Muster der römischen
Castelle mit Mauern und Thürmen versehen waren; nach diesen waren
die Kirchen und die Wohnungen der Geistlichen und. Mönche die
ältesten Steingebäude. Am Rheine und an der Donau entstanden
schon im 5. und 6. Jahrhundert, zum Theil auf den Trümmern rö-
mischer Colonien Städte; im westlichen Deutschland wurden diese be-
sonders, wo solche vorhanden waren, gegen die Angriffe der Avaren
mit Mauern umgeben und gegen die polnischen Angriffe auch später
wohlbefestigt erhalten. In diesem Theile Deutschlands wurde die Bau-
art der städtischen Häuser nach dem Muster des niederdeutschen
Bauernhauses eingerichtet, nur daß die Stadthäuser bei Weitem größer
und wo Steine, wie in Nürnberg, in Sachsen, Franken und zum
Theil in Thüringen vorhanden waren, wenigstens seit dem 14 Jahrh.
auch steinern aufgeführt, obschon der Holzreichthum des Landes und
die größere Behaglichkeit hölzerner Häuser noch lange dieselben ein
Uebergewicht behalten ließ.
Wir beginnen die nähere Betrachtung der Wohnhäuser und
deren innere Einrichtung mit den Burgen, deren Anlage sich im
Allgemeinen stets nach der Beschaffenheit des Bodens richtete. Am
liebsten wählte man sich hochgelegene Puncte, Berge, Felsen, die an
und für sich schwer zugänglich, oder das Ufer eines Flusses, welches
den Zugang von einer Seite erschwerte, und der in seinem Wasser
eines der nothwendigsten Lebensbedürfnisse in Fülle darbot.
Daher herrscht eine außerordentlich große Mannichfaltigkeit in
der Anlage der Burgen von Westeuropa, obschon gewisse Gebäude
Allen ebenso gemeinschaftlich waren wie die Kirchen. Zu den noth-
wendigen Erfordernissen einer Burg gehörte der Thurm, von wel-
chem aus der Thurmwart in die Ferne spähen und herannahende
Gefahr gewahren und den Insassen anzeigen konnte, er diente, wenn
er besonders fest war und aus mehrern Stockwerken bestand, als letzte
Zufluchtstätte, nachdem die Burg genommen. Dann das Thor, wel-
ches an der die meisten Hindernisse darbietenden Stelle angelegt war,
uitd von welchem eine Zugbrücke über den Graben herabgelassen
werden konnte. Mauern mit Zinnen umgaben das Innere, in
welchem sich die Wohnstätten für den Burgherrn und seine Familie,
die Kemnaten, dann die Schlafstätten für die Leute, Gadem,
Ställe für die Thiere und der Palas, ein freistehender Saal für
 
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