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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,1.1926-1927

DOI issue:
Heft 4 (Januarheft 1927)
DOI article:
Popp, Josef: Die moderne Baukunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8881#0251

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brachte alle BauLen auf eine Würfelform und ordneLe sie um eine firenge Adhse
symmekrifch an. Den Aufbau des HaupLLeiles fchuf er naoh wohlüberlegten
maLhemaLifchen Erwägungen und wiederholLe dessen Form in ähnlichen geo-
meLrifchen Bildungen bis in die klcinsien Einzelteile der ganzcn Anlage. Behrens
haL die heuLe von Le Corbusier so sehr empfohlene ProporLionaliLäL gerade
solchen Formen gegenüber zuersi als N°okwendigkeiL empfunden. Er behielL
für die nächfie ZeiL die möglichfi kubifche Hausform bei, haL sie aber die näch-
fien Iahre durch plaftifche Gliederung der Maße lebendiger gefialLeL. Während
MuLhesius igo^ wohl verkündeLe: „Wer Wände und ein SaLLeldach sind
mehr werL als ein ,malerifch' gruppierLes Haus" und selbft den malerifchen
Grundriß als MiLLel freier Gefialtung vorzog, blieb Behrens bei der Mer-
wandigkeiL für das ArbeiLerhaus wie für die Wlla und das vornehme SLadL-
haus. Ia, er zog hieraus auch die fiädtebauliche Konsequenz in der Bildung
regelmäßiger Blöcke, gerader Straßen und viercckiger PläHe. Was Wunder,
wenn er in seinen Fabriken und sonfiigen GroßbauLen zu dieser Form sich be-
kannte. Sie führte ihn allmählich zn cinem gcwissen Klassizismus, den er
aber bald als „IrrLum" überwand. Den cntgegengeseHLen Weg gingen Th.
Fifcher und seine Gcsinnungsgcnosscn, also wesentlich die SüddeuLfchen. Sie
Lratcn wohl für die einfache Form cin, bevorzugken abcr -— aus einem feinen
Gefühl für die heimatliche Nalur und nakionale ArL — die freiere und be-
wegkere Erfcheimmg im Einzelbau und SkädLcbau. Herber nnd selbftändigcr
pflegkc Poelzig die frcie Form, ckwa in seiner Lubauer chemifchcn Fabrik, an
der er zugleich den neuen Rhykhmus erfolgreich cnLwickelte. Muthcsius und
Behrens hakten oft davon gesprochcn, daß die neue Baukunft auch eincn nenen
NhyLhmus bringcn müsse. Behrcns gewann ihn aus scincn FabrikbanLen für
die A. E. G. Ihre großen, lichtcn NäumlichkeiLen drängen gleichsam nach außen
und erzeugen hier eincn fafi nnendlichen Zug in die WciLe, der nichL mehr die
Zcnkralisakion auf die MiLLe erlaubt, wie in der Nenaissancc, sondcrn unge-
hemmken Verlauf will. So spüri man in dcn wuchiigen Pfeilern nnd Säulen
dcr Klein-Motorenfabrik den heukigen ArbeiLsgang und -drang, das rafche
Tempo der Zeik. Poelzig erfaßke den RhyLhmus allscitiger, als Glcichge-
wichkszuftand vcrfchiedcnsier FakLoren: dcr osfcnen und gefchlossenen Tcile, dcr
leichken und fchwcrcn Masscn, des Flächigcn und Plaftifchen, Räumlichen und
Körperlichen, Dunklcn und Hellen, Ruhigen und Bewegken. Das hat mit
irgendwclchem Malerifchen gar nichks zu tun und ifi ebenso weit von eincm
irgendwie klassifchcn oder rcnaissancemäßigen Rhykhmus cnLfcrnL. Dadnrch
ermöglicht sich auch ein gewisser fchwebender Eindruck, der in allerjüngfien
BauLen erftrebL wird.

In radikaler Weise grisf in dcn Kampf um die neue Form 1912 der Karls-
ruher ArchiLekk Dficndorf ein. Er erklärte die gesamte GegenwarLskunfi als
Chaos, aus dem es nur cine RekLnng gebe: „Es ifi noiwendig, zur Schaffung
ciner moderncn Baukulkur dic künftlerifche Überliefernng des 18. IahrhundcrLs
aufzunehmen, nnd dcshalb ifi es auch am einfachfien, die Formen jencr Zeit
wicder aufzunchmcn." Oßcndorf haktc das richiige Gefühl, daß wir nur von
einer einfachcn nnd klarcn Form ausgehcn könncn, war abcr hifiorifch zu be-
fangen, um die verfchicdenen AnsäHe derark im Bauen seiner Zeik zu sehcn.
Mik scinen „sechs Büchern vom Bancn" hak cr letzken Endcs nnr dcm fchon

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