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Sammlungen
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mit höchstwahrscheinlich zugleich oder dcch in absehbarer
Folgedie ausländischen Käufer ausden Pariser Ausstellungen
und Kunsthandlungen entfernen, und das wird doch wohl
kaum die Absicht der französischen Patrioten sein.
Londoner Ausstellungen. Die * Kunstgewerbe Aus-
stellung« in der »Grosvenor-Galm'e« läßt keine recht be-
stimmte Tendenz erkennen; viel Material und zu vielerlii
Eine Aufzählung der verschiedenen Zweige mit ihren
Unterabteilungen würde allein mehrere Diuckspalten ver-
langen. Im allgemeinen ist die Anlehnung und Abhängig-
keit von den verwandten Künsten, so namentlich das Cha-
rakteristische der Malerei und Skulptur zu heivortretend
und bemeikbar in den meisten kunstgewerblichen Erzeug-
nissen. Der Name William Morris wird zu oft mißbraucht,
und die Imitation ohne seinen Genius als «L'Art nouveau«
ausgegeben. In der Hauptsache liefert die Ausstellung
den Beweis, daß unsere Epoche, wenigstens hier in Eng-
land, keinen eigentlich on'girellen Stil besitzt und nichts
hervorragend Individuelles hervorgebracht hat. Es scheint
fast, als ob die Herstellung der Arbeit, ihre Solidität, Güte
und Anpassung an das Material so vornehmlich das ent-
scheidende Moment wurden, daß Schönheit und Eigenart
darunter gelitten haben. Walter Crane, der Präsident der
Gesellschaft, dem wesentlich das Zustandekommen der
Ausstellung zu verdanken ist, hat zu dem umfangreichen
Katalog eine Vorrede und Einleitung verfaßt. Der Künstler
ist in der »Grosvenor-Galerie« durch Zeichnungen in
Schwarz und Weiß und durch kolorierte Blätter vertreten,
die als Illustrationsvorlagen für seine beliebten Bilder-
bücher dienten und dauernd sich als eine große Anziehungs-
kraft für die Jugend erweisen. So appellieren »Aschen-
brödel« und »Puss in Boots« nicht vergebens an das
Kinderherz. Von den mit farbigen Illustrationen er-
schienenen reizenden, humoristischen Bilderbüchern er-
wähne ich vor allem: »One, two, buckle my Shoc« und
»A Gaping-Wide-Mouth Wadling Frog«. Eins der wunder-
vollsten, je in Farben von Crane illustrierten Büchern
betitelt sich »King Arthurs Kni^hts«. Das Werk von
König Arthurs Tafelrunde ist so schön, daß nicht nur
Knaben und Mädchen, für die es ursprünglich gedacht
und verfaßt wurde, sondern auch Gelehrte und Männer
aller Berufsklassen ihre wahrhafte Freude daran haben.
Andere sehr hübsche vorhandene Illustrationen von Cranes
Hand beziehen sich auf »My Mother« und »Robin Hood«.
Endlich befindet sich in der Ausstellung auch noch ein
gelungenes Tapetenmuster, betitelt der »Weinberg«, zu dem
der genannte Künstler die farbige Vorlage geliefert hatte.
Die Gattin des Meisters, Mrs. Mary Frances Crane, zeichnet
sich aus durch Seidenstickereien, so z. B. die Wochentage
symbolisch darstellend und eingefügt in die Felder eines
von Mr. Crane entworfenen Ebenholzschränkchens. Eine
der besten Abteilungen bilden die von den Juwelieren,
Gold- und Silberschmied-Innung, ausgestellten Objekte,
wenngleich die Schönheit der Form oft nur durch An-
lehnung an Muster des 18. Jahrhunderts erreicht wurde.
So hebe ich Arbeiten von Mr. Harold Stabler, C. R. Ashbce,
Paul Cooper und B. Cuzner hervor. Schön gefaßte Emails
rühren von S. Kato her, und vorzügliche Zeichnungen
von Edward Spencer für Fruchtschalen in edlem Metall
sollen wenigstens nicht unei wähnt bleiben. Eine besondere
Eigentümlichkeit ist der Versuch einer Erneuerung der
Kalligraphie. Ihr Hauptvertreter durch eine »Studie in
griechischen Unzialen« ist Edward Johnston. Graily be-
kundet einen selbständigen Stil in dem von Mrs. Cockerell
illuminierten »Buch Hiob«, während andere religiöse Bücher
in byzantinischer Manier vortrefflich von Miß Jessie Bayes
illuminiert wurden.
