Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0227

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Werkbundmitglieder bilden. Mehr noch als das: Den Ein-
druck dieser Kölner Werkbund-Tagung faßt der Philosoph
Karl Joel in seiner Schrift »Unsere Weltkultur« folgender-
maßen zusammen:

»Mochten da auf der Kölner Tagung des Werkbun-
des die individualisierende und die typisierende Richtung
streiten, im Grunde ist gerade der Sinn dieses Werkbundes
• ihr Ausgleich, die Ablehnung sowohl von Schema wie
von Willkür, von Stilkonvention wie von Stillosigkeit die
innerliche Entwicklung des Stils, dieses Allgemeinen aus
der Besonderheit des Schöpfers, des Materials und der
Aufgabe, in lebendiger Kraftentfaltung ihrer Funktionen,
insgesamt die Kunst als Organisierung statt als Mecha-
nisierung. Und diese Werkbund-Tagung bewies, daß der
neue Kulturgedanke bereits Wurzel geschlagen hat in
den verwandten oder sonst verbundenen Völkern. Denn
neben Deutschland waren Österreich und Ungarn, Hol-
land, Belgien, die Schweiz und die skandinavischen Länder
hier vertreten. Die Werdekraft und die Werbekraft eines
neuen Europa sprach aus dieser Werkbund-Tagung, der
Schöpferdrang, der im Bunde wirkend die Welt harmoni-
sieren will.«

Es gibt im Deutschen Reiche niemand, der daran zweifelte,
daß deutsches Wesen, wie es sich vorwiegend in der Werk-
bundarbeit ausgeprägt hatte, nicht untergehen kann, sondern
den endlichen Sieg erringen wird. Die deutschen Waffen
werden uns einen ehrenvollen Frieden erkämpfen. Mit
höchster Spannung sehen wir der Lösung der Frage, wie
sich die begonnene Volksarbeit weiter entwickeln werde,
entgegen. Was der Deutsche Werkbund angefangen hat,
wird nicht mehr allein Sache seiner Mitglieder bleiben,
sondern schneller und nachdrücklicher, als wir es je geahnt
haben, Allgemeingut des deutschen Volkes werden. Der
Trieb hierfür wird in dem zu ungeahnter Kraft erwachenden
deutschen Volksbewußtsein liegen. Jeder wird danach
streben, von der Nachahmung des Auslandes abzulassen,
deutsch zu sein und deutschen Ausdruck zu suchen. Man
wird ihn in der Gedankenwelt des Deutschen Werkbundes
finden, und so wird sich eine schnelle und intensive Aus-
breitung unserer Ideen ganz von selbst ergeben. Wir werden
keine Gelegenheit versäumen dürfen, in diese Entwicklung
einzugreifen, sie in die Bahnen wahrer Schönheitsbestrebun-
gen zu lenken und vor den Gefahren der Verflachung zu
bewahren. Wir haben die Hoffnung, daß unsere Künstler
imstande sein werden, die an sie herantretenden großen
und vielseitigen Aufgaben zu erfüllen. Zunächst wird die
Ausbreitung der Werkbundgedanken im Inlande erfolgen,
doch dürfen wir auch das Ausland und den Export dahin
keineswegs aus dem Auge verlieren. Was in Köln noch
Vermutungen und Hoffnungen gewesen sind, hat der Krieg
jetzt als Wahrheit enthüllt, nämlich, daß die Werkbund-
arbeit als bedeutender wirtschaftlicher Faktor von den frem-
den Nationen, insbesondere von England, anerkannt und
gewertet wird. Das geht aus dem vorerwähnten Artikel
des »Daily-Telegraph« und den darin angekündigten Maß-
nahmen der englischen Regierung mit aller Deutlichkeit
hervor. Der wichtigste und die höchste Anerkennung unserer
Bestrebungen enthaltende Satz jenes Artikels gipfelt in der
Feststellung, daß die meisten der ausgestellten Gegenstände
»schön wirkten durch ihre Einfachheit.« Wenn die Eng-
länder offiziell derartige Feststellungen machen und ein

englisches Konkurrenzunternehmen gegen unseren Werk-
bund ins Leben rufen, so ist dies das beste Zeichen dafür,
daß unser deutsches Kunstgewerbe auf dem besten Wege
war, sich den Weltmarkt zu erobern. Wir dürfen bei allen
Aufgaben, die uns der Friedensschluß im Inlande stellen
wird, nicht übersehen, daß die Eroberung des Weltmarktes
nicht nur möglich, sondern auch gewiß sein würde, wenn
wir nur auf dem eingeschlagenen Wege mit aller Kraft
weitergehen.

