Original
Freie Benutzung
in letzterer hervortretenden Gedankens. Nicht die Technik
ist das Maßgebende, sondern der gedankliche Inhalt. Das
Haupterfordernis ist also, daß das nach der Benutzung
entstehende Werk sich selber als etwas Neues, Eigentüm-
liches darstellt. Man kann beispielsweise von seinem Vor-
gänger die Idee entlehnen, etwa einen Apfelblütenzweig
um eine Landschaft herumzulegen oder aus stilisiertem
Weinlaub Initialen zu bilden. Unzulässig wäre es aber,
von seinem Vorgänger den Buchstaben S oder einen Apfel-
blütenzweig, wenn auch mit kleinen Änderungen zu kopieren.
Ebenso wäre es unzulässig, ein Linienornament in der Weise
zu benutzen, daß man es getreu kopiert bis auf eine Aus-
buchtung, die man etwas anders legt oder daß man aus
einer rechteckigen Umrahmung eine ovale oder achteckige
macht, sie im übrigen aber genau nachbildet.
Wohl aber kann man getrost das ornamentale Prinzip
der sich verdickenden und wieder dünner werdenden Linien
oder ihre zopfartige Verflechtung von einem anderen ent-
lehnen, wenn nur die gesamte Aus- und Durchführung
selbständig ist. Das aber trifft gewöhnlich nicht zu, die
Nachbildner begnügen sich damit, daß sie das Original mit
wenigen Änderungen kopieren und auf einem Plakat zwar
die Haltung der Personen genau nachahmen, ihnen aber
andere Gegenstände in die Hand geben und die Kleidung
etwas verändern. In einem solchen Falle kann sich der
Nachbildner nicht darauf stützen, daß seine Nachbildung
mit der des Originals nicht identisch sei und daher eine
freie Benutzung gemäß § 16, Gesetz vom 9. Januar 1907
darstelle. Denn unter einer unzulässigen Vervielfältigung
ist jede im wesentlichen identische Wiedergabe des Originals
zu verstehen. Wenn das Original in seinem wesentlichen
Bestände, in der Gesamtheit seiner charakteristischen Ge-
staltung, vervielfältigt ist, so ist es gleichgültig, ob im
einzelnen kleine, das Gesamtbild nicht berührende Ände-
rungen vorgenommen werden. Eine Nachbildung wird
nicht dadurch zulässig, daß sie gewisse Abänderungen auf-
weist. Wie oft wird mir von den Nachbildnern entgegnet:
Aber wir haben doch das Plakat nicht genau nachgebildet,
sondern Änderungen daran vorgenommen. Die grundfalsche
Ansicht, daß man ungestraft nachbilden könne, wenn man
abändert, ist weit verbreitet; aber nicht darauf kommt es
an, was man ändert, sondern darauf, was man nachbildet.
Ist die Nachbildung erweislich, dann helfen auch alle
Abänderungen nichts, im Gegenteil, diese dienen gewöhn-
lich nur dazu, die Nachbildung zu verschleiern. In einem
mir zur Beurteilung vorgelegten Falle war es nun ganz
offensichtlich, daß die Firma, die die Nachbildung heraus-
brachte, ihrem Zeichner das Plakat der Konkurrenz in die
Hand gegeben hat mit der Weisung, etwas Ähnliches zu
schaffen. Daraus entstand dann, wie das regelmäßig der
Fall ist und nicht anders zu erwarten war, eine strafbare
Nachbildung. Aus dem Umstand, daß die nachbildende
Firma ihrem Maler das Original zur Nachbildung übergeben
hat, geht aber auch hervor, daß sie sich der Unrechtmäßig-
keit ihrer Handlung bewußt war, also eine vorsätzliche
Urheberrechtsverletzung beging, für die sie nach § 32 des
Gesetzes vom 9. Januar 1907 nicht nur zivilrechtlich haft-
bar gemacht, sondern auch strafrechtlich zur Verantwortung
gezogen werden kann; im letzteren Falle kann auch die
Zuerkennung einer Buße beantragt werden.
Aber abgesehen von der Urheberrechtsverletzung kann
der Urheber gegen den Nachbildner auch auf Grund des
Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vor-
gehen, dessen Generalklausel dahingeht, daß wer im ge-
schäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Hand-
lungen begeht, die gegen die guten Sitten vorstoßen, auf
Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen
werden kann. Das Verhalten des Nachbildners aber, der
sich die Arbeit eines anderen in dieser Weise zunutze
macht, verstößt gegen die guten Sitten.
