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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Hoeber, Fritz: F. H. Ehmcke und seine Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0112

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zukommt. Theodor Fischer gab gelegentlich eine
ausgezeichnete Definition der modernen Architektur-
aufgabe: »Es ist richtig, daß wir besser bauen würden,
wenn wir uns besser kleideten. Ich fände es aber
umgekehrt auch richtig, wenn wir einen andern Be-
griff von Architektur hätten, einen Begriff von Archi-
tektur, der wesentlich bescheidener ist, als der, den
viele von meinen Kollegen heute noch pflegen. Ich
glaube, ein Rezept zur Verbesserung unserer Auf-
fassung von Architektur wäre dieses, wenn wir uns
darüber klar würden und es ganz in unser Empfinden
aufgehen ließen, daß Architektur niemals Selbstzweck
sein darf, daß Architektur vielmehr immer im Hinter-
grund bleiben und auf den Menschen wirken soll.
Wenn man die Wirkungen unserer meisten Archi-
tekturen vergleicht, so wird man zugeben, daß der
Mensch, auch wenn er geputzt und sehr schön ge-
kleidet geht, vor der reichen modernen Architektur
nichts ist. Ich denke dabei besonders an Archi-
tekturen, die den Reichtum früherer Stile äußerlich
imitieren. Man findet dort, daß die Frau in elegantem
Kostüm durchaus nicht wirkt, daß der Mann im Frack
erst recht nicht wirkt. Wenn sich dagegen vor alten

Architekturen — ich meine in der Hauptsache Innen-
räume — Menschen aufstellen und spazieren gehen,
dann wird man immer beobachten, daß die Archi-
tektur zurücktritt. Der Mensch wird die Hauptsache,
er wird interessant und wichtig. — Das hat seinen
ganz besonderen Grund. Der moderne Architekt hat
sich daran gewöhnt, seine Arbeit als die Hauptsache
anzusehen. Er will sich zeigen, und diese Bescheiden-
heit des Zurücktretens ist etwas, was ihm ungeheuer
schwer ankommt. Aber doch gibt es kein anderes
Rezept. Wir müssen einsehen, daß die Architektur
Hintergrund sein soll: Der Mensch ist die Haupt-
sache.«

Die Relativität zum Menschen und die zunehmende
Architektonisierung der Form erscheint wie für die
Gesamtentwicklung der modernen nutzkünstlerischen
Bewegung so auch für die persönliche Genesis unserer
kunstgewerblichen Führer typisch: Van de Velde,
Behrens, Riemerschmid, Obrist wie viele andere be-
legen diese historische Beobachtung. Es ist gerade
bei einem jüngeren Künstler wie F. H. Ehmcke inter-
essant zu verfolgen, wie aus ornamentalen Anfängen,
die noch mit den eigentlich bildenden Künsten, der

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