2. Ausstellung der Hilfsindustrien der Mode.
Es wurde und wird in der Modeindustrie darüber
Klage geführt, daß in Deutschland zu wenig gute Zutaten,
wie Stoffe, Putz, Besatz, Bänder usw. erzeugt würden, so
daß schon aus diesem Grunde wahrscheinlich die Industrie
geneigt sein würde, die Deckung ihres Bedarfs wieder in
Paris zu suchen. Hier erscheint eine künstlerische Ein-
wirkung des Deutschen Werkbundes sehr geboten und er
wird deshalb nach Rücksprache mit dem Preußischen
Handelsministerium und mit dessen Förderung eine Aus-
stellung des Besten veranstalten, was die Zutatenindustrie
bisher hervorgebracht hat, um den Künstlern zu zeigen,
wo sie am besten eingreifen könnten, selbstverständlich
erst dann, wenn sie sich mit den einschlägigen Techniken
genügend vertraut gemacht haben werden. Dieser Aus-
stellung könnte man eine Vorführung von bisher schon
vorhandenen Künstlerentwürfen und Modezeichnungen an-
gliedern, damit den Fabrikanten die Auswahl ihrer künst-
lerischen Hilfskräfte mehr erleichtert würde. Über den
Zeitpunkt dieser Ausstellung läßt sich noch nichts Be-
stimmtes sagen, weil die meisten Fabrikanten eine neue Pro-
duktion in absehbarer Zeit noch nicht aufnehmen können,
vielmehr durchweg mit Kriegslieferungen beschäftigt sind.

3. Das Deutsche Warenbuch.
Das Deutsche Warenbuch wird nun bald druckfertig
vorliegen und dem allgemeinen Bedürfnis nach geschmack-
vollen deutschen Erzeugnissen sehr entgegenkommen. Be-
kanntlich wurde für die Herausgabe dieses Warenbuches
vom Deutschen Werkbund und dem Dürerbund gemeinsam
mit vier Händlerverbänden die Dürerbund-Werkbund-Ge-
nossenschaft mit dem Sitz in Hellerau gegründet, der sich
160 Geschäfte in ganz Deutschland angeschlossen haben
mit der Aufgabe »des Einkaufs, der Herstellung und des
Verkaufs von Wertarbeit für das deutsche Haus«, d. h. um
in einem Katalog »Das Deutsche Warenbuch« die beste
Massenware zu vereinigen und diese Ware mit einer Wert-
marke »Dürerbund-Werkbund-Marke« auszuzeichnen. Die
Photographien dieser durch Künstlerkommissionen an allen
Orten ausgewählten Gegenstände liegen nun vor und
wurden von einer kleinen Kommission nochmals derart
überprüft, daß sie nun zum Druck vorbereitet werden
können.

4. Vorarbeiten zum Farbatlas von Wilhelm Ostwald.
Geheimrat Professor Dr. Wilhelm Ostwald hat seine
Vorarbeiten zum Farbatlas inzwischen so weit gefördert,
daß er seine Grundsätze in einem Aufsatz niederlegen
konnte, den wir in einem Sonderabdruck aus den »Tech-
nischen Mitteilungen für Malerei« unseren Mitgliedern
beifolgend überreichen. Wir empfehlen denjenigen Mit-
gliedern, die sich dazu berufen fühlen, sich Herrn Ge-
heimrat Ostwald zu der von ihm erbetenen Mitarbeit zur
Verfügung zu stellen.

(Schluß folgt.)

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hell wag, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h., in Leipzig
 
Annotationen