Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

DOI Artikel:
Schmidt, Paul F.: Die kunstgewerbliche Abteilung an den technischen Lehranstalten zu Offenbach a.M.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0017

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Architekturklasse Goschcnhofer

Schüler: Jost

es natürlich nur beim Entwerfen, Detaillieren und
Modellieren von imaginären Bauten. Aber die Fülle
der Aufgaben umfaßt alles, die kleinsten und die um-
fangreichsten Projekte im Außen- und Innenbau. Bei
aller Feinheit und Gediegenheit der Durchbildung im
einzelnen wird die großzügige Form des Zeichnens
nicht vernachlässigt, wo mit starken Gegenüber-
stellungen von Licht- und Schatten massen die
Effekte erreicht werden, die für eine wirkungs-
volle und überzeugende »Aufmachung« heute un-
entbehrlich sind, besonders privaten Bauherren gegen-
über. In der architektonischen Formbehandlung sucht
Goschenhofer auf Klarheit und Einfachheit hinzu-
arbeiten.

Bildhauer Haber, der die Skulpturenklasse leitet,
stammt aus der Münchener Schule, und so stehen
auch seiner Schüler Arbeiten in engstem Zusammen-
hang mit der Architektur. Denn die Münchener
sind es ja vor allem, die nach Hildebrandts
großem Vorbild in der Plastik unmittelbaren Halt
und Anschluß an der Baukunst suchen und damit
einen einzig dastehenden Höhepunkt plastischen
Feingefühls erreicht haben. Darum ist auch eine
zwischen handwerklicher und freier künstlerischer
Schulung stehende Ausbildung der Schüler sehr
erwünscht. Ein besonderer Vorteil für die Hubersche
Klasse war es, daß eine Anzahl von Neu-
bauten in Offenbach mit Skulpturenschmuck orna-
mentaler und figürlicher Art zu versehen waren,
und daß daher die Ausarbeitung in Stein (oder
Betonmasse) am Bau selber Gelegenheit zu prak-
tischer Förderung bot.

Lokale Bedürfnisse haben die Klassen für Schrift-
zeichnen und für Buchdruck entstehen lassen. Die
vortrefflichen und weitbekannten Schriftgießereien
(Gebr. Klingspor) und Druckereien (Wilh. Gerstung)
lieferten sowohl die Lehrer wie einen großen Teil des
Schülermaterials, und es wird nicht nur für sie,
sondern für gesamte Praxis hier gearbeitet. Die Klasse
für Schriftzeichnen leitet Rudolf Koch, einer der be-
kanntesten Schriftkünstler Deutschlands. Die Schüler

sind teils Lehrlinge von Schriftgießereien, Stempel-
schneidereien, Malern usw., teils Tagesschüler, von
denen sich viele speziell als Schriftzeichner aus-
bilden. Solche sind sehr geschätzt und finden
rasch günstige Stellungen im Buchgewerbe, in
Schriftgießereien und auch bei anderen großen
Firmen mit starkem graphischem Bedarf. Sie wer-
den von Koch gleichmäßig auf Sauberkeit der
Handschrift und Geschlossenheit des Satzbildes, wie
auf handwerkliche und ornamentale Tüchtigkeit er-
zogen. Die verschiedenen Schriften werden gleich-
mäßig geübt; doch übt natürlich die so kraft-
volle und stilistisch geschlossene »Kochschrift« eine
große Anziehungskraft auf die Formanschauung der
Schüler aus.

Auch der Leiter der Abendklasse für Typographie,
Faktor Engel, ist wie Rudolf Koch in der Klingspor-
schen Gießerei tätig. Die Schüler, die natürlich fast
alle aus der Praxis kommen, müssen mit Schrift-
zeichnen anfangen, um ihr Auge für das glückliche
Verhältnis von Schwarz auf Weiß im Satzspiegel zu
üben. Gedruckt wird mit Hand- und Tiegeldruck-
pressen. In der Hauptsache handelt es sich natürlich
um den gutgesetzten Geschäfts-Akzidenzdruck; aber
es besteht auch für die Vorgeschrittensten eine Be-
sonderheit, die der Klasse bereits zu einer kleinen
Berühmtheit verholten hat. Kleinere Gedicht- und
Prosastücke, in sorgfältiger Auswahl, werden als
Sonderdruck mit aller handwerklichen und künst-
lerischen Gediegenheit auf bestes Papier gedruckt
und ihrer Eigenart entsprechend eingebunden. Diesen
Luxus, der von großem erzieherischen und bild-
nerischen Einfluß auf die Schüler ist, kann die
Klasse sich leisten, weil eine Anzahl Exemplare
stets unter der Hand an Liebhaber abgegeben und
dadurch die Mittel zu dieser ganz praktischen und
zugleich idealistischen Qualitätsarbeit erworben wer-
den. Es sind dergestalt schon eine ganze Reihe
kleiner Meisterstücke der Buchdruckerkunst ent-
standen.

^3

Klasse Francke

Schüler: Schorkopf

— 10 —
 
Annotationen