R. Gutekunst hat in Grafton Street Nr. 10 eine
lochst bemerkenswerte Sammlung von Radierungen
zusammengestellt. Eine Reihe der bedeutendsten Namen
finden sich vertreten, so unter andern: Whistler, Zorn,
Legros, Meryon und Seymour Haden. Von letzterem ist
das besonders schöne Blatt »Die Battersea Brücke« vor-
handen. Von den jüngeren Künstlern lieferte Mr. H.
Winslow, ein amerikanischer Radierer, ein neues Werk
voller Reiz, betitelt »Old Square«, und von Mr. James
Mc. Bey rühren zwei bisher nicht gesehene Arbeiten her:
»Forveran Burn«, eine Frühjahrsidylle, und »1588«, eine
Erinnerung an die spanische Armada in der Nähe der
schottischen Küste. O. r. Schleinitz.
SAMMLUNGEN
Die Alte Pinakothek in München bleibt in der Zeit
vom 2. Januar bis etwa Mitte Februar geschlossen wegen
neuer Bespannung von fünf Sälen (Der Holländer-, der
erste Rubens-, der van Dyck-, der Frühflorentiner- und der
Venezianer-Saal erhalten eine neue Wandbespannung).
Die Sächsische Staatsregierung läßt gegenwärtig eine
Denkschrift überdie Errichtung einesSchriftenmuseums
ausarbeiten. Es handelt sich bei dieser Sammlung um eine
möglichst geschlossene Darstellung sämtlicher Schriftzeichen
aller Zeiten und Völker. Begünstigt wird das Projekt da-
durch, daß mehrere sächsische Staatsinstitute bereits einen
sehr wertvollen Besitz an Schriften ihr eigen nennen. Die
Denkschrift ist der Vollendung nahe.
Endlich soll der Louvre einen neuen offiziellen
Katalog erhalten. Die bisher veröffentlichten zeichneten
sich durch starke Lücken aus und waren durchweg ver-
altet, also daß man sie praktisch nicht gebrauchen konnte.
Jetzt hat sich die Museumsleitung nach langem Handeln
und Feilschen mit einem Verleger geeinigt, und der erste
Band des Katalogs soll schon in den nächsten Wochen
erscheinen. Er behandelt die antiken Bronzen im Louvre
und ist von dem Konservator de Ridder verfaßt. Danach
wird der Katalog der antiken Marmorfiguren erscheinen,
dem der Katalog der in der Apollogaleiie aufgestellten
Kunstsachen folgen soll. Bis die Malerei an die Reihe
kommt, wird wohl noch etwas länger dauern, und so wird
sich das besuchende Publikum, das sich gerade für diesen
Teil der Louvresammlungen am meisten interessiert, noch
eine Weile Geduld üben müssen, — wobei der treffliche
Bädeker als Tröster und Lückenbüßer dienen mag.
Die graphische Abteilung des Bostoner Museum
of Fine Arts. Das letzte Bulletin dieses Museums spricht
von einer Entwicklung seiner graphischen Sammlung,
welche durch, von Freunden dieser Abteilung gestiftete
Mittel nunmehr angebahnt ist. Vor allem handelt es sich
darum, das »Print Department des Museum of Fine Arts«
in Verbindung mitdem »Fine Arts Department« der Harvard-
Universität zu bringen. Das Museum besitzt bis jetzt mehr
als 60000 Blätter und damit eine Sammlung, welche die
Geschichte der Kupferstichkunst vom Beginn an illustriert
und Beispiele des Werkes aller großen Meister enthält.
Die Harvard-Universität hatte den Wunsch ausgesprochen,
die reiche Gray-Sammlung im Fogg-Museum als Basis
eines Unterrichts in der Geschichte der Kupferstichkunst
zu benützen. Der gegenwärtige Kurator des Print De-
partment des Fogg-Museums, Emil H. Richter, hat nun
gebeten, daß er sich ausschließlich dem Studium der ihm
unterstellten Sammlung widmen dürfe. Da die Vereinigten
Staaten doch auch eine Kupferstichsammlung besitzen
sollen, die den Vergleich mit den großen Sammlungen
Europas aushalten kann, kam man zu der Idee, daß die
Sammlungen
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mit höchstwahrscheinlich zugleich oder dcch in absehbarer
Folgedie ausländischen Käufer ausden Pariser Ausstellungen
und Kunsthandlungen entfernen, und das wird doch wohl
kaum die Absicht der französischen Patrioten sein.
