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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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Zur Bebauung der Museumsinsel in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0220

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427

Zur Bebauung der Museumsinsel in Berlin.

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Verschiebung und seinem halbrund durch Säulenhallen
nach hinten begrenzten Hofe machte die weitere Ent-
wicklung der Gedanken Friedrich Wilhelms IV. un-
möglich. Mittlerweile waren auch durch die hervor-
ragenden Kräfte der Museumsverwaltung, welche dieser
bald durch ganz Deutschland berühmt machen sollten,
die Bedürfnisse in einem Maße gestiegen, dass ein ganz
anderes Programm erforderlich war.

Ich habe deshalb von vorn herein die ganze Halb-
insel für Museumsbauten ins Auge gefasst.

Dieses war damals aber nur zu erreichen, wenn
man, wie Schinkel den Unterbau des Alten Museums für
Lagerzwecke bestimmt hatte, um sich dadurch die Mittel
für die Anlage zu sichern, zunächst den Packhof nicht
verdrängte, sondern, wenn auch nur zunächst im Unter-
baue, bestehen ließ. Dieses wurde durch die Höhenlage
der Museen und der künftigen festen Brücken erheblich
erleichtert. Es sind dafür folgende Höhen maßgebend,
von denen die so wesentlichen Brückenhöhen wunder-
barer Weise bei einer späteren Konkurrenz ganz außer
Acht blieben:

Hochwasser + 33,12.

Oberkante fester Brücken etwa -f- 37,0.

Schienen Unterkante Stadtbahn + 40,12.

Erdgeschoss Neues Museum Fußboden -f- 35,83.

L Stock desgl. + 42,13.

Ein neues Gebäude mit einer Höhe im Fußboden
des ersten Stockes von -j- 47,50 würde demnach schon
einschließlich Konstruktion über die Stadtbahn fort-
gehen, ohne ihre freie Durchfahrt zu beeinträchtigen,
die Stadtbahn also in einen Tunnel einschließen können,
wobei Rauch und Staub leicht von den Gebäuden fern
gehalten werden kann, besonders sofern man die Brücken
über Spree und Kupfergraben ganz oder teilweise überbaut.

Nach mancherlei Erfahrungen erschien es mir aber
nur möglich, einen so umfassenden Gedanken durch-
zubringcn, wenn der für alles Große und Schöne be-
geisterte Kronprinz sich des Gedankens gnädig an-
nehmen würde.

Ich durfte ihm am 31. Januar 1875 meine Ent-
würfe vorlegen. Zeitlebens wird mir diese Audienz
in Erinnerung bleiben. Der Kronprinz hatte noch die
ganze Frische und Schönheit seiner ritterlichen Gestalt,
die glänzenden Siege unserer Heldenzeit lagen noch nicht
zu weit hinter ihm und gaben ihm die frische, freie
Auffassung für Gestaltungen im großen Sinne.

Er empfing mich mit der freundlichen Frage: „Sie
wollen uns in Berlin eine Brühl'schc Terrasse schaffen?"

Das Bild der ganzen Anlage schien ihm von vorn-
herein lebhaftes Interesse abzugewinnen, die Kühnheit,
den ganzen Packhof gewissermaßen im Keller der An-
lage wie mit dem Mantel der Liebe zuzudecken und
oberhalb frei über die Stadtbahn hinweg auf einem ganz
neuen Boden Anlagen für Kunstzwecke zu schaffen, dabei
von einer Terrassenanlage einen freien Überblick über

die Spree, Monbijoupark und die ganze Umgebung zu
gewinnen, zog ihn der Art an, dass er seit dieser Zeit
den Entwurf mehr als vielleicht je eine andere Bau-
sache warm und thatkräftig unterstützte.

Der Finanzminister Camphausen erkannte mit seinem
klaren raschen Blicke bald die finanzielle Bedeutung
des Entwurfes.

Die Museumsanlagen krankten seit lange daran,
dass eine Vergrößerung der Sammlungen in den alten An-
lagen keine Entwicklung mehr zuließ. Die Installirungs-
kosten, welche Hunderttausende vielfach betrugen, waren
damit jedesmal verloren. Die Summen dieser Verluste
werden wohl niemals nachgewiesen werden. Es fehlte ein
großer Rahmen, welcher Verschiebungen gestattete, ohne
das ganze System zu zerstören. Ich wollte dauernd für die
Sammlungen diesen großen Rahmen schaffen und durch
zeitweise Aufnahme der Jahresausstellungen, wofür gleiches
Licht und ganz ähnliche Bedürfnisse vorliegen, auch für
die Entwicklung der Zukunft sorgen.

Dass gerade bei einem Bau von so bedeutenden
Kosten die Finanz Verwaltung von vornherein, wenn
auch in vorsichtiger Form, doch in Wirklichkeit ihre
warme Unterstützung eintreten ließ, lag nicht bloß an
dem freundlichen Interesse des Kronprinzen, sondern
wesentlich auch an dem finanziell richtigen Gedanken.

Der damalige Geheimrat (spätere Generaldirektor)
Schöne, welchem unsere Kunstsammlungen so viel ver-
danken, der unsere Mnseenverwaltung zu einer der ersten
in Europa gemacht hat, bildete damals eine engere Kom-
mission aus den Professoren A. v. Werner, Knaus, Albert
Wolff, dem Geheimrat Hitzig und mir. Die Akademie der
Künste trat fast einstimmig dafür ein, und es war die
Sache nach vielfachen Verhandlungen mit Kommissaren
der Ministerien für öffentliche Arbeiten, für Finanzen
und für geistliche etc. Angelegenheiten so weit gediehen,
dass der Minister Falk mich fragte, ob ich sie in den
Kommissionen des Abgeordnetenhauses zu vertreten be-
reit sei. Der einflussreiche Architekt Professor Gropius,
der Schöpfer des Kunstgewerbemuseums, und der Direktor
der Gemäldegalerie Julius Meyer traten für den Ent-
wurf ein.

Schöne, als Decernent für die Angelegenheiten der
Kunst im Kultus-Ministerium, hatte bei dieser Gelegen-
heit zugleich einen Platz für die Kunstakademie als
Lehranstalt mit zu schaffen gesucht. An und für sich
können ja auch Ateliers sehr schöne und zweckmäßige
Räume für Sammlungen sein, und der Gedanke war an und
für sich nicht zu verwerfen, auch selbst wenn man nach
Jahren auf eine Verlegung rechnete. Er schuf sich
aber damit in einem Teile der Körperschaft, welcher er
später direkt vorstand, den Widerstand, welcher eifer-
süchtigen Fachgenossen eine Handhabe bot, um mit In-
triguen der Sache beizukommen. Einer zeichnete sich
hierbei wie auch später vielfach mir gegenüber aus.
Seine Flügel müssten ihn eigentlich vor des Zeus Thron
 
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