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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

DOI Heft:
Heft 17 (1. Juniheft 1915)
DOI Artikel:
Fried, Alfred Hermann: Zur Friedensbewegung
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Stein, Erwin: Die Kriegsfürsorge der Städte
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0199

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nehrnen die Dinge, wie sie sind, und nicht wie sie sein sollten. And so
sehen wir aus diesem Weltzusammenprall eine Festigung der internatio-
nalen Ordnung hervorgehen, eine weitere Wandlung der Staatenanarchie
zur zwischenstaatlichen Organisation. fmj Alfred H. Fried

DLe Kriegsfürsorge der Städte

^^^urch die Tageszeitungen gehn allerlei zerstreute Notizen über die
I Leistungen der deutschen Städte für den Krieg. Bald hat eine Stadt
5 Millionen Mark für Lebensmittel bewilligt, eine andere 50 000
Mark, eine dritte 3 Millionen Mark für Arbeitslose. Der Oberbürger-
meister einer Mittelstadt erscheint beim Morgengrauen auf dem Wochen-
markt, um die Höhe der Kartoffelpreise zu prüfen. Die Organisationen der
Städte, voran der Deutsche Städtetag, beschaffen bei ihren Mitglieds-
gemeinden Millionenbeträge zur Linderung der Not der ostpreußischen
und elsaß-lothringischen Städte. Viele Gemeinden eröffnen Volksküchen,
kurz, es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Hilfsmaßregel
berichtet wird. Der Leser sieht den großen Strauß bunter Blüten, ohne
aber bei allem eine bestimmte Ordnung zu finden.

Nnd doch lassen sich große Richtlinien, die für die Tätigkeit der Städte
maßgebend sind, sehr wohl finden. Ietzt, nachdem Monate seit dem Kriegs-
beginn vergangen sind, hat jede größere und haben selbst kleine Städte
ihre Kriegsarbeit planmäßig ausgebaut. Eine Stadt lernt eben von
der anderen. Der Austausch der Erfahrungen wird begünstigt durch die
Geschäftsstellen des Deutschen Städtetages, des Vereins für Kommunal-
wirtschaft und Kommunalpolitik und der Provinzialstädtetage. So kommt
schließlich eine bei aller Mannigfaltigkeit einfache Ordnung in die Unter-
nehmungen.

Die Hauptkriegsaufgaben der Städte sind: Unterstützungen von Fami-
lien, deren Ernährer ins Feld rückten. Nnterstützungen städtischer An-
gestellter und Arbeiter. Fürsorgemaßnahmen für Arbeitslose und son-
stige Erwerbslose. Kreditfürsorge. Versorgung der Bevölkerung mit Lebens-
mitteln und Brennholz. Die meisten der in den Zeitungen bekanntgegebenen
städtischen Hilfeleistungen lassen sich bei einem dieser Fürsorgezweige unter-
bringen.

Die „Kriegerfamilien"' werden auf Grund des Familienunterstützungs-
gesetzes von s888 und sM unterstützt, und zwar nach verschiedenen Syftemen:
entweder zahlen die Städte Zuschläge zu den vom Reich gewährten Be-
trägen, oder es werden besondere Nnterstützungssätze bestimmt. Zu dem,
was Reich und Stadt zahlen, kommt oft als drittes hinzu, was private
Hilfsorganisationen aufbringen. Nämlich da, wo die erforderliche Summe
für den Stadtsäckel allzu bedeutend erscheint, wendet man sich im Verein
mit den größeren Organisationen des Handels, des Handwerks, den Wohl-
fahrtsvereinen usw. an die Opferwilligkeit der Einzelnen. Durch die Sum-
men, die so zusammengebracht wurden, konnte man nicht nur die Hilfe sür
die „Kriegerfamilien" erhöhen, sondern vielfach auch andern Personen
helfen, die irgendwie durch den Krieg in Not geraten waren.

Bei der Verteilung der Unterstützung war zweierlei in Betracht zu
ziehen: die Bedürftigkeit und die Zweckmäßigkeit. Wie man die Grenze
der Bedürftigkeit ziehen solle, darüber herrscht natürlich verschiedene Mei-
nung. In Berlin hat man sich nicht an den strengen Begriff gebunden,

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