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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Schmidt, Arthur: Noch einmal: Deutsche Schmiedefaust! Wehre dich!
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0185

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des kurzen aber aufregend lebendigen Vorganges darstellen,
gleichwie^die wildromantischen Massen einer eruptiv ent-
standenen Gebirgswelt uns heute noch die gewaltigen und
gewaltsamen inneren Vorgänge unserer Erde lebendig er-
kennen lassen.

Bei dem autogenen Schweißverfahren liegen die beiden
zu verbindenden Teile ruhig nebeneinander und fließen die
Schweißränder, wenn die notwendige Hitze erreicht ist, in-
einander über. Der Vorgang, der stark an das Hartlöten
erinnert, ist also viel ruhigerer Natur und dementsprechend
ist auch die Oberfläche nach dem Erkalten glatt und ruhig.
Sie reizt mehr zum nachträglichen Überfeilen als zum Über-
hämmern. Soll letzteres aber erfolgen, um dem Eisen mehr
»Leben« zu geben, dann ist das Hämmern kein sich aus
der Technik notwendig ergebender Vorgang, sondern eine
willkürliche Behandlung der Oberfläche, die mit dem inneren
Vorgange des Schweißens nichts zu tun hat und demgemäß
auch nicht hierfür charakteristisch ist. Gleichwie die Acker-
furchen auf dem ehemaligen Meeresboden der norddeutschen
Tiefebene nicht mehr charakteristisch sind für die Ent-
stehung der letzteren.

Nun gibt es im Kunstgewerbe entschieden solche
Richtungen und Künstler, die ihre Kunstformen aus der
jeweiligen handwerklichen Technik entwickeln und wieder-
um solche, die ihrer abstrakteren Formenwelt die Technik
mehr oder weniger unterordnen. Die ersteren erziehen das
Kunsthandwerk im besten Sinne, während die anderen es
mehr oder weniger vergewaltigen. Ähnliche Beispiele wie
das hier in Frage stehende aus dem Bereiche des Schmiedens
ließen sich auch aus anderen Gebieten des Handwerkes
anführen. Erinnert sei hier nur an ein einziges. Soll z. B.
eine Holzfüllung auf Grund geschnitzt werden, so hat die
Arbeit, wenn sie künstlerisch und technisch einwandfrei
sein soll, aus einem Stück zu erfolgen. Der Grund ist also
mit den Werkzeugen tiefer zu schneiden. Billiger natürlich ist

es und der Grund wird »gleichmäßiger und glatter«, wenn
man das Ornament ausgesägt auf den Grund aufleimt und
dann schnitzt. Niemals aber wird eine so hergestellte Füllung
jenes Leben zeigen, welches eine Arbeit aus einem Stück auf-
weist. Ganz abgesehen davon, daß bei einer aufgeleimten
Arbeit die Holzmasern nicht gleichmäßig durch Ornament
und Grund gehen, was an und für sich schon abzulehnen ist.
Aus dem Vorstehenden dürfte also unstreitig hervor-
gehen, daß die Hammerarbeit für wirkliche Kunst» schmiede «-
arbeit durch die autogene Schweißung nicht zu ersetzen
ist. Denn nur aus Formwille »und« handwerksmäßiger
Ausführung ergibt sich die künstlerisch wirklich einwands-
freie Form, und ein wirklich geschmiedetes Gitter sollte
auch an den Schweißstellen einwandfrei, also geschmiedet
sein. Wer aber den Formwillen allein über alles stellt,
oder wem es nicht auf wirkliche »Schmiede«arbeit ankommt,
wer also nur Biege- und Feilarbeit haben will, der kann
getrost das dem Löten ähnliche autogene Schweißen an-
wenden. Nur von reiner Schmiedetechnik sollte man bei
Anwendung der autogenen Schweißung nicht reden. Es
soll aber auch hiermit nicht gesagt sein, daß sich nicht
beispielsweise ein Gitter in Biegetechnik mit autogener
Schweißung herstellen ließe, welches künstlerisch befriedigt.
Die Anwendung der beiden Schweißverfahren einzeln oder
auch nebeneinander und der sich hieraus ergebenden Formen
ist eben Geschmackssache und allerdings auch eine Geld-
frage. Sache des feinen Empfindens und des guten Ge-
schmacks wird es sein, daß auch die neue Technik »echt«
angewendet und nicht zu einer Surrogatgefahr wird, d. h.
daß sie ihr auf den Leib geschriebene Formen verwendet.
Künstler und Handwerker sollten sich über diesen Punkt
absolut klar und fähig sein, sofort zu erkennen, welche
Formen für die jeweils anzuwendende Technik die richtigen,
und umgekehrt auch welche technische Ausführung für die
gegebene Form die einzig richtige sei. Arthur Schmidt.