Londoner Ausstellungen. Die * Kunstgewerbe Aus-
stellung« in der »Grosvenor-Galm'e« läßt keine recht be-
stimmte Tendenz erkennen; viel Material und zu vielerlii
Eine Aufzählung der verschiedenen Zweige mit ihren
Unterabteilungen würde allein mehrere Diuckspalten ver-
langen. Im allgemeinen ist die Anlehnung und Abhängig-
keit von den verwandten Künsten, so namentlich das Cha-
rakteristische der Malerei und Skulptur zu heivortretend
und bemeikbar in den meisten kunstgewerblichen Erzeug-
nissen. Der Name William Morris wird zu oft mißbraucht,
und die Imitation ohne seinen Genius als «L'Art nouveau«
ausgegeben. In der Hauptsache liefert die Ausstellung
den Beweis, daß unsere Epoche, wenigstens hier in Eng-
land, keinen eigentlich on'girellen Stil besitzt und nichts
hervorragend Individuelles hervorgebracht hat. Es scheint
fast, als ob die Herstellung der Arbeit, ihre Solidität, Güte
und Anpassung an das Material so vornehmlich das ent-
scheidende Moment wurden, daß Schönheit und Eigenart
darunter gelitten haben. Walter Crane, der Präsident der
Gesellschaft, dem wesentlich das Zustandekommen der
Ausstellung zu verdanken ist, hat zu dem umfangreichen
Katalog eine Vorrede und Einleitung verfaßt. Der Künstler
ist in der »Grosvenor-Galerie« durch Zeichnungen in
Schwarz und Weiß und durch kolorierte Blätter vertreten,
die als Illustrationsvorlagen für seine beliebten Bilder-
bücher dienten und dauernd sich als eine große Anziehungs-
kraft für die Jugend erweisen. So appellieren »Aschen-
brödel« und »Puss in Boots« nicht vergebens an das
Kinderherz. Von den mit farbigen Illustrationen er-
schienenen reizenden, humoristischen Bilderbüchern er-
wähne ich vor allem: »One, two, buckle my Shoc« und
»A Gaping-Wide-Mouth Wadling Frog«. Eins der wunder-
vollsten, je in Farben von Crane illustrierten Büchern
betitelt sich »King Arthurs Kni^hts«. Das Werk von
König Arthurs Tafelrunde ist so schön, daß nicht nur
Knaben und Mädchen, für die es ursprünglich gedacht
und verfaßt wurde, sondern auch Gelehrte und Männer
aller Berufsklassen ihre wahrhafte Freude daran haben.
Andere sehr hübsche vorhandene Illustrationen von Cranes
Hand beziehen sich auf »My Mother« und »Robin Hood«.
Endlich befindet sich in der Ausstellung auch noch ein
gelungenes Tapetenmuster, betitelt der »Weinberg«, zu dem
der genannte Künstler die farbige Vorlage geliefert hatte.
Die Gattin des Meisters, Mrs. Mary Frances Crane, zeichnet
sich aus durch Seidenstickereien, so z. B. die Wochentage
symbolisch darstellend und eingefügt in die Felder eines
von Mr. Crane entworfenen Ebenholzschränkchens. Eine
der besten Abteilungen bilden die von den Juwelieren,
Gold- und Silberschmied-Innung, ausgestellten Objekte,
wenngleich die Schönheit der Form oft nur durch An-
lehnung an Muster des 18. Jahrhunderts erreicht wurde.
So hebe ich Arbeiten von Mr. Harold Stabler, C. R. Ashbce,
Paul Cooper und B. Cuzner hervor. Schön gefaßte Emails
rühren von S. Kato her, und vorzügliche Zeichnungen
von Edward Spencer für Fruchtschalen in edlem Metall
sollen wenigstens nicht unei wähnt bleiben. Eine besondere
Eigentümlichkeit ist der Versuch einer Erneuerung der
Kalligraphie. Ihr Hauptvertreter durch eine »Studie in
griechischen Unzialen« ist Edward Johnston. Graily be-
kundet einen selbständigen Stil in dem von Mrs. Cockerell
illuminierten »Buch Hiob«, während andere religiöse Bücher
in byzantinischer Manier vortrefflich von Miß Jessie Bayes
illuminiert wurden.
