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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 15 (1. Maiheft 1915)
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Avenarius, Ferdinand: Defregger
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0131

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Seine besten Schöpfungen werden lange, lange bleiben, wenn nach dem
Salontirolerturn in der Kunst kein Hahn mehr kraht. Er selber aber, der
gesunde, vornehme, edle Mensch, mög er auch noch lange unter uns
bleiben in dieser Zeit, die mit der Verbrüderung unserer Stämme auch
den Segen seiner Kunst sür uns alle noch erhöht! A

Vom Heute fürs Morgen

AmerLka

Ein Vorschlag

ampsen wir eigentlich noch gegen
Lnglarrd, Frankreich und Ruß--
land oder kämpfen wir nur noch
gegen Amerika? Am Durchhalten
der Munition liegt alles, haben die
feindlichen Fachleute gesagt, und ihre
Munition wäre längst zu Ende,
längst, wenn Amerika und Iapan
nicht nachhülsen. Iapan ist ja
„Kriegsteilnehmer", es trat erstens
wegen Chinas usw. und zweitens
wegen des Lieferungsprofites mit ein
ins Geschäft. Aber Amerika istneutral.
Freilich, es ist der Form nach dennoch
ganz in dem, was man so „Recht"
nennt. Wer bezweiselt, daß es von
Herzen gern unparteiisch allen
Gegnern im Duell die Revolver in
die Hand drücken würde, Prima-Re-
volver, wenn sie nur gut bezahlen?
Kann es dafür, daß wir Deutschen
jetzt keine beziehen können? Ame-
rika hat schon in den ersten sieben
Monaten außer 800 Millionen für
Getreide rund 500 000 000 Mark
für Munition, Wafsen und sonstigen
Kriegsbedarf mit extrahohem Profit
eingesteckt. Blutenden Herzens, denn
man ist ja drüben so vielfach sehr
moralisch und sehr fromm. Wenn
man bedenkt, wie man sich dort über
die Deutschen entrüstet, weil sie so
kampflustig seien, wenn man bedenkt,
was in den Gedichten und Leitarti-
keln der Zeitungen um einen baldi-
gen Frieden gebarmt und was von
Reverends dasür gebetet wird, so
weiß man ja; auf jede Dollarnote,
die man für Waffen einkassiert, läßt

Onkel Sam eine heiße Zähre fallen,
und beim Einkassieren jedes Tau-
sendpfünders schreit er innerlich vor
Seelenweh. Armes Amerika, was
mußt du jetzt leiden!

Den Hohn, und sei er noch so
blutig, beiseite. Im Grunde ist's
wieder der Kapitalismus und gar
nichts weiter, was diese Schande über
die Vereinigten Staaten bringt, der
heimliche Kaiser Nur-Geschäst, der
Taten, Gedanken, Gefühle um-
schminkt und belügt, um Menschen
als Heizstoff in die Ofen zu schütten,
daß Gold ausschmelze. Wie viele
sind es denn, die an den Waffen-
lieserungen nennenswert „verdie-
nen", durch die jenseit des Wassers
die Menschen hinsinken? Nicht einer
von hundert Amerikanern, alle Ar-
beiter mitgerechnet, vielleicht nicht
einer von tausend ist's. Mit wie-
viel europäischem Leben wird die Be-
reicherung eines jeden von diesen
Wenigen bezahlt? Grauenhafte Fra-
gen für Menschen von Verantwort-
lichkeitsgefühl! Der Kapitalismus
drüben würde ja auch weggesegt von
der Entrüstung des Volkes, wenn
er nicht alle Mittel im Großen ver-
wendete, um glauben zu machen, man
unterstütze ja Kämpfer für Freiheit
und Recht. Daß all dieses Liesern
doch nur hinzieht, jede Woche
über Massengräber weg hinzieht,
aber nicht entscheidet, das paßt ja
den Herren Lieferanten erst recht ins
Geschäft: um so länger bleiben die
Kunden.

Wer in Amerika deutsch fühlt,
was zugleich sehr gut amerikanisch
sein kann, und wer nicht deutsch, son-

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