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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

DOI Artikel:
Leisching, Julius: Deutsch-mährischer Kunstgewerbebund
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0246

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Weibliche Hände hahen sich in Brunn auch der Metall-
arbeit für Schmuck bemächtigt. Nichts liegt näher. Das
Auge, das von Kindheit auf gewöhnt wird, auf die äußere
Erscheinung zu achten, weiß am besten zu wählen und
diese Erscheinung ins Festliche zu steigern. Konstanze
Eberle hat die Wiener Kunstgewerbeschule besucht und
gliedert das den Körperformen treulich angeschmiegte
Geschmeide als Halskette, Anhänger und Schließe oder
Ring durchaus nach tektonischen Grundsätzen. Hammer-
arbeit und Oxydation und das reichere Farbenspiel bunter
Edeloder Halbedelsteine dämpft den harten Glanz des
Metalls und setzt die bisher vom Diamant zur Neben-
sache herabgedrückte Fassung wieder in ihre Rechte ein.

Von den Malern, die
teils als Landschafter —
wie Hugo Baar (f), Gustav
Böhm, der in Frankreich
gefangen sitzt, Hugo Char-
lemont, Carl M. Thuma —
teils als Bildnismaler wie
Ludwig Wieden sich einen
Namen gemacht, seien hier
nur jene genannt, die sich
nebenbei auch der Seh warz-
weißkunstgewidmethaben.

Unter den Graphikern
steht der in München le-
bende Maler Ferdinand
Staeger obenan, dessen Fa-
milie aus der alten mähri-
schen Berg- und Weber-
stadt Iglau stammt. Reich
an dichterischen Einfällen,
ein Grübler und Weltver-
besserer, der in Farbe nicht
all das in ein Bild hinein-
geheimnissen könnte, wo-
von sein Herz erfüllt ist,
in aller Schweigsamkeit be-
redt, hat Staeger in seinen
feinen, beziehungsreichen
Federzeichnungen einen
stillen Garten voll eigen-
artiger Blumen gepflanzt.

Sein stärkster Gegen-
satz ist der Wiener Anton
Eichinger, der noch von
seiner Brünner Tätigkeit
her im Verbände steht. Eine
vollsäftige Natur, ins Bäuer-
liche übersetzter Schwind,

aber durchaus wurzelecht und selbständig. Es gehört zu
den Unverständlichkeiten des öffentlichen Kunstlebens
und Kunsthandels, daß Anton Eichinger, der freilich wie
jede wahre Künstlerseele die Öffentlichkeit gern meidet,
noch zu den Unbekannten zählt. Es gibt nichts Volks-
tümlicheres, im Sinn der Grimmschen Märchen, als seine
Gestalten, für die der Farbenholzschnitt die beste Ausdrucks-
form ist.

Unter den Radierern hat sich Carl Maria Thuma in
Eisgrub hervorgetan. Auch ein Einsam, der sich mit seinem
Pinsel in die grünen Wunder der südmährischen Ebene
mit ihren Wolkenschlachten versenkte und während der
langen Wintermonate die Radiernadel rührt. Ihm ist in
den letzten Jahren Emil Singer (Wien) zur Seite getreten.
Der Zügel-Schüler Victor Böhm aus Brunn (jetzt in München)
hat sich dem Holzschnitt zugewendet. Ebenso der begabte
Maler und Keramiker Eduard Schickt (Znaim).

Eine ganz junge, hoffnungsvolle Begabung tauchte in
Karl Schweiz (Wien), dem Gatten der ausgezeichneten
Keramikerin, auf. Er hat nicht nur in zarten Radierungen
und wirksamen Holzschnitten die mährische Heimat, Wie-
nerisches, die alte Donaustadt Passau, huzulische Schäfer
und Eichendorffische Taugenichtse zur Geltung gebracht,
sondern auch in Aquarellen und stilvollen Ansichtskarten die
Schönheit der Wachau, in eigenartigen Bücherzeichen und
Speisekarten eine starke graphische Veranlagung bekundet,
der es nur an geschäftskundigen Unternehmern gebricht,
um den Nachweis zu liefern, daß es auch in Österreich
an einer richtigen Reklamekunst nicht zu fehlen brauchte.

In derselben Lage befindet sich der Znaimer Maler

Viktor Schufinsky, der ge-

rade im Graphischen, für
Maueranschläge und Buch-
druck, seine stärksten Wir-
kungen erzielt. Seine Mappe
mit Ansichten der ent-
zückenden Malerwinkel
von Znaim in Linoleum-
schnitt, sein Farbenstein-
druck »Znaim von der
Eisenbahnbrücke«, im Auf-
trage des Brünner Erz-
herzog Rainer - Museums
für die mährischen Schulen
entworfen, farbenfrohe An-
sichtskarten und Plakate
gehören mit zum besten,
was Österreich jetzt auf
diesem Gebiete leistet.

Eduard Schickt (Znaim)
hat den hübschen Um-
schlag des Ausstellungs-
führers, dessen wirksames
Schlußstück, die amtliche
Ansichtskarte der Ausstel-
lung und auch sonst allerlei
Eigenartiges im Graphi-
schen geschaffen und sich
dabei als tüchtiger Aqua-
rellist entpuppt.

Die Myrbach-Schülerin
Marianne Frimberger
(Wien) hat sich mit Erfolg
den Bilderbüchern zuge-
wendet und findet für das
kindliche Gemüt in Zeich-
nung und Farbe den rech-
ten Ton.
Mähren hat ja eine ganze Reihe leistungsfähiger, weit-
hin beschäftigter Druckereien, die in Buch- und Kunstdruck
wetteifern (W. Burkart, R. M. Rohrer, Winiker & Schickardt,
welch letzterer für die Znaimer Ausstellung den Führer,
die Maueranschläge, Verschlußmarken, Ansichtskarten her-
gestellt hat).

Auch in der Buchbinderei regt sich ein neuer Geist,
der neben technischer Tüchtigkeit die sinngemäße künst-
lerische Ausstattung nicht außer acht läßt. Arbeiten des
Brünners L. Pollak findet man in der Wanderausstellung
des Österreichischen Werkbundes. /. Buresch in Mährisch-
Schönberg hat hübsche Entwürfe von Br. Enunel in Hand-
vergoldung ausgeführt. Hier hat sich der Segen des
»Bundes« erwiesen, der zum Beispiel in diesem Falle zwei
Leute, die sich nie in ihrem Leben sahen, zu gemeinsamer
Arbeit verband; denn der Entwurf kam vom südlichen
Znaim, die Ausführung vom nördlichen Schönberg.

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Das Ourkenweiberl. Von Maler Viktor Schufinsky
 
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