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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0324

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Ö27

Ausstellungen

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rungen der modernen Ausstellungstechnik entsprechend
soll die innere Anlage nur einen festen Kern bekommen,
dessen Mitte ein zentraler Kuppelraum bilden wird. Die
einzelnen Ausstellungsräume können auf diese Weise durch
wechselnde Einbauten den Bedürfnissen jeder neuen Aus-
stellung angepaßt werden. Mit Rücksicht auf künftige Kunst-
gewerbe-Ausstellungen, auf denen eingerichtete Wohnräume
gezeigt werden sollen, ist das Haus sowohl für Seitenlicht,
als für Oberlicht eingerichtet.

In Paris wird eine restrospektive Ausstellung der Ar-
beiten des Bildhauers Jules Dalou vorbereitet. Da die
Stadt Paris seinerzeit den künstlerischen Nachlaß Dalous
geerbt hat, der jetzt im Petit Palais sehr gut aufgestellt ist,
könnte man eine solche Ausstellung für überflüssig halten;
aber es ist ganz gut, wenn die Öffentlichkeit von Zeit zu Zeit
durch eine besondere Veranstaltung auf diesen oder jenen
großen Künstler aufmerksam gemacht wird, an dessen in
den öffentlichen Sammlungen aufgehobenen Arbeiten das
Publikum sonst achtlos vorübergeht. Zudem sind viele Ar-
beiten des Schöpfers des großartigen Denkmals der Republik
in Privatbesitz, und man darf hoffen, daß bei dieser Gelegen-
heit manche wenig oder gar nicht bekannte Werke Dalous
gezeigt werden können.

FORSCHUNGEN

Zu Veit Stoß. Eine umfassende, zu 214 Textseiten
noch 87 Seiten kritischen Materials (Kataloge und Archi-
valien) bringende Monographie, die zur Kenntnis des Nürn-
berger Meisters viele neue Anregungen bietet, erschien
von Max Loßnitzer uuter dem Titel Veit Stoß; die Her-
kunft seiner Kunst, seine Werke und sein Leben. (Leipzig
1912, Verlag Julius Zeitler.) Das größte Interesse scheinen
mir Loßnitzers Hypothesen über die Herkunft des Stoß-
schen Stiles in Anspruch zu nehmen, den der Autor vor-
nehmlich aus der süddeutschen Kunstübung, ganz besonders
der Donaugegend (Nikolaus von Leyen) ableiten möchte.
Wir sind hier freilich bislang auf ganz fragmentarisch er-
haltene Denkmälergruppen angewiesen; die Unsicherheit
des Bodens wird darum in der Folge eine größere
Vorsicht ratsam scheinen lassen als sie Loßnitzer in diesen
noch sehr der Nachprüfung bedürftigen Partien beobachtet.
Über den Hauptpunkt: Ableitung der Stoßschen Kunst
aus der süddeutschen Tradition des 15. Jahrhunderts, kann
man freilich mit Loßnitzer uneingeschränkt einer Ansicht
sein.

Auch in der Zusammenstellung und Sichtung der Stoß-
schen und Stoßartigen Arbeiten in Polen beweist Loßnitzer
im ganzen eine glückliche Hand. Gerade auf diesem Ge-
biete hat eine Reihe von Entdeckern ziemliche Ver-
wirrung angerichtet. Auch der Verfasser ist ihnen nicht
ganz mit heiler Haut entronnen. Um eine Einzelheit zu
nennen, durfte er meinen »Ursprung des Donaustiles«
nicht so unbedenklich als Quelle für den Bildhauer Huber
verwenden. Die neuere Münchener kunsthistorische For-
schung hat das an jener Stelle gegebene Bild des Künstlers
recht erheblich modifiziert und Loßnitzer hätte bei Kenntnis
der betreffenden Aufsätze von Ph. M. Halm u. a. (zumeist
in der »Christlichen Kunst«) auf Seite 84 und 85 vieles und
wesentliches verändert. Ich darf mir wohl erlauben hierauf
hinzuweisen ohne der Voreingenommenheit gegen den
Verfasser des »Donaustiles< bezichtigt zu werden.

Unter den in Nürnberg entstandenen Werken be-
handelt Loßnitzer ausführlich die verschiedenen Kruzifixe.
Jenes zu St. Lorenz wäre nach ihm identisch mit dem
seinerzeit von Neudörfer gesehenen Gekreuzigten in St.
Sebald. Loßnitzer macht eine Überführung des von ihm

Kruzifix in Bannio (Valle Anzasca)

sehr hoch eingeschätzten Werkes durch Heideloff, die 1824
stattgefunden haben müßte, wahrscheinlich. Weniger
günstig beurteilt er die verschiedenen anderen Kruzifixe,
die als Werkstattarbeiten meist der späteren Periode zu-
zuweisen sind, darunter u. a. das seinerzeit von mir in
Florenz (Ognissanti) nachgewiesene Exemplar. Es ist
hier der Ort anzufügen, daß ein Kruzifixus von ganz ver-
wandter Anlage wie diese spätere Gruppe sich völlig un-
beachtet in einem kleinen oberitalienischen Ort, Bannio
in der Valle Anzasca, befindet, wo ein wahrer Legenden-
kranz um ihn gewunden worden ist. Hiernach wäre er
zur Zeit der Kreuzzüge (!!) nach England gelangt, unter
der Regierung Heinrichs VIII. nach Holland verkauft, von
1773 — 1780 hätte er sich in Cadix befunden, von dort die
Reise nach Genua angetreten, um 1816 (die einzige ge-
sicherte Tatsache aus dieser phantastischen Geschichte) in
die Pfarrkirche von Bannio zu gelangen. Merkwürdig ist an
dem Kruzifix, dessen Höhe etwa 2 m beträgt, daß das
Material Bronze ist. Da ich das Original nicht gesehen
habe, sondern nur zufällig auf das Werk durch eine Ab-
bildung aufmerksam wurde, so bin ich außerstande mich
zu jener eigentümlichen Tatsache zu äußern. Aus der bei-
gegebenen Abbildung dürfte aber ohne weiteres der voll-
kommen Stoßsche Stilcharakter ersichtlich werden. Das
Kruzifix von Bannio wäre damit die dritte plastische Ar-
beit, die auf italienischem Boden von einer der wichtigsten
Persönlichkeiten der deutschen Kunstgeschichte Zeugnis
ablegt.

Auf die beiden anderen Werke in Italien habe ich
vor fünf Jahren im Jahrbuch der preußischen Kunstsamm-
lungen hingewiesen. Die bedeutendere davon, der hl.
Rochus der SS. Annunziata zu Florenz, wird von Loß-
 
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