GEGEN DIE DEUTSCHE SCHNEIDEREI

BERICHT ÜBER EINEN LEITARTIKEL VOM 13. MÄRZ IN DER PARISER MODEZEITUNG »L'ART ET LA MODE«

UNTER dem Vorsitz des Herrn Paul Escudier, Ab-
geordneter von Paris und ehemaliger Vorsteher
des Stadtrates, und unter dem Patronat des Syndi-
kats der französischen Schneiderei veranstalteten die Be-
kleidungsindustrien am letzten Sonntag im Festsaal des
»Petit Journal« eine bedeutende Versammlung.

Auf der Tagesordnung stand die Frage »Die Beklei-
dungsindustrien und die Deutschen», eine Frage, die ganz
besonders zeitgemäß ist und deren große Bedeutung der
»Figaro« jüngst dargetan hat.

Herr Aine, der Präsident des Syndikats der französi-
schen Schneiderei, behandelte zuerst von einem allgemeinen
Gesichtspunkt aus »Die Frage der weiblichen Industrien
und die Deutschen«. Es ist ja besonders in diesen In-
dustrien, in welche die Deutschen auf so hinterlistige Art
eingedrungen sind, und wenn dieses Eindringen sich so
leicht hat vollziehen können, so ist dies nur die Folge der
mangelhaften Organisation der Syndikate. Es ist also nötig,
sich für die Zukunft besser zu organisieren.

»Protestieren wir, aber vor allem handeln wir«, so hat
Herr Aine ausgerufen, und hat vier hauptsächliche Fragen
aus der Anzahl der Unternehmungen, welche gegenwärtig
unsere Industrien interessieren, herausgegriffen.

Ganz zunächst handelt es sich um zu ergreifende Maß-
regeln, um die Wiederkehr der Deutschen nach Frankreich,
deren Habe unter Sequester gestellt wurde, zu verhindern,
und auch den Verkauf ihrer Ware zu verhindern. Ferner
ist es nötig, genügend wachsam zu sein, damit für die

Deutschen, welche jetzt nach neutralen Ländern geflüchtet
sind, nicht auf einem Umweg, etwa wie durch Dienst in
der Fremdenlegion, das Sequester wieder aufgehoben wird.
Die Bevölkerung würde meutern, wenn die Deutschen,
nachdem sie die Konzentrationslager verließen und Aufent-
haltserlaubnis erhielten, in gewisse Ateliers zurückkehren
würden. Man muß deshalb die Aufenthaltserlaubnis revi-
dieren. Schließlich ist noch die Frage der Naturalisation,
welche eine sehr große Bedeutung hat. »Ist es nötig, daran
zu erinnern, daß die Häuser, welche durch naturalisierte
Deutsche geleitet werden, alle mit deutschem Kapital ge-
gründet wurden, unter der Verwaltung einer gleichen und
mächtigen Gesellschaft in Deutschland stehen«? und daß
die Direktoren dieser Häuser sämtlich Angestellte dieser
Gesellschaft sind. »Ist es nötig, daran zu erinnern, daß
eine von ihnen den Mut hatte zu firmieren »Filiale von
Wien«, indem sie glauben ließ, sie hätte Wiener Personal
und eine Wiener Mode«. Dieser Titel wurde später durch
»Englisches Haus« ersetzt, aber die Kapitalien blieben zu
dreiviertel deutsche.

Herr Aine findet, daß es jetzt Zeit zu handeln ist.
»Seien wir also unsere eigene Polizei und schaffen eine
Verständigung, welche befähigt ist, eine endgültige Lösung
herbeizuführen.« Wir müssen endgültig die »Ulanen des
Handels« ausstoßen, sowie diejenigen des Heeres, fortan
ihre Ware verweigern und nicht mehr die Ergänzung ihres
Geschmacks mit dem unsrigen dulden.« Bleiben wir »Fran-
zosen unter Franzosen«. Um dieses Resultat zu erzielen,

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