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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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421

Vereine

für Instandhaltung des Denkmals und der Grabstätte Tiedges,
16650 M. zu Ehrengeschenken und Unterstützungen in
60 Fällen an Maler, Dichter und Schriftsteller, Bildhauer,
Musiker, Kupferstecher und Hinterlassene von solchen.
Bedacht wurden dabei Dresden, Leipzig, München, Köln,
Stuttgart, Berlin, Weimar, Karlsruhe, Darmstadt, Breslau,
Düsseldorf, Wien, Zürich usw.

Angekauft wurde eine marmorne Büste des Philosophen
Schopenhauer von dem 1911 gestorbenen Bildhauer Walter
Sintenis in Dresden (dem Dresdner Stadtmuseum über-
wiesen), ein Marmorrelief des Königs Georg von Sachsen
vom Bildhauer Albert Gerold in Dresden (dem König-
Georg-Gymnasium in Dresden gestiftet), eine Bronzegruppe
Spielende Katzen von dem verstorbenen Bildhauer Heinrich
Julius Hähnel (dem städtischen Museum in Zwickau über-
wiesen). Dem Bildhauer Richard König in Radebeul bei
Dresden wurden zwei bronzene Schmuckfiguren von 2,15 m
Höhe, darstellend einen Fechter und einen Steinschleuderer,
in Auftrag gegeben. Sie sollen in der Turnhalle des All-
gemeinen Turnvereins zu Dresden Mitte des Jahres 1914
aufgestellt werden und die auf körperliche Tüchtigkeit und
Mannhaftigkeit gerichteten Bestrebungen des Vereins ver-
anschaulichen.

• VEREINE

IfX »D«e wirtschaftliche Organisation der Groß-
berliner Künstlerschaft« war das Thema einer großen
Versammlung, die eine Anzahl der namhaftesten Maler
und Bildhauer zum 5. April in den Bürgersaal des Berliner
Rathauses einberufen hatte. Dem Komitee, das sich nach
langen Vorbereitungen gebildet hatte, gehörten u. a. Max
Liebermann, Artur Kampf, Baluschek, Schulte im Hofe,
Manzel, Slevogt, Pechstein, Tappert, Käte Kollwitz, Peter
Breuer, Otto H. Engel, Schaper, der Nationalökonom Ge-
heimrat Adolf Wagner und Redakteur F. Hellwag an. Der
Zuspruch war so gewaltig, daß der Saal bis ins letzte
Winkelchen gefüllt war und die Massen der Erschienenen
bis weit ins Treppenhaus hinein wie Mauern standen, ein
Beweis dafür, wie stark das Interesse an der Frage eines
wirtschaftlichen, alle »Parteien« und »Richtungen« um-
fassenden Zusammenschlusses sich geltend macht. Nach
einer kurzen Begrüßung durch Artur Kampf sprach zu-
nächst Bürgermeister Dr. Reicke über die Stellung der Be-
hörden zur Kunst. Er knüpfte an das stolze Selbstver-
waltungswort an, das im Berliner Rathause prangt: »Hilf
dir selbst, so hilft dir Gott«, und meinte mit Recht, daß
die komplizierten Apparate der staatlichen und kommunalen
Körperschaften, die in Kommissionen und durch Kompro-
misse funktionieren, den Künstlern wenig nützen können.
Die Künstlerschaft solle nicht nach der Behörde rufen,
sondern sich zusammenschließen, um eine Macht zu bilden,
mit der jeder rechnen müsse. Dr. F. Rothe, der Syndikus
der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft und des
Illustratorenverbandes, sprach über den künstlerischen
Rechtsschutz, der noch höchst mangelhaft bestellt sei. Ein
Verlagsgesetz, das alle Verhältnisse in Betracht zieht, haben
wir noch nicht. Die Juristen stehen d em Stoffe fremd
gegenüber. Dr. Rothe machte Verbesserungsvorschläge;
die zu schaffende Organisation solle sorgen: für Auskunft-
erteilung, für Beratung beim Abschluß von Verträgen aller
Art, für Rechtsbeirat bei Streitigkeiten und Prozessen, für
Unterstützung in der Bestreitung der Kosten durch die
Gesamtheit, für sachgemäße Einwirkung auf die gesetz-
gebenden Faktoren. Maler Otto Marcus ergänzte diese
Ausführungen in bezug auf das Reproduktions-Verlagsrecht.
Fräulein Lina Krause regte die Begründung einer Kranken-
kasse im Anschluß an den Verein der freigewählten Kassen-