R. Gutekunst hat in Grafton Street Nr. 10 eine
lochst bemerkenswerte Sammlung von Radierungen
zusammengestellt. Eine Reihe der bedeutendsten Namen
finden sich vertreten, so unter andern: Whistler, Zorn,
Legros, Meryon und Seymour Haden. Von letzterem ist
das besonders schöne Blatt »Die Battersea Brücke« vor-
handen. Von den jüngeren Künstlern lieferte Mr. H.
Winslow, ein amerikanischer Radierer, ein neues Werk
voller Reiz, betitelt »Old Square«, und von Mr. James
Mc. Bey rühren zwei bisher nicht gesehene Arbeiten her:
»Forveran Burn«, eine Frühjahrsidylle, und »1588«, eine
Erinnerung an die spanische Armada in der Nähe der
schottischen Küste. O. r. Schleinitz.
SAMMLUNGEN
Die Alte Pinakothek in München bleibt in der Zeit
vom 2. Januar bis etwa Mitte Februar geschlossen wegen
neuer Bespannung von fünf Sälen (Der Holländer-, der
erste Rubens-, der van Dyck-, der Frühflorentiner- und der
Venezianer-Saal erhalten eine neue Wandbespannung).
Die Sächsische Staatsregierung läßt gegenwärtig eine
Denkschrift überdie Errichtung einesSchriftenmuseums
ausarbeiten. Es handelt sich bei dieser Sammlung um eine
möglichst geschlossene Darstellung sämtlicher Schriftzeichen
aller Zeiten und Völker. Begünstigt wird das Projekt da-
durch, daß mehrere sächsische Staatsinstitute bereits einen
sehr wertvollen Besitz an Schriften ihr eigen nennen. Die
Denkschrift ist der Vollendung nahe.
Endlich soll der Louvre einen neuen offiziellen
Katalog erhalten. Die bisher veröffentlichten zeichneten
sich durch starke Lücken aus und waren durchweg ver-
altet, also daß man sie praktisch nicht gebrauchen konnte.
Jetzt hat sich die Museumsleitung nach langem Handeln
und Feilschen mit einem Verleger geeinigt, und der erste
Band des Katalogs soll schon in den nächsten Wochen
erscheinen. Er behandelt die antiken Bronzen im Louvre
und ist von dem Konservator de Ridder verfaßt. Danach
wird der Katalog der antiken Marmorfiguren erscheinen,
dem der Katalog der in der Apollogaleiie aufgestellten
Kunstsachen folgen soll. Bis die Malerei an die Reihe
kommt, wird wohl noch etwas länger dauern, und so wird
sich das besuchende Publikum, das sich gerade für diesen
Teil der Louvresammlungen am meisten interessiert, noch
eine Weile Geduld üben müssen, — wobei der treffliche
Bädeker als Tröster und Lückenbüßer dienen mag.
Die graphische Abteilung des Bostoner Museum
of Fine Arts. Das letzte Bulletin dieses Museums spricht
von einer Entwicklung seiner graphischen Sammlung,
welche durch, von Freunden dieser Abteilung gestiftete
Mittel nunmehr angebahnt ist. Vor allem handelt es sich
darum, das »Print Department des Museum of Fine Arts«
in Verbindung mitdem »Fine Arts Department« der Harvard-
Universität zu bringen. Das Museum besitzt bis jetzt mehr
als 60000 Blätter und damit eine Sammlung, welche die
Geschichte der Kupferstichkunst vom Beginn an illustriert
und Beispiele des Werkes aller großen Meister enthält.
Die Harvard-Universität hatte den Wunsch ausgesprochen,
die reiche Gray-Sammlung im Fogg-Museum als Basis
eines Unterrichts in der Geschichte der Kupferstichkunst
zu benützen. Der gegenwärtige Kurator des Print De-
partment des Fogg-Museums, Emil H. Richter, hat nun
gebeten, daß er sich ausschließlich dem Studium der ihm
unterstellten Sammlung widmen dürfe. Da die Vereinigten
Staaten doch auch eine Kupferstichsammlung besitzen
sollen, die den Vergleich mit den großen Sammlungen
Europas aushalten kann, kam man zu der Idee, daß die