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Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 9): Das christliche Westeuropa: mit 6 Tafeln Abbildungen — Leipzig: Verlag von B.G. Teubner, 1851

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63449#0537

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Die Encyclopädie.

527

Moral ausbildete, daß sie Gegenstände wissenschaftlicher Forschung
gemeinnütziger zu machen suchte, daß sie auf Erziehung und Unter-
richt der Menschen, wie der Völker, auf die Regierung der Staaten,
auf die Gestaltung des Lebens, auf Rechtswesen, aus die Heilkunde
Einfluß zu üben suchte. Es war die Philosophie der Erleichterung,
die als junge und neue Freundin an die Stelle der veralteten Theo-
logie den Menschen sich darbot. Die Philosophie milderte die Ver-
hältnisse der Kinder zu den Eltern, sie nahm die Unterthanen gegen
die Regierung in Schutz, sie gab die Frucht der Erkenmniß in ge-
fälliger Form, ohne lange damit zurückzuhalten, an die Bedürftigen,
sie hob den Zwang und die Strenge der Sitte auf, nahm die ge-
fallenen Dirnen in Schutz und sah im Verbrecher mehr den Un-
glücklichen als den Strafbaren. Die Strafen wurden gemildert, das
Recht des Staates, Todesstrafe zu verhängen, in Zweifel gestellt.
Diese moderne Philosophie fand keine kräftigen Gegner, die Masse
ihrer Anhänger mehrte sich, jemehr sie den menschlichen Leidenschaf-
ten Rechte einräumte.
Die französische Revolution brach los. Die Franzosen gaben
die philosophischen Studien auf, sie wandten sich ganz der practischen
Richtung zu; die Engländer blieben bei den von Locke und Hume
entwickelten Ansichten. Die Deutschen aber suchten sich durch Sy-
steme Beruhigung zu geben. Große Geltung verschaffte sich die kri-
tische Philosophie Jmm. Kant's, der übrigens die Erfahrung nicht
zur Seite setzte. Die Philosophie nahm aber, seitdem Napoleon die
deutschen Lande überzogen, einen politisch-oppositionellen Character
an, der namentlich in Fichte sich offenbarte. Schelling suchte durch
die gesonderte Aufstellung der naturphilosophischen und transcendenta-
len Philosophie, fußend auf die neueren, naturwissenschaftlichen Ent-
deckungen, die wissenschaftlichere Richtung beizubehalten. Die Politik
aber machte sich immer wieder geltend und die Erfahrungswissenschaft
drängte die systematisirenden Deutschen zu dem Bekenntnisse, daß die
Welt kein Sehendes, sondern ein Werdendes seyn müsse, das aber
nur insofern vorhanden, als der Betrachtende dasselbe anerkenne.
Hegel zog noch alle Erscheinungen in den Kreis seiner Betrachtung;
nach dem Revolutionsjahre von 1830 ging die ganze Philosophie in
der Politik auf und wuroe zur Religion der leidenschaftlichen, fieber-
haften social--kommunistischen Bestrebungen, zum Evangelium des
Fleisches.
Die Encyclopädie.
Schon in alter Zeit bestrebte man sich die gesammte Masse der
Erfahrung zur Uebersicht zu bringen, wir fanden als Hülle zuerst das
aus der Sage hervorgegangene Epos, später gliederten die Philo-
sophen, namentlich Pythagoras und Aristoteles die Massen, unter den
Römern war Plinius in seiner Naturgeschichte als Ordner des
 
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