ärzte Großberlins an. Maler Carl Kayser-Eichberg
wetterte temperamentvoll gegen die Schäden im Kunst-
handel. Unter den 92 Kunsthandlungen Berlins sind nur
20, die künstlerisch in Betracht kommen, während der Rest
meist übelste Ware feilbietet und den Geschmack des
kaufenden Publikums verdirbt. Besonders interessant waren
die Mitteilungen, die der Nationalökonom S.'Fränkel
vom Ergebnis der Umfrage über die wirtschaftliche
Lage der Berliner Künstler machte, die sehr sorg-
fältig inszeniert worden und nunmehr abgeschlossen ist.
Von etwas über 1000 Fragebogen wurden 575, ziemlich
genau, beantwortet — ein nach sonstigen Enquete-Er-
fahrungen sehr günstiges Resultat. 329 Maler, 69 Male-
rinnen, 100 Bildhauer und 2 Bildhauerinnen lieferten brauch-
bares Material (die übrigen Antworten waren unverwend-
bar). Überraschend war, daß die Hälfte der Künstler
»Buch führt«, oder sich wenigstens einigermaßen korrekte
Notizen über Einnahmen und Ausgaben macht. Es zeigte
sich nun, daß 7 Prozent der Maler, 28 Prozent der Male-
rinnen, 8 Prozent der Bildhauer ohne Verdienst, ja
sogar mit Unterbilanz arbeiten. Ein Einkommen bis
1200 Mk. hatten 20 Proz. der Maler, 10 Proz. der Bild-
hauer, 33 Proz. der Malerinnen. Bis 2000 Mk.: 14 Proz.
der Maler, 18 Proz. der Bildhauer, 17 Proz. der Malerinnen.
Bis 4000 Mk.: 31 Proz. der Maler, 28 Proz. der Bildhauer,
15 Proz. der Malerinnen. Bis 7000 Mk : 13 Proz. der
Maler, 16 Proz. der Bildhauer, 5 Proz. der Malerinnen.
Über 25000 Mk.: 2 Maler und 1 Bildhauer. Also die Bild-
hauer stehen sich besser als die Maler. Die schlechten
Verhältnisse der Malerinnen werden ausgeglichen durch
Nebeneinnahrnen (Renten). Feste Einkünfte ergeben sich
fast lediglich durch den Vertrieb graphischer Arbeiten und
durch Lehrtätigkeit. Die schlechten Einnahmen beziehen
sich nicht hauptsächlich auf die Jüngsten; so daß also das
Einkommen leider nicht (wie bei andern Berufen) mit den
Jahren der Ausübung in einer gewissen Skala regelmäßig
steigt. Bemerkenswert ist, daß sich nur 19 Proz. der Bild-
hauer an Wettbewerben beteiligt haben, und von diesen
wieder über 42 Proz. mit Unterbilanz, also mit nicht er-
setzten Kosten — ein Ergebnis, das zu denken gibt. —
Den Höhepunkt des Abends aber bildete die Schluß-
ansprache Friedrich Naumanns, der in ungemein geist-
reichen Ausführungen die Schwierigkeiten analysierte, die
sich der wirtschaftlichen Organisation einer so uneinheit-
lichen Masse wie der Künstlerschaft entgegenstellen. Das
Unwägbare des künstlerischen Schaffens, die gleitende
Preisbestimmung der Ware, der Mangel an jeder Gesetz-
mäßigkeit im Betrieb und Verkauf, die Uninteressiertheit
der Oberschicht, die nicht aus wirtschaftlich - sozialem
Zwang, sondern nur aus kollegialer Sympathie sich be-
teiligt, die Unmöglichkeit, den Zentralpunkt der künstle-
rischen Berufsausübung gewerkschaftlich zu regeln, das
natürliche Drängen zu andersartigen Gruppierungen aus
zunächst künstlerischen, nicht materiellen Gründen — das
alles schafft hier jedem andern Berufszweig gegenüber
eine Ausnahmestellung. Aber schließlich gab doch auch
Naumann die Möglichkeiten zu, die trotzdem vorliegen:
Hilfe beim Einkauf des Materials; Hilfe bei Kontrakten,
Versicherungen, Prozessen usw. Vor allem: es müssen
alle mittun, und der »Gewerkschafts«-Beitrag darf nicht
zu klein sein, wenn die Organisation etwas leisten will.
Stürmischer Beifall lohnte diese kluge Rede. Eine Reso-
lution wurde dann einstimmig angenommen, wonach die
Versammlung die Einberufer des Abends beauftragt, »in
gemeinsamer Beratung unter Hinzuziehung berufener Kräfte
die beste Form für den als notwendig erkannten wirt-
schaftlichen Zusammenschluß der Berliner Künstlerschaft
zu suchen.« Ohne Zweifel ist das Zustandekommen der
 
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