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Freie Benutzung
in letzterer hervortretenden Gedankens. Nicht die Technik
ist das Maßgebende, sondern der gedankliche Inhalt. Das
Haupterfordernis ist also, daß das nach der Benutzung
entstehende Werk sich selber als etwas Neues, Eigentüm-
liches darstellt. Man kann beispielsweise von seinem Vor-
gänger die Idee entlehnen, etwa einen Apfelblütenzweig
um eine Landschaft herumzulegen oder aus stilisiertem
Weinlaub Initialen zu bilden. Unzulässig wäre es aber,
von seinem Vorgänger den Buchstaben S oder einen Apfel-
blütenzweig, wenn auch mit kleinen Änderungen zu kopieren.
Ebenso wäre es unzulässig, ein Linienornament in der Weise
zu benutzen, daß man es getreu kopiert bis auf eine Aus-
buchtung, die man etwas anders legt oder daß man aus
einer rechteckigen Umrahmung eine ovale oder achteckige
macht, sie im übrigen aber genau nachbildet.
Wohl aber kann man getrost das ornamentale Prinzip
der sich verdickenden und wieder dünner werdenden Linien
oder ihre zopfartige Verflechtung von einem anderen ent-
lehnen, wenn nur die gesamte Aus- und Durchführung
selbständig ist. Das aber trifft gewöhnlich nicht zu, die
Nachbildner begnügen sich damit, daß sie das Original mit
wenigen Änderungen kopieren und auf einem Plakat zwar
die Haltung der Personen genau nachahmen, ihnen aber
andere Gegenstände in die Hand geben und die Kleidung
etwas verändern. In einem solchen Falle kann sich der
Nachbildner nicht darauf stützen, daß seine Nachbildung
mit der des Originals nicht identisch sei und daher eine
freie Benutzung gemäß § 16, Gesetz vom 9. Januar 1907
darstelle. Denn unter einer unzulässigen Vervielfältigung
ist jede im wesentlichen identische Wiedergabe des Originals
zu verstehen. Wenn das Original in seinem wesentlichen
Bestände, in der Gesamtheit seiner charakteristischen Ge-
staltung, vervielfältigt ist, so ist es gleichgültig, ob im
einzelnen kleine, das Gesamtbild nicht berührende Ände-
rungen vorgenommen werden. Eine Nachbildung wird
nicht dadurch zulässig, daß sie gewisse Abänderungen auf-
weist. Wie oft wird mir von den Nachbildnern entgegnet:
Aber wir haben doch das Plakat nicht genau nachgebildet,
sondern Änderungen daran vorgenommen. Die grundfalsche
Ansicht, daß man ungestraft nachbilden könne, wenn man
abändert, ist weit verbreitet; aber nicht darauf kommt es
an, was man ändert, sondern darauf, was man nachbildet.
Ist die Nachbildung erweislich, dann helfen auch alle
Abänderungen nichts, im Gegenteil, diese dienen gewöhn-
lich nur dazu, die Nachbildung zu verschleiern. In einem
mir zur Beurteilung vorgelegten Falle war es nun ganz
offensichtlich, daß die Firma, die die Nachbildung heraus-
brachte, ihrem Zeichner das Plakat der Konkurrenz in die
Hand gegeben hat mit der Weisung, etwas Ähnliches zu
schaffen. Daraus entstand dann, wie das regelmäßig der
Fall ist und nicht anders zu erwarten war, eine strafbare
Nachbildung. Aus dem Umstand, daß die nachbildende
Firma ihrem Maler das Original zur Nachbildung übergeben
hat, geht aber auch hervor, daß sie sich der Unrechtmäßig-
keit ihrer Handlung bewußt war, also eine vorsätzliche
Urheberrechtsverletzung beging, für die sie nach § 32 des
Gesetzes vom 9. Januar 1907 nicht nur zivilrechtlich haft-
bar gemacht, sondern auch strafrechtlich zur Verantwortung
gezogen werden kann; im letzteren Falle kann auch die
Zuerkennung einer Buße beantragt werden.
Aber abgesehen von der Urheberrechtsverletzung kann
der Urheber gegen den Nachbildner auch auf Grund des
Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vor-
gehen, dessen Generalklausel dahingeht, daß wer im ge-
schäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Hand-
lungen begeht, die gegen die guten Sitten vorstoßen, auf
Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen
werden kann. Das Verhalten des Nachbildners aber, der
sich die Arbeit eines anderen in dieser Weise zunutze
macht, verstößt gegen die guten Sitten.
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