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Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 9): Das christliche Westeuropa: mit 6 Tafeln Abbildungen — Leipzig: Verlag von B.G. Teubner, 1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.63449#0335

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Das Staatsoberhaupt.

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getrieben werden dürfen. Weniger des Gewinnes wegen, als um für
die Staatsbürger Erfahrungen zu machen unv Muster aufzustellen,
unterhalten einige Staaten Manufakturen; so Frankreich eine Por-
zellanmanufactur in Sevres und die Gobelinweberei in Paris, Tos-
cana die Pietraduramanufactur in Florenz, Sachsen die ehemalige
Steingutfabrik in Hubertusburg u. s. w. Für die zweckmäßige und
billige Herstellung des Kriegsbedarfs zu Wasser und zu Lande unter-
halten die größern Staaten eigene Anstalten, wo die Arbeit zum
Theil durch Sträflinge gemacht wird und womit gemeiniglich groß-
artige Vorrathshäuser verbunden sind. Die umfangreichsten dieser
Anstalten sind diejenigen, in denen die Herstellung und Ausrüstung
der Schiffe betrieben wird; unter ihnen zeichnen sich die von Groß-
britanien aus.
Zu diesen Staatseinnahmen kommen nun noch die Strafgel-
der, die aus der Verwaltung der Rechtspflege und der Polizei flie-
ßen, dann in den Staaten, die Colonien haben, die dort erhobenen
Schutzgelder, in Kriegszeiten aber die den besiegten Staaten auferleg-
ten Tribute und Zinsen. Die Verwaltung dieser Einnahmen und
deren Verwendung für den Staat besorgte in den älteren Zeiten die
landesherrliche Kammer, in den neuen konstitutionellen Staaten aber
ein eigenes vielgegliedertes Ministerium, das der Finanzen, gemäß
dem von den Ständen festgesetzten Budget.
Die Staatsausgaben aber betreffen die Erhaltung des Staats-
oberhauptes, die Besorgung der Rechtspflege, des Verkehrs nach Innen
und Außen, das Kriegswesen, den Cultus, den Unterricht und die
Pflege von Wissenschaft und Kunst.
Das Staatsoberhaupt
ist im christlichen Westeuropa, mit Ausnahme der wenigen selbstän-
digen Städte mit größerem oder kleinerem Gebiete und des Kirchen-
staates, seit uralter Zeit, wie im Orient und dem ältesten Griechen-
land und Makedonien, der älteste männliche volljährige Abkömmling
der herrschenden Familie. Hat der verstorbene Fürst keine männlichen
Erben hinterlassen, so folgt das zunächst stehende weibliche Mitglied
der Dynastie, daher wir denn auf den Thronen des christlichen West-
europa auch regierende Fürstinnen finden, die, wie die Erfahrung ge-
lehrt bat, fast durchgängig zu den glänzenden Erscheinungen gehör-
ten. Elisabeth und Anna von England, Marie Theresia von Oester-
reich, Amalie von Weimar, Pauline von Lippe waren die Zierden
des Thrones, und Marie von Schottland und Christine von Schwe-
den gehören in anderer Hinsicht unter die seltneren Erscheinungen
auf den Thronen.
Das Staatsoberhaupt wird nach Sitte oder auch nach dem
Umfang seiner Macht bald als Fürst, Herzog, Großherzog, Kurfürst,
König benannt. Kaiser hieß im christlichen Westeuropa nur der
 
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